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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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bist, Ilja.«
    Oblomow ließ plötzlich seinen reglosen Blick auf seinem Freunde ruhen, seine Züge erstarrten für einen Augenblick und das Blut entwich aus seinem Gesicht.
    »Bist ... du es vielleicht?« fragte er.
    »Du bist wieder erschrocken! Wovor denn?« sagte Stolz lachend.
    »Scherze nicht, Andrej, sag die Wahrheit!« bat Oblomow erregt.
    »Bei Gott, ich scherze nicht. Ich bin schon das zweite Jahr mit Oljga verheiratet.«
    Die Furcht verschwand allmählich von Oblomows Gesicht und machte friedlichem Sinnen Platz; er hob die Augen noch nicht, aber sein Gemüt war nach einer Weile von stiller, tiefer Freude erfüllt, und als er Stolz langsam anblickte, waren in seinem Blick schon Tränen der Rührung.
    »Lieber Andrej!« sprach Oblomow, ihn umarmend. »Liebe Oljga ... Sjergejewna!« fügte er dann, sein Entzücken eindämmend, hinzu. »Gott selbst hat euch gesegnet! O wie glücklich ich bin! Sag ihr ...«
    »Ich werde ihr sagen, daß ich keinen zweiten Oblomow kenne!« unterbrach ihn der tiefgerührte Stolz.
    »Nein, sag und erinnere sie daran, daß ich ihr darum begegnet bin, um sie auf den rechten Weg zu führen, und daß ich diese Begegnung und sie auf dem neuen Wege segne! Wie würde sich alles gestalten, wenn es ein anderer wäre! ...« fügte er entsetzt hinzu. »Und jetzt«, schloß er fröhlich, »erröte ich nicht über meine Rolle und bereue nicht; mir ist ein Stein von der Seele gefallen, jetzt ist dort alles licht, und ich bin glücklich. Gott, ich danke dir!«
    Er sprang wieder vor Erregung bald weinend und bald lachend auf dem Sofa herum.
    »Sachar, Champagner zum Mittagessen!« schrie er, vergessend, daß er keine Kopeke besaß.
    »Ich werde alles Oljga erzählen, alles!« sagte Stolz. »Es hat schon seinen Grund, daß sie dich gar nicht vergessen kann. Nein, du warst ihrer wert; dein Herz ist tief wie ein Brunnen!«
    Sachar steckte aus dem Vorzimmer seinen Kopf herein.
    »Kommen Sie, bitte!« sagte er, dem Herrn zublinzelnd.
    »Was ist denn?« fragte dieser ungeduldig. »Geh hinaus!«
    »Bitte um Geld!« flüsterte Sachar.
    Oblomow schwieg plötzlich.
    »Dann ist es nicht nötig!« flüsterte er durch die Tür. »Sage, daß du vergessen hast oder daß es schon zu spät war! Geh! ... Nein, komm her!« sagte er laut. »Weißt du schon das Allerneueste, Sachar? Gratuliere: Andrej Iwanowitsch hat geheiratet!«
    »Ach, Väterchen! Gott hat uns eine solche Freude erleben lassen! Wir gratulieren, Väterchen Andrej Iwanowitsch. Gott soll Sie unzählige Jahre leben lassen und Ihnen Kinderchen schenken. Ach Gott, ist das eine Freude!«
    Sachar verneigte sich, lächelte, krächzte und knarrte. Stolz nahm einen Papierschein heraus und gab ihn ihm.
    »Da hast du und kaufe dir einen Rock«, sagte er, »du siehst ja wie ein Bettler aus!«
    »Wen denn, Väterchen?« fragte Sachar, Stolz' Hände fangend.
    »Oljga Sjergejewna – weißt du noch?« sagte Oblomow.
    »Das Iljinskysche Fräulein! O Gott, ein so liebes Fräulein! Sie haben mich alten Hund damals mit Recht gescholten, Ilja Iljitsch! Ich bin schuldig und sündhaft; ich habe die Klatschgeschichten über Sie verbreitet. Ich hab' es auch den Iljinskyschen Dienstboten erzählt, und nicht Nikita! Es ist wahr, daß damals ein Klatsch herausgekommen ist. Ach Gott, ach du mein Gott! ...« sprach er, ins Vorzimmer gehend.
    »Oljga ladet dich zu sich aufs Gut zum Besuche ein; deine Liebe ist erkaltet, es ist nicht gefährlich. Du wirst nicht eifersüchtig sein. Komm mit!«
    Oblomow seufzte.
    »Nein, Andrej«, sagte er, »ich fürchte weder die Liebe noch die Eifersucht, ich fahre aber trotzdem nicht zu euch.«
    »Was fürchtest du denn?«
    »Ich fürchte den Neid. Euer Glück wird für mich ein Spiegel sein, in dem ich immerwährend mein getötetes, reizloses Leben sehen werde; ich werde aber nicht mehr anders leben, ich kann nicht.«
    »Genug, lieber Ilja! Du wirst unwillkürlich so leben, wie man um dich herum lebt. Du wirst rechnen, wirtschaften, lesen, Musik hören. Wie ihre Stimme sich jetzt entwickelt hat! Erinnerst du dich noch an Casta diva? «
    Oblomow winkte ihm mit der Hand, er solle ihn nicht daran erinnern.
    »Komm doch mit!« ließ Stolz nicht nach. »Es ist ihr Wille; sie wird darauf bestehen. Wenn ich müde werde, ist sie es noch lange nicht. In ihr ist so viel Feuer und Leben, daß sogar ich manchmal mein Teil abbekomme. Dann wird die Vergangenheit wieder in deiner Seele erwachen. Du wirst dich an den Park und den Flieder erinnern, und es wird

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