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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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klar. Ich bin in dreißig Minuten da.«
    Er legte auf. Wenn es ihm gelang, Weißenborn zu erledigen, war er immer noch sicher. Und die Operation war nicht weiter in Gefahr.
     
    Jennerwein verabschiedete sich am Telefon von dem überglücklichen Dr. Rosenberger. Jennerwein überlegte. Sollte er Weißenborn nochmals befragen? Diesmal vielleicht etwas dringlicher? Das war immerhin ein BKA -Beamter, und genau so etwas war ihm zumuten. Jennerwein beugte sich über das Gesicht des ausgemergelten Mannes. Das Wasser der Klamm tobte laut, er musste schreien.
    »Weißenborn, ich muss von Ihnen den Namen des Verräters im BKA -Team wissen.«
    Keine Reaktion.
    »Reagieren Sie nur, wenn die Antwort ja ist. Ist es Martin Weise?«
    Keine Reaktion.
    »Ist es Baumgartner?«
    Keine Reaktion.
    Jennerwein zögerte.
    »Ist es – Dr. Rosenberger?«
     
    Arri war jetzt so weit heruntergestiegen, dass er sich zwei Meter über den Köpfen der Journalisten befand. Kein Mensch beachtete ihn. Immer mehr Presseleute, immer mehr Schaulustige kamen von unten herauf- und von oben herabgestürmt, um Informationen über das Geschehene zu ergattern. Er musste sich beeilen, sonst gab es auch für ihn kein Durchkommen mehr. Die Wand wieder hochzuklettern wäre zwar theoretisch möglich gewesen, doch dann hätte er eine ideale Zielscheibe für die Polizisten abgegeben. Jetzt sprang er auf den Weg. Er wischte sich die Hände ab und arbeitete sich roh durch die wartenden Menschen. Noch ein paar Meter, dann war er am Ziel.
    »Hey, nicht drängeln, junger Freund! Hast du die Lautsprecherdurchsage nicht gehört? Jeder von uns hat eine Frage. Du kommst auch noch dran.«
    Er stieß den Mann beiseite. Er hatte keine Frage. Er hatte nur die Antwort. Und die kam aus dem Lauf einer Mauser.
     
    Jennerwein atmete auf. Gottseidank, es war nicht Dr. Rosenberger. Oder verstand Weißenborn seine Fragen einfach nur nicht? War er noch so schwach und orientierungslos?
    »Quälen Sie ihn nicht, Hubertus«, sagte Maria sanft, so sanft es eben in der gischtsprühenden Klamm möglich war.
    »Ich muss unbedingt den Namen des Verräters erfahren.«
    Jennerwein versuchte es anders. Ihm war eingefallen, dass die BKA -Beamten Decknamen hatten. Das hatte in dem knallroten Schnellhefter gestanden, den Dr. Rosenberger ihm zu lesen gegeben hatte.
    »Heißt der Verräter Springer? Bauer? König?«
    Keine Reaktion.
    »Springer b 1 ? Turm c 3 ?«
    Bildete er es sich ein, oder erschien ein leichtes Lächeln auf Weißenborns Gesicht? Hatte er nicht genickt?
    »Springer auf b 1 bedroht Turm auf c 3 ?«
    Weißenborn lächelte, das konnte man jetzt deutlich erkennen.
    »Was bedeutet das? Im Klartext?«
    »Jetzt ist aber Schluss, Hubertus«, sagte Maria mit Nachdruck. »Sie bringen mir den Mann noch um.«
     
    »So, ich muss jetzt echt los«, sagte Martina Seiff und klopfte auf den Wirtshaustisch.
    »Ja, ich doch auch«, sagte Toni Harrigl und trank den letzten Schluck Bier aus. Die Tür wurde aufgerissen, und ein später Gast kam ins Kerschgeiststüberl gestürmt.
    »Habt ihr das schon gehört!? Droben auf der Höllentalklamm!«
    »Was?«
    »Jetzt hat er ihn.«
    »Wen?«
    »Den Wilderer! Der Jennerwein hat den Wilderer endlich gefasst!«
    »Das gibts doch nicht!«
    »Doch! Droben in der Höllentalklamm, da sollen in einer unterirdischen Höhle Dutzende von Wilderern leben. Und der Jennerwein hat die Höhle entdeckt!«
    »Das schauen wir uns an!«, rief Toni Harrigl. »Da fahren wir hin! Der Forstweg geht fast bis zur Eingangshütte, den packen wir locker mit unseren Autos.«
    Alle sprangen auf, zahlten hastig und nahmen ihre Jacken. Martina Seiff stand noch am Tisch. Sie zögerte.
    »Geh weiter, Martina!«, trieb Harrigl an. »Oder willst du kneifen?«
    »Magst du bei uns mitfahren?«, rief die Hartmannsdorfer Traudl.
    »Nein, nein, danke«, sagte Martina Seiff. »Ich nehme mein eigenes Auto.«
    Dann machten sie sich auf den Weg in die Klamm: Der Metzger Kallinger samt Frau, der Schreiner Beppi und die Hartmannsdorfer Traudi, ein Gymnasiallehrer für Latein und Geschichte, der Kottesrieder Loisl und seine Gattin Rosalinde, der Presstaler Martin und die Seiff Martina, zuletzt ein flachsblonder Kurgast aus Kiel, den sie Störtebeker nannten. Toni Harrigl, mutig geworden durch fünf Gläser alkoholfreies Bier, führte sie an.
     
    Arri stand jetzt ganz vorn in der Reihe. Die anderen Fotografen um ihn herum schimpften lautstark, aber er tat so, als verstünde er sie nicht. Er sprach ein

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