Objekt Lambda
verschiedene Richtungen davon. Sie brüteten die Eier aus, und aus jedem schlüpfte ein Menschenpaar und zwei von jeder Gattung, die dem Menschen nützlich ist.
Aber die Beobachter fanden heraus, wohin die Orgs die Eier gebracht hatten. Sie töteten die Orgs und verschlangen die Nestlinge. Nur ein Ei konnten sie nicht finden. Der Org, der es beschützte, war in die Schattenwelt geflogen, wo Messer-im-Himmel die Flachwelt vor den Beobachtern im Wachtturm verbirgt. Der Org zog die Paare auf, die dem Ei entschlüpften. Und die beiden Menschen wurden zu den Stammeltern unseres Volkes.« Orgreiter blickte Rotbart fest an. »Und ich bin jetzt sicher, daß auch ein zweites Ei von den Beobachtern nicht entdeckt worden ist. Seine Nestlinge wurden die Eltern von Ben Yale Pertin.«
Rotbart schüttelte sich vor Lachen. »Junge, du solltest eine Weile in den Beobachterschiffen leben müssen wie ich, dann wüßtest du, welchen Unsinn du hier zusammenquatschst. Ich weiß manchmal wirklich nicht, wer von euch beiden größeren Aberglauben predigt …«
»Und was ist dann die Wahrheit, o allwissender Rotbart?« fragte der Junge gekränkt.
»Das weiß ich eben selbst nicht«, gestand der Riese. »Manches, was Ben sagt, mag zumindest ein Körnchen Wahrheit enthalten. Er meint, unsere Welt sei vielleicht hohl …«
»Hohl!« rief Orgreiter spöttisch.
»Hältst du das wirklich für so unglaublich? Ich würde es vielleicht auch, wenn ich nicht bestimmt wüßte, daß unter dem Boden der Flachwelt mehrere Ebenen sind. Unter dem Wachtturm der Beobachter befindet sich ein Tor zu diesen Schichten. Das weiß ich sicher, weil die Beobachter mich als Gefangenen dorthin brachten. Und ein Körnchen Wahrheit steckt auch in der Geschichte deiner Mutter, glaube ich. Es stimmt, daß es Hüter und Beobachter gibt, und zwar dort, wo du gesagt hast. Aber …« Er blickte auf den inzwischen schlafenden Fremden. »Wir verschwenden nur unsere Zeit mit Vermutungen. Wir sollten auch schlafen.«
Sie waren schon halb um die größte Bastion von Messer-im-Himmel herum, und immer noch drängte Rotbart sie zur Eile an, um an sein Ziel zu kommen. Orgreiter konnte zwar seinen Haß auf die Beobachter verstehen, die ihn versklavt und sein Leben bedroht hatten. Doch nun, da er ihnen entkommen war, sah er keinen Sinn darin, sich an ihnen zu rächen. Aber er war viel zu sehr mit seinem Org beschäftigt, als daß er sich um anderes viel Gedanken gemacht hätte. Baby schien tatsächlich mit jedem Atemzug zu wachsen, sowohl was seine Größe als auch seine Intelligenz betraf. Als Orgreiter aufwachte, hoppelte Baby unsicher auf ihn zu, nicht, weil er Hunger hatte – er versorgte sich jetzt schon allein mit Nahrung –, sondern weil er Zärtlichkeit suchte und sein goldenes Fell mit einer Handvoll Moos abgerieben haben wollte. Orgreiter nahm die Pflichten ernst, die seine Mutter ihm erklärt hatte. Er redete ständig zu dem Tier und wiederholte die Worte immer aufs neue. Baby hatte tatsächlich inzwischen bereits gelernt, selbst ein paar Worte zu sagen, nicht wie ein Papagei, sondern wie ein Kind, das das Sprechen lernt. Er sagte »essen«, wenn er Hunger hatte, »schlafen«, wenn er müde war, und noch ein paar Dutzend andere Worte.
Babys Flügel breiteten sich aus, als der Junge sie abrieb. Das nahm Orgreiter zum Anlaß, dem Tier zu zeigen, wozu es sie benutzen konnte. Er kletterte auf einen Felsblock, und freute sich, als der Org ihm hopsend folgte. Dann breitete der Junge die Arme aus und sprang damit flatternd zu einem anderen Felsen. Zu seiner Überraschung begriff Baby sofort – so schnell, daß das Tier ihn sogar überholte.
»Wunderbar, Baby!« schrie er begeistert. Aber seine Freude wich Panik, als der Org immer weiter flog, über die Bäume des ausgedehnten Waldes hinweg. Dann kreiste er kurz darüber und stieß einen schrillen Schrei aus, wie der Junge ihn von ihm noch nie gehört hatte.
Angst raubte Orgreiter fast den Atem. Rief Baby den wilden Orgs oben auf dem Felskamm zu? Ohne zu überlegen, schnellte er sich in die Luft und sprang so hoch er konnte und flog dann geradewegs auf den kreisenden Org zu.
Baby sah ihn kommen. Er tauchte ihm sichtlich erfreut entgegen. Seine Unerfahrenheit ließ die beiden zusammenstoßen, daß der Junge fast die Besinnung verlor und in die Tiefe gestürzt wäre. Aber der Org wußte sich sofort zu helfen. Er legte schützend seinen langen Hals um den Menschen und hob ihn oberhalb des Flügelansatzes auf seinen
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