Objekt Lambda
verhungerte, und hoffen, der Org würde sich vom Nest entfernen. Aber das tat er gewiß nicht, ehe nicht sein Gefährte ihn abgelöst hatte. Und möglicherweise würden beide Orgs auf dem Nest Wache halten. Dann war es nicht allein mehr die Frage, wie er ein Ei stehlen konnte, sondern wie es ihm überhaupt gelingen sollte, am Leben zu bleiben. Früher oder später würden sie ihn entdecken. Und das wäre sein Tod.
Doch während er vor sich hindöste, wurde sein Problem für ihn gelöst. Er merkte es zuerst gar nicht. Er schreckte hoch, als er die wütenden Schreie nicht eines, sondern jetzt zweier Orgs vernahm. Und noch etwas hörte er, das keinem bekannten Geräusch glich. Ein stumpfes, merkwürdiges Schlagen. Vorsichtig schob er seinen Kopf aus der Spalte, gerade als ein goldener Blitz aufzuckte. Schmerzerfüllt schloß er die geblendeten Augen. Er wußte, daß einer der kleinen Beobachter in der Nähe sein mußte. Und als seine Augen sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, sah er eine Maschine in der Luft hängen, von der diese seltsamen schlagenden Geräusche ausgingen. Eine merkwürdige, häßliche Maschine war es, fast von der Form eines Orgs oder sogar eines Menschen. Sie hatte Flügel, doch sie bewegten sich nicht, sondern waren starr ausgestreckt. Die beiden Orgs griffen sie in wilder Wut kreischend an. Einzelne Stücke fielen von dieser Maschine und regneten herab auf den Felskamm. Eines schien die Form eines Mannes zu haben, von ihm war der goldene Blitz gekommen. Aber wenn es ein Mensch war, hatte er seine Schwingen vergessen und wußte nicht, wie man mit den Armen segelte, um sanft zu landen. Er überschlug sich jedenfalls mehrmals und verschwand aus Orgreiters Sicht. Die Maschine selbst bewegte sich verrückt schlagend weiter durch die Luft.
Eine bessere Chance konnte es gar nicht geben!
Orgreiter schob sich aus der Spalte und sprang zu dem rosigen Kegel. Jetzt hätte er seine Flügel gebraucht! Aber er hatte sie nicht. Er hörte das ferne Schlagen der Maschine und das Kreischen der Orgs. Und schon hatte er mit einem weiteren Sprung den Rand des Orgnests erreicht. Es enthielt nur ein Ei. Selbst in seiner verzweifelten Eile gönnte er sich die Zeit, es zu bewundern. Es war wie ein glatter Ball, bronzefarbig und blau gefleckt, und zu groß, seine Arme herumzulegen. Es fühlte sich warm und elastisch an, als er es berührte. Keuchend in seiner Hast wand und knotete Orgreiter sein Seil um das Ei herum. Glücklicherweise war es nicht schwer, jedenfalls nicht viel schwerer als er selbst. Er hob es sich auf die Schulter und sprang davon.
Das Schlagen der Maschine war nicht mehr zu hören, und auch das Kreischen der Orgs schien sich beruhigt zu haben. Das konnte nur bedeuten, daß sie die Maschine vernichtet hatten und bereits auf dem Rückflug waren. Sie durften ihn nicht sehen, nicht finden, sein Leben hing davon ab. Er erreichte den Rand des Plateaus, und ohne zurückzublicken sprang er darüber. Es bedurfte seiner ganzen Geschicklichkeit, zu dem geeignetsten Versteck zu segeln, das er aus der Höhe entdecken konnte. Er schlug schmerzhaft auf, als er landete, aber dem Ei war nichts passiert. Im Augenblick war er jedenfalls in Sicherheit. Und das Ei war sein!
Er war in einem Tal aus riesigen Felsbrocken gelandet, die sich tief in graue, moosige Substanz gegraben hatten. Ein Wasserfall rauschte einen nahen Felshang herab. Orgreiter blickte sich schnell um. Es war genau, wie er erhofft hatte. Hinter dem Wasserfall befand sich ein trockenes Plätzchen, ja sogar eine nicht sehr große Höhle. Das ideale Versteck! Das rauschen des Wassers würde jedes andere Geräusch übertönen, der Gischt Gerüche verschlucken, und der Vorhang des Wasserfalls sie vor den Augen der suchenden Orgs verbergen.
Er riß ganze Armvoll Moos aus und errichtete daraus ein weiches Nest für das Ei. Erst als er es hineingehoben hatte, nahm er sich die Zeit, es genauer zu bewundern. Es sah ganz so aus, als würde das Orgküken bald ausschlüpfen. Das verrieten die dumpfen Geräusche aus dem Innern, die zweifellos durch Bewegungen ausgelöst wurden. Orgreiters Herz floß fast vor Stolz und Freude, als er es hingerissen betrachtete.
Aber jetzt mußte er sich überlegen, wie es weitergehen sollte. Er befand sich hier vermutlich in der Nähe der Stelle, wo die menschenähnliche Gestalt aus der Maschine heruntergestürzt war. Aber selbst wenn sie noch lebte, war sie wohl kaum eine Gefahr für ihn. Leider waren seine Flügel und anderen
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