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Oberst von Huhn bittet zu Tisch (German Edition)

Oberst von Huhn bittet zu Tisch (German Edition)

Titel: Oberst von Huhn bittet zu Tisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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Schulzeugnissen erinnert, nicht wahr? »Axel war wiederholt aggressiv gegen seine Kameraden und gliederte sich nicht in die Klassengemeinschaft ein.« So etwa.
    Vermutlich ist der Mozzarella deshalb nicht mehr auf der Karte. Ist sitzen geblieben.
    Herr F. aus München trieb im Süden Andalusiens »Salat mit frischä« auf, das wäre ja schon mal was, auch gab es »Tapfere Kartoffeln«, die sich im Angesicht eines Vegetariermundes mutig dem Tode stellten, schließlich – und dies ist schon der Höhepunkt unseres vegetarischen Angebotes – »Schriftrollen des Gemüses machten aus Atem-Geback«, eine rätselhafte Speise, bei der mich besonders der letzte Bindestrich irritiert. Wenn der nicht dastünde, wäre es ja so, dass die Schriftrollen des Gemüses aus Atem Geback oder vielleicht sogar Gebäck machen würden, immer noch ein sehr spezieller und bisher unbekannter Vorgang, aber immerhin. Doch so …? Woraus ist das Atem-Geback gemacht? Ich weiß es nicht.
    Frau R. aus Köln schließlich weilte auf einem buddhistischen Seminar in Südfrankreich. Dort, so schreibt sie, habe es im Speisesaal Tische für Vegetarier und für Fleischesser gegeben,
einen
Tisch aber auch mit der Kennzeichnung
Flisch
. »Bis zum letzten Tag«, schreibt sie, »wurde nicht geklärt, wer dieser Aufschrift nach dort sitzen sollte. Waren das Fleisch- oder Fischesser? Oder sollte hier eine neue Kategorie entstanden sein, die sich jedoch noch nicht wirklich entscheiden konnte und damit nicht wusste, ob sie Fisch oder Fleisch sein wollte? Für unentschlossene Esser finde ich die Bezeichnung
Flisch
sehr hübsch. Bis zum Ende des Seminares hatten sich dann doch Vegetarier den Tisch erobert.«
    Übrigens teilt mir Frau R. auch eine sehr nette Verhör-Geschichte aus den sechziger Jahren mit, als Thailands damaliger Prinz Bhumibolund seine Prinzessin Sirikit sehr häufig in der Klatschpresse Erwähnung fanden, eine Freundin R.s aber immer dachte, es handele sich um den Prinz Blumenkohl und die Prinzessin Igittigitt.
    Irgendwie dachte ich, das würde noch ganz gut in dieses Kapitel passen.

 
Ich spüre die Pizza kalt in mir – oder:
Wir essen italienisch
    W ie kaum zwei andere Sprachen sind das Deutsche und das Italienische einander in liebevoller Beziehung verbunden: Italienische Wirte zum Beispiel mögen noch so akzentfrei Deutsch sprechen, sobald sie in ihrem Lokal stehen, verfallen sie in eine Art Mischsprache, ein Deutschalienisch, sie grüßen italienisch, sie streuen in ihre deutschen Sätze immer wieder ein
buono
ein, und sie verwenden deutschalienische Verben wie zum Beispiel mackene. Mackene heißt »machen«, und es wird so konjugiert: i macke, du macke, er mackete, wir mackene, ihr mackete, sie mackene.
    Seit längerer Zeit schon vermute ich, dass Kellner, die zu gut Deutsch sprechen, aber in solchen Restaurants arbeiten wollen, spezielle Sprachrückbildungskurse besuchen müssen, einen Deutschalienisch-Unterricht, des Lokalkolorits halber.
    Der Deutsche seinerseits versucht, etwas von dem zurückzugeben,indem er probiert, Italienisch zu sprechen, was ihm nur selten gelingt. Andererseits stört ihn dieses Nichtgelingen nicht im Geringsten, er merkt ja nichts davon oder nur ausnahmsweise. In der Regel lebt er im wohligen Gefühl großer Weltläufigkeit weiter, wie zum Beispiel jener deutsche Gast einer kleinen Bar im Cilento (das ist eine landschaftlich sehr hübsche Region in Kampanien im Süden Italiens), von dem mir Frau R. aus Aßling berichtete. Der Herr sei von der Terrasse ins Lokal gekommen und habe laut »Skonto!« gerufen – statt
il conto
, wie der Italiener sagen würde. Ob er dann, wie verlangt, einen Preisnachlass bekommen habe, sei ihr, schreibt Frau R., aber nicht bekannt.
    Das Interessante an Speisekarten in Italien ist nun, dass sie oft Dinge übersetzen, die gar nicht übersetzt werden müssten, weil aufgrund der erwähnten tiefen Zuneigung zwischen Deutschen und Italienern jeder Deutsche die italienischen Speisen kennt, um die es geht.
    Spaghetti zum Beispiel.
    Es dürfte keinen Deutschen geben, der Spaghetti nicht kennt, viele von uns wachsen mit Spaghetti auf, zwar leider nicht mit den unzählbaren Zubereitungsvarianten, in denen sie in Italien serviert werden – aber eben doch. Trotzdem tauchen Spaghetti in den deutschen Abteilungen italienischer Menülisten immer wieder als »Isolationsschläuche« auf: Leserin A. aus Bielefeld fand in Rimini »Isolationsschläuche zum carbonara«, Herr D. aus Traunwalchen reiste

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