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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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alle Erwartungen gelungen. Bei der ersten Andeutung Tarantjews auf die skandalöse Angelegenheit war Ilja Iljitsch errötet und verlegen geworden; dann gingen sie zum Ausgleich über, tranken alle drei, und Oblomow unterschrieb den Schuldschein, der für vier Jahre ausgestellt wurde; nach einem Monat unterschrieb Agafja Matwejewna einen ebensolchen Brief auf den Namen des Bruders, ohne zu ahnen, was es war und warum sie es tat. Der Bruder sagte, es sei ein notwendiges Dokument, das sich auf das Haus beziehe, und befahl ihr, zu schreiben: »Diesen Schuldschein hat Frau Soundso (Rang, Vor- und Zuname) eigenhändig unterschrieben.«
    Es machte sie nur verwirrt, daß sie so viel schreiben mußte, und sie bat den Bruder, lieber Wanjuscha schreiben zu lassen, er könnte das so gut, sie selbst würde aber vielleicht noch etwas Unrechtes hineinschreiben. Doch der Bruder bestand energisch darauf, und sie unterschrieb mit schiefen und großen Buchstaben. Seitdem war nie mehr die Rede davon. Oblomow tröstete sich beim Unterschreiben teilweise damit, daß dieses Geld den Waisen zugute kommen würde, und dann am nächsten Tage, als ihm der Kopf klar war, dachte er beschämt an diese Angelegenheit, bestrebte sich, sie zu vergessen, vermied es, mit dem Bruder zusammenzukommen, und wenn Tarantjew davon zu sprechen begann, drohte er, sofort aus der Wohnung auszuziehen und aufs Gut zu reisen. Als dann das Geld aus dem Gut eintraf, kam der Bruder zu ihm und erklärte, es wäre für Ilja Iljitsch leichter, die Auszahlung der Schuld sofort aus den Einkünften zu beginnen, dann wäre die Schuld in drei Jahren beglichen, während beim Eintreten des Termins, an dem der Schein eingelöst werden mußte, das Gut öffentlich versteigert werden müßte, da Oblomow kein bares Geld besaß und auch keine Aussichten darauf hatte. Oblomow begriff, in welche Falle man ihn gelockt hatte, als alles, was Stolz schickte, zur Bezahlung der Schuld verwendet wurde und ihm nur eine kleine Summe zum Leben übrigblieb. Der Bruder beeilte sich, diese freiwillige Abmachung mit seinem Schuldner auszunützen und die Schuld innerhalb zweier Jahre einzuheben, damit ihm nicht etwas in den Weg kam und ihn daran hinderte; infolgedessen geriet Oblomow plötzlich in Verlegenheit. Zuerst bemerkte er es nicht sehr, da er die Gewohnheit hatte, nicht zu wissen, wieviel er in seiner Tasche hatte; aber dann fiel es Iwan Matwejewitsch ein, um eine Kaufmannstochter anzuhalten; er mietete eine Wohnung für sich und übersiedelte. Die wirtschaftliche Tätigkeit von Agafja Matwejewna wurde plötzlich eingeschränkt; die Störe, das schneeweiße Kalbfleisch und die Kapaune begannen in der anderen Küche, in Muchojarows neuer Wohnung zu erscheinen. Dort brannte abends Licht und versammelten sich die künftigen Verwandten des Bruders, seine Kollegen und Tarantjew. Alles ging dort hinüber. Agafja Matwejewna und Anissja blieben mit offenem Mund und müßigen Händen bei leeren Pfannen und Töpfen zurück. Agafja Matwejewna erfuhr zum erstenmal, daß sie nur ein Haus, einen Gemüsegarten und Hühner besaß, und daß weder Zimt noch Vanille bei ihr wuchsen; sie sah, daß die Verkäufer auf dem Markt nach und nach aufhörten, sich vor ihr tief zu verbeugen, und daß der ehrfurchtsvolle Gruß und das Lächeln auf die neue, dicke, elegant gekleidete Köchin ihres Bruders über gingen. Oblomow überließ der Hausfrau das ganze Geld, das der Bruder ihm übriggelassen hatte, und sie mahlte drei, vier Monate lang, ohne sich Gedanken zu machen, pudweise Kaffee, stieß Zimt, briet Kalbfleisch und Kapaune und setzte das bis zum Tag fort, an dem sie ihre letzten siebzig Kopeken ausgegeben hatte und ihm mitteilte, sie hätte kein Geld mehr. Er drehte sich bei dieser Nachricht dreimal auf dem Sofa um, schaute dann in seine Lade; es war nichts drin. Er wollte sich erinnern, worauf er es ausgegeben hatte, ihm fiel aber nichts ein; er tastete mit der Hand auf dem Tisch herum, ob es keine Kupfermünze gab, fragte Sachar, doch dieser wußte nichts. Sie ging zum Bruder hin und sagte naiv, es wäre kein Geld im Hause.
    »Wo habt ihr, der Edelmann und du, die tausend Rubel hingetan, die ich ihm zum Leben gegeben habe?« fragte er. »Wo soll ich das Geld hernehmen? Du weißt, ich gehe eine Ehe ein, ich kann nicht zwei Familien erhalten, und du mußt dich mit deinem gnädigen Herrn nach der Decke strecken.«
    »Warum werfen Sie mir den Herrn vor, Bruder?« sagte sie, »was hat er Ihnen getan? Er rührt

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