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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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sich in dir etwas regen ...«
    »Nein, Andrej, nein! Erinnere mich nicht daran und wecke in mir um Gottes willen nichts!« unterbrach Oblomow ihn ernsthaft. »Es tut mir weh, und mir wird nicht wohl dabei. Erinnerungen sind entweder höchste Poesie, wenn sie sich auf lebendiges Glück beziehen, oder brennender Schmerz, wenn sie vernarbte Wunden berühren ... Sprechen wir von etwas anderem. Ja, ich habe dir nicht für deine Sorge um meine Angelegenheiten und um mein Gut gedankt. Mein Freund! Ich kann nicht, ich habe nicht die Kraft; suche in deinem eigenen Herzen nach Dankbarkeit und nach Glück, und in Oljga ... Sjergejewna, ich aber ... ich ... kann nicht! Verzeih, daß ich dich noch bis jetzt nicht von den Scherereien befreit habe. – Aber jetzt kommt bald der Frühling, und ich reise be stimmt nach Oblomowka.«
    »Und weißt du, wie es in Oblomowka aussieht? Du wirst es gar nicht wiedererkennen!« sagte Stolz. »Ich habe dir nicht geschrieben, weil du die Briefe nicht beantwortest. Die Brücke ist fertig, das Haus ist schon vorigen Sommer unter Dach gewesen. Du mußt dich aber selbst um die innere Einrichtung kümmern und sie nach deinem Geschmack zusammenstellen – das übernehme ich nicht. Die Wirtschaft wird vom neuen Verwalter, einem von meinen Leuten, geführt. Hast du dir die Ausgaben angesehen?«
    Oblomow schwieg.
    »Hast du die Berichte nicht gelesen?« fragte Stolz, ihn anblickend. »Wo sind sie?«
    »Weißt du, ich werde sie nach dem Essen suchen; ich muß erst Sachar fragen ...«
    »Ach, Ilja, Ilja! Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.«
    »Wir werden sie nach dem Essen finden. Wollen wir essen!«
    Stolz furchte die Stirn, als er sich zu Tisch setzte. Er dachte an den Iljatag, an die Austern, die Ananas und die Schnepfen; und jetzt sah er ein grobes Tischtuch, Essig- und Ölflaschen mit Papierstücken statt der Pfropfen; auf den Tellern lag je eine große Schnitte Schwarzbrot, die Gabeln hatten zerbrochene Griffe. Oblomow reichte man Fischsuppe und ihm Suppe mit Grütze und ein gekochtes junges Huhn; darauf folgte harte Zunge und dann Hammelfleisch. Man brachte Rotwein. Stolz schenkte sich ein halbes Glas ein, kostete, stellte das Glas auf den Tisch und trank nicht mehr. Ilja Iljitsch trank zwei Gläschen Johannisbeerschnaps hintereinander und nahm gierig den Hammelbraten in Angriff.
    »Der Wein taugt nichts!« sagte Stolz.
    »Verzeih, man hat in der Eile nicht so weit gehen können«, sagte Oblomow. »Willst du nicht Johannisbeerschnaps trinken? Es ist ausgezeichnet, Andrej, koste doch!«
    Er schenkte sich noch ein Gläschen ein und trank.
    Stolz betrachtete ihn erstaunt, schwieg aber.
    »Agafja Matwejewna bereitet ihn selbst; sie ist eine liebe Frau!« sagte Oblomow, auf den der Schnaps zu wirken begann. »Ich weiß wirklich nicht, wie ich auf dem Gut ohne sie leben werde. Man findet keine zweite solche Hausfrau.«
    Stolz hörte ihm mit leicht gefurchten Brauen zu.
    »Wer, glaubst du, hat das alles gekocht, Anissja? Nein!« fuhr Oblomow fort. »Anissja befaßt sich mit den Hühnern, jätet das Kraut im Gemüsegarten und fegt die Fußböden; und das alles macht Agafja Matwejewna.«
    Stolz aß weder den Hammelbraten noch den Obstkuchen, sondern legte die Gabel hin und sah zu, mit welchem Appetit Oblomow das alles verzehrte.
    »Jetzt wirst du nicht mehr ein verkehrt angezogenes Hemd auf mir sehen«, sprach Oblomow weiter, mit Appetit an einem Knochen nagend – »sie sorgt sich um alles und sieht alles, ich habe keinen einzigen ungestopften Strumpf – und sie macht alles selbst. Und wie sie Kaffee kocht! Ich werde dich nach dem Mittagessen damit bewirten.«
    Stolz hörte schweigend mit besorgter Miene zu.
    »Jetzt ist ihr Bruder übersiedelt, es ist ihm eingefallen, zu heiraten, so daß die Wirtschaft nicht mehr so groß ist. Aber früher hatte sie alle Hände voll zu tun! Sie ist von früh bis spät nur so herumgeflogen, auf den Markt und in die Läden. Weißt du, ich werde dir was sagen«, schloß Oblomow, der seine Zunge nicht mehr ganz in der Gewalt hatte, »wenn du mir zwei-, dreitausend geben könntest, würde ich dich nicht mit Hammelfleisch bewirten; dann würde ich dir einen ganzen Stör, Forellen und das beste Filet geben lassen. Und Agafja Matwejewna würde auch ohne Koch wahre Wunder leisten – ja!«
    Er trank noch ein Gläschen Schnaps.
    »So trinke doch, Andrej, trinke. Es ist ein ausgezeichneter Schnaps! Oljga Sjergejewna wird dir keinen solchen zubereiten!« sagte er mit

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