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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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gähnend.
    »Über den Handel, die Frauenemanzipation, über die uns zuteil gewordenen schönen Apriltage und über das neu erfundene Mittel gegen Feuerschaden. Wieso lesen Sie denn nicht? Das ist ja unser tägliches Leben. Am meisten kämpfe ich aber für die realistische Richtung in der Literatur.«
    »Haben Sie viel zu tun?«
    »Ja, genügend. Ich schreibe wöchentlich zwei Artikel für die Zeitung, dann Kritiken über Belletristik, und jetzt habe ich eine Erzählung verfaßt ...«
    »Wovon handelt sie?«
    »Davon, wie in einer Stadt der Polizeimeister die Kleinbürger ins Gesicht schlägt ...«
    »Ja, das ist wirklich eine realistische Richtung«, sagte Oblomow.
    »Nicht wahr?« bestätigte der erfreute Journalist. »Ich führe folgenden Gedanken aus, von dem ich weiß, daß er neu und kühn ist. Ein Vorüberreisender war Zeuge dieser Behandlung und beklagte sich bei seinem Zusammensein mit dem Gouverneur darüber. Dieser beauftragte den Beamten, welcher daselbst inspizieren sollte, sich nebenbei von der Sache zu überzeugen und überhaupt über die Persönlichkeit und das Benehmen des Polizeimeisters Erkundigungen einzuziehen. Der Beamte ließ die Kleinbürger kommen, angeblich um über den Handel zu sprechen, machte sich aber statt dessen daran, sie über jene Angelegenheit auszufragen. Wie haben sich aber die Kleinbürger dabei verhalten? Sie haben sich verbeugt und gelacht und haben das Lob des Polizeimeisters gesungen. Der Beamte begann, sich anderwärts zu erkundigen, und man sagte ihm, die Kleinbürger wären schreckliche Betrüger, sie handelten mit fauler Ware und übervorteilten selbst den Staat beim Wiegen und Messen, sie wären alle sehr unmoralisch, so daß die Schläge sich als eine gerechte Strafe erwiesen ...«
    »Die Schläge des Polizeimeisters spielen also in der Erzählung die Rolle des Fatums der alten Tragiker?« sagte Oblomow.
    »Sehr richtig«, fiel Pjenkin ein. »Sie haben viel Takt, Ilja Iljitsch. Sie sollten schreiben! Und dabei ist es mir gelungen, das eigenmächtige Verfahren des Polizeimeisters, die Sittenverderbtheit des Volkes, die schlechte Organisation der Beamten und die Notwendigkeit von strengen, aber gerechten Gesetzen zu zeigen ... Nicht wahr, dieser Gedanke ist ... ziemlich neu?«
    »Ja, besonders für mich«, sagte Oblomow, »ich lese so wenig ...«
    »Man sieht in der Tat keine Bücher bei Ihnen!« bemerkte Pjenkin. »Aber ich beschwöre Sie, lesen Sie das eine; es erscheint ein, man kann sagen, wunderbares satirisches Poem: ›Die Liebe des Bestechlichen zum gefallenen Weibe.‹ Ich kann Ihnen nicht sagen, wer der Autor ist. Das ist noch ein Geheimnis.«
    »Wie ist denn der Inhalt?«
    »Es wird darin der Mechanismus unserer ganzen sozialen Bewegung bloßgelegt, und das alles in poetischen Farben. Alle Federn werden berührt; alle Stufen der sozialen Leiter werden untersucht. Der Autor richtet darin den schwachen, aber verderbten Edelmann, den ganzen Schwarm der ihn betrügenden bestechlichen Beamten und alle Rangstufen der gefallenen Frauen ... Französinnen, Deutsche und Finninnen, und das alles wird mit verblüffender, lebensvoller Wahrheit geschildert ... Ich habe Bruchstücke daraus gehört – der Autor ist groß! Man glaubt in ihm bald Dante und bald Shakespeare zu vernehmen ...«
    »Das will aber viel heißen!« sagte Oblomow und richtete sich erstaunt auf.
    Pjenkin verstummte plötzlich, da er sah, daß er tatsächlich übertrieben hatte.
    »Wenn Sie es lesen, werden Sie selbst sehen«, fügte er schon ruhiger hinzu.
    »Nein, Pjenkin, ich werde es nicht lesen.«
    »Warum denn nicht? Es hat Lärm gemacht, man spricht davon ...«
    »Und wenn! Manche haben ja nichts anderes zu tun, als zu sprechen. Es gibt einen solchen Beruf.«
    »Lesen Sie es doch aus Neugierde.«
    »Was ist denn Neues darin?« sagte Oblomow. »Warum schreiben Sie bloß so zum Zeitvertreib ...«
    »Wieso denn? Wie wahr, wie wahr alles ist! Es ist zum Lachen ähnlich. Wie lebendige Porträts. Wenn Sie irgend jemand vornehmen, einen Kaufmann, einen Beamten, einen Offizier oder einen Wächter – ist es, als druckten sie ihn lebend ab.«
    »Weswegen mühen Sie sich denn ab? Des Spaßes halber, daß jeder, den Sie vornehmen, ähnlich herauskommt? Es ist aber kein Leben darin; es fehlt das Verständnis dafür, das Mitfühlen, das, was bei euch Humanität heißt. Es ist nichts wie Eitelkeit dabei. Sie beschreiben die Diebe und die gefallenen Frauen, als fingen Sie sie auf der Straße ein und führten

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