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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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letzten Zusammenkünften gar nicht mehr wußten, worüber Sie sprechen sollten. Ihrer sogenannten ›Liebe‹ mangelte es auch an Inhalt; sie konnte nicht weiterschreiten. Ihr hattet euch noch vor eurem Bruch getrennt und waret nicht der Liebe, sondern ihrem Schemen, den ihr euch selbst ausgedacht hattet, treu – das ist das ganze Geheimnis.«
    »Und der Kuß?« flüsterte sie so leise, daß er es nicht hörte, sondern erriet.
    »Oh, das ist wichtig!« sagte er mit komischer Strenge. »Man müßte Sie deswegen beim Mittagessen ... eines Gerichtes berauben.« Er blickte sie mit stets wachsender Liebe und Zärtlichkeit an.
    »Ein Scherz entschuldigt einen solchen Irrtum nicht!« entgegnete sie streng, durch seine Gleichgültigkeit und seinen nachlässigen Ton verletzt. »Mir wäre leichter, wenn Sie mich durch irgendein barsches Wort gestraft und meine Schuld beim rechten Namen genannt hätten.«
    »Ich würde auch nicht scherzen, wenn es sich nicht um Ilja, sondern um einen anderen handeln würde, dann hätte der Irrtum mit einem Unglück enden können; doch ich kenne Oblomow ...«
    »Ein anderer? Nie!« unterbrach sie ihn errötend. »Ich habe ihn besser kennengelernt als Sie ...«
    »Sehen Sie!« bestätigte er.
    »Wenn er sich aber ... verändert und mir gefolgt hätte, wenn er lebendig geworden wäre ... würde ich ihn denn dann nicht lieben? Wäre es auch dann Lüge und Irrtum gewesen?« sprach sie, um die Sache von allen Seiten zu betrachten und nicht den geringsten Fleck, nicht die kleinste Unklarheit daran haften zu lassen.
    »Das heißt, wenn an seiner Stelle ein anderer Mensch wäre«, unterbrach sie Stolz, »es besteht kein Zweifel, daß eure Beziehungen sich dann zur Liebe entwickelt und gefestigt hätten, und dann ... Das ist aber ein anderer Roman und ein anderer Held, der uns nichts angeht.«
    Sie seufzte auf, als hätte sie ihre Seele von der letzten Last befreit. Beide schwiegen.
    »Ach, welch ein Glück ist es ... zu genesen!« sprach sie langsam, als blühe sie auf, und richtete auf ihn einen Blick, der von so tiefer Dankbarkeit und so warmer, unbeschreiblicher Freundschaft erfüllt war, daß er darin den Funken zu erhaschen glaubte, den er schon fast seit einem Jahr vergeblich gesucht hatte. Ihn überlief ein freudiges Zittern.
    »Nein, ich gesunde!« sagte er sinnend. »Ach, wenn ich nur Gewißheit gehabt hätte, daß Ilja der Held dieses Romans war! Wieviel Zeit und wieviel Kraft habe ich verloren! Warum? Wozu?« sagte er fast ärgerlich.
    Doch dann schien er diesen Ärger von sich abzuschütteln und aus diesem tiefen Sinnen zu erwachen. Seine Stirn glättete sich und seine Augen blickten froher.
    »Aber das war wohl unvermeidlich, doch wie ruhig und ... wie glücklich bin ich jetzt!« fügte er wonnetrunken hinzu.
    »Es ist wie ein Traum, als ob nichts geschehen wäre!« sagte sie sinnend und kaum hörbar, über ihre plötzliche Wiedergeburt erstaunt. »Sie haben mich nicht nur von der Scham und Reue, sondern auch vom Schmerz und der Bitternis, überhaupt von allem befreit ... Wie haben Sie das fertiggebracht?« fragte sie leise. »Und das alles wird vergehen, dieser ... Irrtum?«
    »Ich glaube, es ist schon vergangen!« sagte er, sie zum erstenmal mit leidenschaftlichen Augen betrachtend, ohne es zu verbergen. »Das heißt, alles das, was war.«
    »Und wird das, was kommt ... kein Irrtum, sondern ... Wahrheit sein?« fragte sie, ohne zu Ende zu sprechen.
    »Hier steht es«, entschied er, indem er wieder den Brief ergriff: »›Vor Ihnen steht nicht derjenige, den Sie erwartet und von dem Sie geträumt haben. Er wird kommen, und Sie werden erwachen ...‹ Und lieben, füge ich hinzu, Sie werden so lieben, daß nicht nur ein Jahr, sondern ein ganzes Leben für diese Liebe nicht hinreichen wird, ich weiß nur nicht ... wen?« schloß er, sie mit den Augen durchdringend.
    Sie senkte den Blick und preßte die Lippen aufeinander, doch durch die Lider drangen Strahlen hindurch, die Lippen wollten ein Lächeln zurückhalten, doch es gelang ihnen nicht. Sie blickte ihn an und lachte so von Herzen laut, daß ihr sogar Tränen in die Augen kamen.
    »Ich habe Ihnen gesagt, was mit Ihnen war und sogar das, was mit Ihnen sein wird, Oljga Sjergejewna«, schloß er, »und werden Sie mir auf meine Frage, die Sie mich nicht aussprechen ließen, nichts antworten?«
    »Was kann ich denn darauf sagen?« fragte sie verlegen, »hätte ich denn das Recht, Ihnen das zu sagen, was Sie so brauchen und was Sie so

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