Oblomow
solchem Feuer gesprochen, daß ich wirklich zu glauben beginne, du ...«
»Liebst sie, willst du sagen! Aber ich bitte dich!« unterbrach ihn Oblomow mit gezwungenem Lachen.
»Um so schlimmer, wenn dabei kein einziger seelischer Funken glüht, wenn das nur ...«
»Andrej! Hast du mich denn als einen unmoralischen Menschen gekannt?«
»Warum bist du dann errötet?«
»Weil du einen solchen Gedanken zulassen konntest.«
Stolz schüttelte zweifelnd den Kopf.
»Gib acht, Ilja, daß du nicht in diese Grube fällst. Ein ordinäres Frauenzimmer, ein schmutziges Leben, die bedrückende Atmosphäre von Stumpfsinn und Roheit – pfui ...«
Oblomow schwieg.
»Nun, leb wohl«, schloß Stolz, »ich werde also Oljga sagen, daß wir dich im Sommer, wenn nicht bei uns, so doch in Oblomowka sehen werden. Vergiß nicht, daß sie von dir nicht ablassen wird!«
»Bestimmt, bestimmt«, antwortete Oblomow überzeugend, »füge sogar hinzu, daß ich bei euch den Winter verbringen werde, wenn sie es erlaubt.«
»Das wäre eine Freude!«
Stolz fuhr noch am selben Tage fort, und am Abend kam Tarantjew. Er konnte es nicht ertragen und kam, ihn des Gevatters wegen zu beschimpfen. Er ließ dabei nur eines aus dem Auge, daß Oblomow in Iljinskys Gesellschaft die Gewohnheit verloren hatte, mit solchen Menschen, wie er es war, umzugehen, und daß seine Nachsicht der Grobheit und Frechheit gegenüber sich in Ekel verwandelt hatte. Das würde sich schon längst geäußert haben und hatte sich zum Teil während Oblomows Aufenthalt auf dem Lande gezeigt, doch Tarantjew besuchte ihn seitdem seltener und immer in Anwesenheit anderer, so daß zwischen ihnen keine Reibungen entstehen konnten.
»Guten Tag, Landsmann«, sagte Tarantjew zornig, ohne die Hand zu reichen.
»Guten Tag!« antwortete Oblomow, kalt durchs Fenster blickend.
»Nun, hast du deinem Wohltäter das Geleite gegeben?«
»Ja. Warum?«
»Ein schöner Wohltäter!« fuhr Tarantjew giftig fort.
»So, gefällt er dir nicht?«
»Ich würde ihn hängen lassen!« krächzte Tarantjew voll Haß.
»So!«
»Und dich auch, auf demselben Baum mit ihm zusammen!«
»Wofür denn?«
»Man muß in allem ehrlich sein; wenn man schuldig ist, muß man zahlen und keine Schliche gebrauchen. Was hast du jetzt angerichtet?«
»Höre, Michej Andreitsch, befreie mich von deinen Märchen; ich habe dir aus Trägheit und Sorglosigkeit lange zugehört; ich habe geglaubt, daß du wenigstens eine Spur von Gewissen besitzest, du hast aber nicht einmal das. Ihr beide, du und dieser Schuft, wolltet mich betrügen; ich weiß nicht, wer von euch der Schlechtere ist, aber ihr beide seid mir widerwärtig. Mein Freund hat mich aus dieser dummen Falle befreit ...«
»Ein guter Freund!« sagte Tarantjew. »Ich habe gehört, daß er dir deine Braut fortgeschnappt hat; ein schöner Wohltäter! Nun, Bruder Landsmann, du bist ein Dummkopf ...«
»Laß, bitte, diese Zärtlichkeiten!« unterbrach ihn Oblomow.
»Nein, ich werde sie nicht lassen! Du hast an mich nicht gedacht, du Undankbarer! Ich habe dich hier eingerichtet, ich habe dir eine Frau gefunden, die ein wahrer Schatz ist. Ich habe dir Ruhe und Bequemlichkeit verschafft, ich habe dich mit Wohltaten überschüttet, und du wendest dich von mir ab. Du hast dir einen schönen Freund ausgesucht – einen Deutschen! Du hast ihm dein Gut in Pacht gegeben; wart nur, wie er dich bestehlen wird, er wird dir auch Aktien anhängen. Er wird dich noch zum Bettler machen, denke an mich! Ich sage dir, daß du ein Dummkopf bist und außerdem noch ein undankbares Vieh!«
»Tarantjew!« rief Oblomow drohend aus.
»Was schreist du? Ich selbst werde durch die ganze Welt schreien, daß du ein Dummkopf und ein Vieh bist!« schrie Tarantjew. »Ich und Iwan Matwejewitsch haben dich gehegt und gepflegt, wir haben dich wie Leibeigene bedient, sind vor dir auf den Fußspitzen gegangen und haben dir in die Augen geschaut, und du hast ihn vor der Obrigkeit verleumdet; jetzt ist er ohne Posten und ohne ein Stück Brot! Das ist häßlich und gemein! Du mußt ihm jetzt die Hälfte deines Vermögens geben; stell einen Wechsel auf seinen Namen aus; du bist jetzt nüchtern und bei vollem Verstand, tu es, sag ich dir, sonst gehe ich nicht fort ...«
»Was haben Sie, Michej Andreitsch, warum schreien Sie so?« sagten die Hausfrau und Anissja, zur Tür hereinblickend, »zwei Vorübergehende sind stehengeblieben und hören zu, was das für ein Geschrei ist ...«
»Ich will schreien«,
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