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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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fragte sie, statt zu antworten.
    Ach mein Gott! dachte Oblomow, sie scheint in meinen Gedanken gelesen zu haben, daß ich nicht kommen wollte.
    »Ich komme!« antwortete er laut.
    »Des Morgens, für den ganzen Tag?«
    Er wurde verlegen.
    »Dann sag' ich's nicht«, sprach sie.
    »Ich komme für den ganzen Tag.«
    »Also siehst du ...«, begann sie ernst, »ich habe dich heute darum herbestellt, um dir zu sagen ...«
    »Was?«
    »Daß du ... morgen zu uns kommen sollst.«
    »Ach du mein Gott!« unterbrach er sie ungeduldig, »aber wie bist du hergekommen?«
    »Wie ich hergekommen bin?« wiederholte sie zerstreut. »Ich bin einfach hergekommen ... Warte, du ... was soll man wohl darüber sagen!«
    Sie nahm eine Handvoll Wasser und spritzte es ihm ins Gesicht. Er kniff die Augen zu und fuhr zusammen, während sie lachte.
    »Wie kalt das Wasser ist, meine Hand ist ganz erstarrt! Mein Gott, wie lustig, wie schön es ist!« fuhr sie um sich schauend fort. »Wollen wir morgen wieder fahren, aber schon direkt von zu Hause ...«
    »Kommst du denn jetzt nicht direkt von zu Hause? Woher denn?« fragte er schnell.
    »Aus einem Geschäft.«
    »Aus was für einem?«
    »Warum fragst du? Ich habe ja schon im Garten gesagt, woher ...«
    »Aber nein, du hast es nicht gesagt ...« sagte er ungeduldig.
    »Hab' ich's nicht gesagt? Wie seltsam! Ich hab's vergessen! Ich bin von zu Hause mit einem Diener fortgegangen, um zum Juwelier zu gehen ...«
    »Nun?«
    »Also jetzt weißt du's ... Was ist das für eine Kirche?« fragte sie den Bootsmann, in die Ferne zeigend.
    »Welche? Diese da?« fragte der Bootsmann.
    »Das ist das Kloster Smolnij!« sagte Oblomow ungeduldig.
    »Nun, du bist also ins Geschäft gegangen, und dann?«
    »Dort ... sind schöne Sachen ... Ach, was für ein Armband ich gesehen habe!«
    »Es handelt sich nicht ums Armband!« unterbrach sie Oblomow, »was war denn dann?«
    »Das ist alles!« fügte sie zerstreut hinzu und sah sich aufmerksam die Gegend an.
    »Wo ist denn der Diener?« forschte Oblomow.
    »Er ist nach Hause gegangen«, antwortete sie nachlässig, das Gebäude am gegenüberliegenden Ufer betrachtend.
    »Und was war weiter?«
    »Wie schön es dort ist! Kann man nicht hinfahren?« fragte sie, mit dem Schirm auf das andere Ufer zeigend. »Du wohnst ja dort?«
    »Ja.«
    »Zeige, in welcher Straße?«
    »Was ist denn mit dem Diener?« fragte Oblomow.
    »Gar nichts«, antwortete sie ungern, »ich habe ihn mit dem Armband geschickt. Er ist nach Hause gegangen, und ich bin hierhergekommen.«
    »Wieso denn?« sagte Oblomow, sie mit weit offenen Augen betrachtend.
    Er machte ein erschrockenes Gesicht. Sie machte absichtlich ein ebensolches.
    »Sprich ernsthaft, Oljga, es ist genug gescherzt.«
    »Ich scherze nicht, es ist wirklich so! Ich habe das Armband absichtlich zu Hause gelassen, und ma tante hat mich gebeten, ins Geschäft zu gehen. Dir würde so etwas nie einfallen!« fügte sie stolz hinzu, als wäre das eine bemerkenswerte Tat.
    »Und wenn der Diener zurückkehrt?«
    »Ich habe ihm sagen lassen, er sollte auf mich warten, ich ginge in ein anderes Geschäft, und bin hierhergegangen ...«
    »Und wenn Marja Michailowna fragen wird, in welches andere Geschäft du gegangen bist? ...«
    »Dann sage ich, daß ich bei der Schneiderin war.«
    »Und wenn sie die Schneiderin danach fragt?«
    »Und wenn die ganze Newa plötzlich ins Meer fließt, und wenn das Boot umkippt, und wenn die Morskajastraße und unser Haus einstürzen, und wenn du mich plötzlich zu lieben aufhörst ...« sagte sie und spritzte ihm wieder das Gesicht an.
    »Der Diener ist wohl schon zurückgekehrt und wartet«, sagte er, sich das Gesicht abwischend. »He, Bootsmann, ans Ufer!«
    »Nein, nein!« befahl sie dem Bootsmann.
    »Ans Ufer! Der Diener ist schon zurück!«, wiederholte Oblomow.
    »Laß das! Es ist nicht nötig!«
    Doch Oblomow bestand darauf und ging mit ihr eilig in den Garten, während sie im Gegenteil langsam hinschritt und sich auf seinen Arm stützte.
    »Warum eilst du?« fragte sie, »warte; ich möchte noch bei dir bleiben.« Sie begann noch langsamer zu gehen, sich an seine Schulter schmiegend und ihm ins Gesicht blickend, während er weitschweifig und langweilig von Pflichten sprach. Sie hörte zerstreut mit einem matten Lächeln zu, indem sie den Kopf senkte und nach unten sah oder ihm wieder forschend ins Gesicht blickte und an etwas anderes dachte.
    »Höre, Oljga«, begann er endlich feierlich, »auf die Gefahr hin,

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