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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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Qualen und solche Freuden, die ...«
    »Ich kenne diesen Weg nicht.«
    »Das ist ein Weg, auf dem die Frau alles opfert; die Ruhe, die Achtung, die sie genießt, sie findet in der Liebe ihren Lohn ... diese ersetzt ihr alles.«
    »Brauchen wir denn diesen Weg?«
    »Nein.«
    »Willst du auf diesem Weg dein Glück suchen, auf die Gefahr hin, daß ich meine Ruhe und Achtung verliere?«
    »O nein, nein! Ich schwöre bei Gott, um nichts auf der Welt!« rief er leidenschaftlich aus.
    »Warum sprichst du dann davon?«
    »Das weiß ich wirklich selbst nicht ...«
    »Ich weiß es aber: du wolltest wissen, ob ich dir meine Ruhe hinopfern, und ob ich mit dir diesen Weg gehen würde? Nicht wahr?«
    »Ich glaube, du hast es erraten ... nun also?«
    »Niemals, um nichts in der Welt,« sagte sie entschlossen.
    Er sann nach und seufzte dann.
    »Ja, das ist ein schrecklicher Weg, und eine Frau braucht viel Liebe, um darauf dem Mann zu folgen, sie muß auch, während sie zugrunde geht, noch lieben.«
    Er blickte ihr fragend ins Gesicht; sie erwiderte nichts; nur die Falte über der Braue bewegte sich, aber der Ausdruck blieb ruhig.
    »Stell dir vor,« sagte er, »daß Sonitschka, die nicht deinen kleinen Finger wert ist, dich bei der Begegnung plötzlich nicht wiedererkennen würde!«
    Oljga lächelte, und ihr Blick blieb ebenso hell. Oblomow ließ sich von der Stimme seiner Eitelkeit hinreißen, die Oljgas Herzen Opfer abfordern und sich daran berauschen wollte.
    »Stelle dir vor, daß die Männer sich dir nicht mit ehrfurchtsvoll gesenkten Augen nähern, sondern dich mit einem dreisten, spöttischen Lächeln anblicken würden ...«
    Er sah sie an; sie schob mit dem Schirm fleißig ein Steinchen über den Sand hin.
    »Bei deinem Eintreten in den Salon würden sich ein paar Hauben entrüstet bewegen, irgendeine davon würde von dir fortrücken ... Dein Stolz wäre aber nicht geringer als jetzt, und du würdest deutlich erkennen, daß du besser bist als sie und über ihnen stehst ...«
    »Wozu sprichst du mir von solchen Schrecken?« sagte sie ruhig. »Ich werde diesen Weg nie betreten.«
    »Nie?« fragte Oblomow traurig.
    »Nie!« wiederholte sie.
    »Ja,« sagte er sinnend, »deine Kraft würde nicht ausreichen, um der Schande in die Augen zu blicken. Du würdest vielleicht den Tod nicht fürchten; nicht die Hinrichtung ist schrecklich, sondern die Vorbereitungen, die beständigen Foltern sind es; du würdest es nicht ertragen und hinwelken – ja?«
    Er blickte ihr fortwährend in die Augen, um zu sehen, wie sie sich dazu verhielt.
    Sie schaute lustig drein; das Bild des Schreckens hatte sie nicht verwirrt; ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
    »Ich will weder hinwelken noch sterben! Das ist nicht die Hauptsache,« sagte sie, »man kann, ohne jenen Weg zu wählen, noch inbrünstiger lieben ...«
    »Warum würdest du denn jenen Weg nicht wählen?« fragte er beharrlich und fast ärgerlich, »wenn du dich nicht fürchtest?«
    »Weil man sich darauf ... in der Folge stets ... trennt,« sagte sie, »und ich ... sollte dich verlassen? ...« Sie schwieg, legte ihm die Hand auf die Schulter, blickte ihn lange an, warf dann plötzlich den Schirm fort, umfaßte seinen Hals rasch und leidenschaftlich mit den Armen, küßte ihn, wurde dann blutrot, schmiegte das Gesicht an seine Brust und fügte leise hinzu:
    »Nie!«
    Er stieß einen Freudenschrei aus und glitt aufs Gras zu ihren Füßen hin.
Dritter Teil
Erstes Kapitel
    Oblomow strahlte, als er nach Hause ging. Sein Blut wogte, seine Augen leuchteten. Ihm schien, daß sogar seine Haare flammten. So trat er in sein Zimmer – da plötzlich verschwand das Leuchten, und seine Augen blieben in unangenehmem Staunen an einem Punkt haften; auf seinem Sessel saß Tarantjew.
    »Wie lange soll man denn noch auf dich warten? Wo treibst du dich herum?« fragte Tarantjew streng, indem er ihm seine zottige Hand hinstreckte. »Auch dein alter Teufel ist ganz aus Rand und Band; ich verlange einen Imbiß – er sagt, es ist nichts da, er hat mir nicht einmal einen Schnaps gegeben.«
    »Ich bin hier im Hain spazierengegangen,« sagte Oblomow nachlässig und konnte sich von dem Schlag, der das Erscheinen des Landsmanns in einem solchen Augenblick für ihn war, noch nicht erholen.
    Er hatte die düstere Sphäre, in der er bis dahin gelebt hatte, vergessen und war deren bedrückende Luft nicht mehr gewöhnt. Tarantjew zerrte ihn im Nu vom Himmel gleichsam wieder in den Sumpf herab. Oblomow fragte sich

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