Oblomow
solltest es der Schwester ordentlich zeigen! Wie hat sie es gewagt, gegen ihren Bruder auszusagen?« sagte Tarantjew.
»Die Schwester ist eine dumme Trine; was soll man mit ihr anfangen?«
»Was sagt sie?«
»Was sie sagt? Sie weint und besteht darauf, ›daß Ilja Iljitsch ihr nichts schuldet und daß sie ihm niemals Geld gegeben hat‹.«
»Du besitzt aber doch einen Schuldschein auf ihren Namen?« sagte Tarantjew, »du verlierst also nichts ...«
Muchojarow nahm aus der Tasche den Schuldschein der Schwester heraus, zerriß ihn in viele Stücke und reichte sie Tarantjew.
»Da, ich schenke es dir, willst du es nicht haben?« fügte er hinzu. »Was soll man bei ihr nehmen? Das Haus mit dem Gemüsegarten? Dafür gibt man mir nicht einmal tausend Rubel: es zerfällt schon ganz. Bin ich denn ein Unmensch, der sie mit den Kindern an den Bettelstab bringen will?«
»Jetzt wird also die gerichtliche Untersuchung beginnen?« fragte Tarantjew ängstlich. »Da müssen wir achtgeben, Gevatter; tu, was du kannst, Bruder!«
»Was für eine Untersuchung? Es wird gar keine stattfinden! Der General hat zuerst gedroht, mich aus der Stadt auszuweisen, aber der Deutsche hat ihn davon abgebracht, er will Oblomow keine Schande machen.«
»Wirklich, Gevatter! Mir fällt ein Stein vom Herzen! Trinken wir!« sagte Tarantjew.
»Trinken? Und wer soll es bezahlen? Du viel leicht?«
»Und du? Du hast heute doch sicher deine sieben Rubel eingesteckt?«
»Wa-as! Jetzt ist es aus mit den Einkünften; ich habe dir noch nicht alles erzählt, was der General gesagt hat.«
»Was denn?« fragte Tarantjew wieder erschrocken.
»Er hat mir befohlen, aus dem Amt auszutreten.«
»Was sagst du, Gevatter?« sagte Tarantjew, ihn anglotzend. »Nun«, schloß er wütend, »jetzt werde ich dem Landsmann aber gehörig meine Meinung sagen!«
»Du bist froh, wenn du nur schimpfen kannst!«
»Nein, du kannst sagen, was du willst, ich werde es ihm aber zeigen!« sagte Tarantjew. »Ich werde übrigens noch warten, du hast recht, mir ist was eingefallen, hör einmal, Gevatter!«
»Was denn noch?« fragte Iwan Matwejewitsch sinnend.
»Man kann da noch ein gutes Geschäft machen. Es ist nur schade, daß du aus der Wohnung ausgezogen bist ...«
»Warum denn?«
»Um Oblomow und die Schwester beim Pirogenbacken zu beaufsichtigen und dann ... Zeugen anzugeben!« sagte Tarantjew, Iwan Matwejewitsch anblickend. »Da kann auch der Deutsche nichts anfangen. Und du bist jetzt ein freier Mann. Wenn du eine Untersuchung einleitest, ist es eine gesetzliche Sache! Dann wird auch der Deutsche erschrecken und sich in Unterhandlungen einlassen.«
»Das würde wirklich gehen!« antwortete Muchojarow sinnend. »Du bist nicht dumm, wenn es sich darum handelt, etwas auszudenken, du taugst aber nicht, wenn man etwas ausführen will, und so ist es auch mit Satjortij. Ja, ich werde es ihnen zeigen, warte nur!« sagte er, mit der Faust auf den Tisch schlagend. »Sie werden schon etwas erleben! Ich werde meine Köchin zur Schwester in die Küche schicken; sie wird mit Anissja Freundschaft schließen und alles aus ihr herausbekommen, und dann ... Trinken wir, Gevatter!«
»Trinken wir!« wiederholte Tarantjew. »Und dann werde ich mir den Landsmann hernehmen!«
Stolz machte einen Versuch, Oblomow mitzunehmen, doch dieser bat, ihn nur für einen Monat dazulassen, und tat es so flehentlich, daß Stolz sich erweichen ließ. Wie er sagte, brauchte er diesen Monat, um alle Angelegenheiten zu erledigen, die Wohnung zu vermieten und alles so zu ordnen, um nicht mehr nach Petersburg zurückkommen zu müssen. Dann mußte er alles zur Einrichtung des Gutshauses einkaufen; endlich wollte er eine gute Wirtschafterin, in der Art wie Agafja Matwejewna es war, anwerben, gab auch nicht die Hoffnung auf, sie selbst dazu zu bewegen, das Haus zu verkaufen, aufs Gut zu übersiedeln und sich der ihrer würdigen Tätigkeit, der Leitung einer großen, komplizierten Wirtschaft, zu widmen.
»Sag einmal, Ilja«, unterbrach ihn Stolz, »ich wollte dich fragen, in welchen Beziehungen du zu ihr stehst ...«
Oblomow errötete plötzlich.
»Was willst du damit sagen?« fragte er eilig.
»Das weißt du sehr gut«, bemerkte Stolz, »sonst hättest du keinen Grund zu erröten. Höre, Ilja, wenn dabei eine Warnung etwas nützen kann, bitte ich dich im Namen unserer Freundschaft, vorsichtig zu sein ...«
»Worin denn? Ich bitte dich!« verteidigte sich der verlegene Oblomow.
»Du hast von ihr mit
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