Oberst von Huhn bittet zu Tisch (German Edition)
Augen, das Schwert bereit zum Richten. Aber letztlich sei es doch einfach so gewesen, sagt G., dass dieser Schwertfisch auf Italienisch
all’erbe fine
zubereitet wurde, mit feinen Kräutern. Das hat man dann ins Englische übersetzt, wobei dem
fine
plötzlich ein
s
hinzugefügt wurde,
with fines herbes
hieß es. Auch schon ein bisschen falsch. Und
weil fine
im Englischen nun eben auch »Geldstrafe« bedeutet…
Geschmeckt habe es ihm trotzdem, schreibt G., »als Rechtsanwalt wollte ich schon immer essbare Geldstrafen kennenlernen«.
Gebacken Hackefleisch – oder:
Vom Essen und Gegessenwerden
L eserin T. aus Hannover aß vor vielen Jahren einmal in einem Restaurant in Monschau bei Aachen und entdeckte dort auf der Karte neben Kassler, Eisbein und Wildschweinragout auch »Gordon bleu«, was sie ein wenig an Loriots berühmten »Jäger im Reisrand« erinnerte. Dieser Gordon wurde allerdings mit Kroketten und Salat serviert.
Ist es unter diesen Umständen ein Wunder, dass die meisten Gordons heute in England und Amerika leben? Der Name Gordon kommt in Deutschland kaum vor, wahrscheinlich sind hier bei uns alle Gordons längst aufgefressen worden.
Ich dachte bei der Erwähnung dieses Gordons allerdings auch an einen Brief, den ich von Frau B. aus Berlin bekam, die, als ihre zwölfjährige Nichte Nina sie besuchte, nach Jahrzehnten einmal wieder die alten Platten ihrer Jugendzeit auflegte, darunter
What A Difference A Day Makes
, gesungen von Esther Phillips. In diesem Lied gibt es dieZeile
It’s Heaven, when you find romance on your menu
, aber Nichte Nina sang:
It’s heavy when you find Roman on your menu
.
Was insofern witzig war, als Frau B.s Lebensgefährte Roman mit Vornamen heißt. »Die Vorstellung, ihn etwa wie ein Spanferkel mit Äpfelchen im Mund serviert zu bekommen, hat mich lange geschüttelt vor Lachen«, schreibt sie. Roman dürfte die Idee und vor allem deren Umsetzung nicht ganz so witzig finden, zumal sich auf der Karte des Restaurants
Comidas Latitud Caseras
in Porto Christo auf Mallorca auch noch ein Gericht namens »Roman und der Tintenfisch Salat« findet. (Apropos Roman: Klingt fast wie ein Roman-Titel, nicht wahr?, so à la
Emil und die Detektive
oder
Maigret und der Mann auf der Bank
.) Ganz zu schweigen von Gordon, der mit Schinken und Käse gefüllt gut paniert zwischen Kroketten liegt.
Wenn wir übrigens schon mal auf einem kleinen Ausflug in Wumbabas Welt sind: Vergessen wir nicht Familie G., in deren Haus oft und gern Peter Fox’ schönes Lied
Haus am See
gehört wurde, darin die Zeile »Wir grillen, die Mamas kochen und wir saufen Schnaps«. Nur Mutter G. mochte das Lied nicht sehr, das lag aber daran, dass sie verstand: »Wir grillen die Mamas, kochen und wir saufen Schnaps.«
Was so ein Komma doch ausmacht, wenn es um den Speiseplan geht.
Aber was rede ich? Leser K. fotografierte in der Münchener Giselastraße vor einem Lokal ein Schild, auf dem es hieß: »Heute: Gebacken Hackefleisch mit Kartoffelen In tomaten Soß u. Basmati Reis«.
So schnell kann es gehen. Ich meide die Giselastraße.
Doch damit kann es nicht getan sein. Es ist bestürzend, wie oft wir den Menschen und seine Einzelteile als Gerichte auf internationalen Menükarten finden, ja, auch als Angebot in Metzgereien und Supermärkten.
Frau K. aus Augsburg zum Beispiel meldet, ihr sei ins Büro der Handzettel eines Lieferservice geschickt worden, auf dem »Kinder mit Tomatensoße und zwei Zutaten ihrer Wahl« offeriert wurden, wobei auch gleich der Durchmesser der angebotenen Kinder verzeichnet war, 20 Zentimeter nämlich, man fühlt sich ja fast an »Hänsel und Gretel« erinnert, aber wer ist hier die Hexe? Herr D. aus Berlin fand anlässlich einer längeren Radtour im Angebot einer Metzgerei in Torgau auf einer Schiefertafel vor dem Geschäft »Kinderfleischwurst«, eine Speise, deren Existenz man mit einer gewissen Bedrückung zur Kenntnis nimmt, wobei noch viel gruseliger ist, was mir Frau O. aus Salzburg von einer Nachspeise in Las Palmas auf Gran Canaria berichtete. »Kinder gefüllt Puppe« hieß die.
Las ich nicht selbst mal in Berlin bei einem türkischen Imbiss etwas von einem »Kinderdöner«? Und gar einem »Seniorendöner«? Pardon, ist der aus Gammelfleisch? Werden nicht im brandenburgischen Wendisch Rietz »Opa Willis Rippchen nach alter, traditioneller Art« angeboten? Und dann sandte mir Frau F. aus Kulmbach das Inserat einer dortigen Metzgerei, die in ihrem Bistro »Omas Saures Fleisch
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