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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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selbst mit dem Lernen fertig war, der Vater ihn von sich fortgeschickt hatte. Auch er schickte den Sohn fort, so war es in Deutschland Sitte. Die Mutter war nicht mehr auf der Welt, und niemand widersprach ihm.
    Am Tage der Abreise gab Iwan Bogdanitsch dem Sohn hundert Rubel.
    »Reite in die Gouvernementsstadt«, sagte er, »dort bekommst du von Kalinnikow dreihundertfünfzig Rubel und läßt ihm das Pferd. Sollte er aber kein Geld haben, dann verkaufe das Pferd; es ist dort bald Jahrmarkt, da gibt man dir sofort vierhundert Rubel dafür. Um nach Moskau zu kommen, brauchst du vierzig Rubel, von dort aus nach Petersburg fünfundsiebzig; es bleibt dir noch genug. Dann tu, was du willst. Du hast mit mir gearbeitet, du weißt folglich, daß ich ein kleines Kapital besitze; rechne aber vor meinem Tode nicht darauf, und ich werde wohl noch zwanzig Jahre leben, wenn mir nicht zufällig ein Stein auf den Kopf fällt. Das Lämpchen brennt noch hell, und es ist viel Öl darin. Du hast eine gute Bildung genossen, dir steht alles offen, du kannst dem Staate dienen, Kaufmann werden oder sogar dichten; ich weiß nicht, was du dir wählst und wozu du die meiste Lust fühlst ...«
    »Ich werde sehen, ob ich das alles nicht auf einmal tun kann«, sagte Andrej.
    Der Vater lachte, so laut er konnte, und begann den Sohn so auf die Schulter zu schlagen, daß selbst ein Pferd es nicht ausgehalten hätte. Andrej machte sich aber nichts daraus.
    »Nun, und wenn du selbst nicht fertig wirst, wenn du dir deinen Weg nicht gleich finden kannst, einen guten Rat brauchst und jemand fragen willst, dann geh zu Reinhold hin; er wird dir helfen. Oh!« fügte er hinzu, indem er die Finger in die Höhe hob und mit dem Kopf wackelte, »das ... das ist ...« (er wollte loben und fand keinen Ausdruck). »Wir sind zusammen aus Sachsen gekommen. Er hat ein vierstöckiges Haus. Ich werde dir die Adresse nennen ...«
    »Das ist nicht nötig, nenne sie mir nicht«, unterbrach ihn Andrej, »ich gehe dann zu ihm hin, wenn ich selbst ein vierstöckiges Haus besitze, und jetzt werde ich auch ohne ihn auskommen.«
    Ein erneutes Klopfen auf die Schulter.
    Andrej sprang aufs Pferd. Am Sattel hingen zwei Taschen, in der einen lag der Gummimantel und waren schwere mit Nägeln beschlagene Stiefel und ein paar Hemden aus Werchljower Leinwand zu sehen – lauter Sachen, die er auf Wunsch des Vaters hin gekauft und mitgenommen hatte; in der zweiten Tasche lagen ein eleganter Frack aus feinem Tuch, ein haariger Überzieher, ein Dutzend feiner Hemden und Schuhe, die er zur Erinnerung an die Ratschläge der Mutter in Moskau bestellt hatte.
    »Nun!« sagte der Vater.
    »Nun!« sagte der Sohn.
    »Hast du alles?« fragte der Vater.
    »Alles!« antwortete der Sohn.
    Sie blickten einander schweigend an, als wollten sie sich gegenseitig mit den Augen durchdringen.
    Unterdessen hatte sich ein Häufchen neugieriger Nachbarn angesammelt, die mit offenem Munde zusahen, wie der Verwalter seinen Sohn in die Fremde fortschickte. Vater und Sohn drückten einander die Hand. Andrej ritt in schnellem Schritte fort. »Wie der junge Hund ist; er hat keine einzige Träne vergossen!« sagten die Nachbarn. »Da sitzen zwei Krähen auf dem Zaun und krächzen, soviel sie können; sie bringen ihm Unglück, wart nur!« – »Was können ihm die Krähen anhaben? Er treibt sich in der Johannisnacht allein im Walde herum; ihnen macht das alles nichts, Brüder. Bei einem Russen würde das nicht so gut ablaufen!« – »Und der alte Heide macht's auch gut!« bemerkte eine Mutter, »er hat ihn wie eine junge Katz auf die Straße hinausgeworfen, hat ihn nicht umarmt und hat nicht geweint!«
    »Halt, halt! Andrej!« schrie der Alte.
    Andrej hielt das Pferd auf.
    »Ah! Das Herz hat wohl gesprochen!« sagte man beifällig in der Menge.
    »Nun?« fragte Andrej.
    »Der Sattelgurt ist zu lose, du mußt ihn fester zusammenziehen.«
    »Ich werde ihn in Ordnung bringen, wenn ich nach Schamschewka komme. Ich darf jetzt keine Zeit verlieren, ich muß, bevor es dunkel wird, ankommen.«
    »Nun!« sagte der Vater, die Hand schwenkend.
    »Nun!« wiederholte der Sohn, mit dem Kopfe nickend, neigte sich nach vorne und gab dem Pferde die Sporen.
    »Ach, die Hunde, das sind wahre Hunde! Wie Fremde!« sagten die Nachbarn.
    Plötzlich ertönte in der Menge ein lautes Weinen; irgendeine Frau hatte nicht länger an sich halten können.
    »Ach, du mein Väterchen!« jammerte sie, sich mit einem Zipfel ihres Kopftuches die Augen

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