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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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brauchen uns nicht um Verzeihung zu bitten.» Sie klang müde. «Sie konnten es ja nicht wissen. Und Ihre Frau   ... Ein Kind zu verlieren kann eine Frau zu seltsamen Dingen treiben. Deswegen hat Ihre Frau getan, was sie getan hat. Und
     unsere Jeanette hatte ihre Gründe für das, was sie getan hat. So oder so, man kann nichts mehr daran ändern.»
    Mehr Absolution konnte Ben nicht erwarten. Er wollte ihr danken, aber als er sie anschaute, sah er, dass ihr Gesicht erschöpft
     und blass war.
    «Sie müssen mich jetzt entschuldigen», sagte sie. Vor lauter Müdigkeit waren ihre Worte kaum zu verstehen. «Ron   ...» Als Antwort stand ihr Mann auf und schob sie schweigend aus der Küche. Ben hörte wieder das Summen |177| des Liftes, dann kehrte ihr Mann mit stoischer Miene zurück.
    «Ist alles in Ordnung mit ihr?», erkundigte sich Ben.
    «Sie ist nur müde. Von der Arthritis. An manchen Tagen ist es schlimmer als an anderen.»
    «Tut mir leid, ich hätte nicht so lange bleiben sollen.»
    «Sie ist froh, dass Sie hier waren.»
    Aber er nahm nicht wieder Platz und lud Ben auch nicht ein, länger zu bleiben. Ben erhob sich und wollte gehen, aber es gab
     noch eine Frage, die er stellen musste. «Glauben Sie, dass Jacob gut bei ihm aufgehoben ist? Bei Cole, meine ich?»
    «Es ist sein Sohn. Er hat ihn die letzten sechs Jahre vermisst.»
    Das war keine Antwort auf Bens Frage. Er formulierte sie anders. «Es ist aber auch Ihr Enkel. Welches Gefühl haben Sie dabei,
     dass Cole ihn aufzieht?»
    Paterson schien seine Antwort abzuwägen. «Ich kenne John Cole nicht mehr. Ich kann nicht sagen, wie er jetzt ist. Als ich
     ihn das letzte Mal gesehen habe, hielt ich ihn für einen äußerst unausgeglichenen Menschen. Und das war, bevor er in Nordirland
     verwundet wurde. Aber es steht mir nicht zu, über ihn zu urteilen.»
    «Und seine Frau?»
    Patersons Miene verfinsterte sich. «Die? Ich habe gehört   ...» Er verstummte.
    «Was?», wollte Ben wissen.
    «Nichts.»
    Ben hätte ihn am liebsten weiter gedrängt, aber er konnte sehen, dass der alte Mann nichts mehr sagen würde. Er ging zur Tür.
    «Kann ich Sie um einen Gefallen bitten?», fragte Paterson plötzlich. «Fotos   ... Wir haben keine. Von Jacob, meine |178| ich. Vielleicht könnten Sie uns welche leihen. Es würde Mary eine Menge bedeuten.» Seine Lippe bebte einen Augenblick. «Nur
     damit wir sehen können, wie er aussieht.»
     
    Auf dem Rückweg versuchte er Radio zu hören, weil er die Stille im Wagen nicht ertrug, schaltete es aber bald wieder aus.
     Die Stille bedrückte ihn zwar, doch das Geplapper und die Musik passten nicht zu seiner Stimmung. Er erreichte die Kreuzung,
     an der er bei der Hinfahrt abgebogen war. Ein Verkehrsschild zeigte die Richtung nach Tunford an. Der Blinker klickte leise,
     der Pfeil auf seinem Armaturenbrett deutete in Richtung Autobahn. Er drückte den Blinker zur anderen Seite und folgte dem
     Schild.
    Er hatte keine Ahnung, warum er es tat. Aber irgendwie konnte er nicht einfach so an dem Ort vorbeifahren, an dem Jacob war.
     Während er sich der Stadt näherte, versuchte er, nicht daran zu denken, so als hoffte er, dass ihm mit einem klaren Kopf schon
     etwas einfallen würde. Als er auf die Hauptstraße mit ihren Läden kam, zog sich sein Magen zusammen, eine Idee stellte sich
     jedoch nicht ein.
Wenn
Coles Wagen nicht da ist, halte ich an und klopfe an die Tür.
Er nahm die erste Abzweigung, die ihn zu dem Haus führte.
Wenn er da ist, fahre ich weiter.
    Eine Gruppe kleiner Jungen spielte mitten auf der Straße Fußball. Widerwillig wichen sie auf den Gehweg aus, damit er vorbeifahren
     konnte. Plötzlich gab es einen Knall, und als er gerade auf die Bremse treten wollte, sah er sie davonlaufen. Sie hatten den
     Ball gegen den Wagen geschossen.
Diese
kleinen Mistkerle.
Sein erleichtertes Grinsen verblasste, als er in die Straße bog, in der die Coles wohnten.
    Der rostige Ford Escort stand vor dem Haus.
    Ben umklammerte das Lenkrad und rang mit sich, ob er |179| trotzdem anhalten sollte oder nicht. Langsam fuhr er vorbei. Er sah die Schrottteile im Garten, die jetzt zu zwei großen Haufen
     aufgetürmt waren und nicht mehr wahllos verstreut dalagen, er sah die Dachrinnen locker von der Traufe hängen, aber er sah
     weder Cole noch Jacob. Unentschlossen fuhr er weiter, bis das Haus aus dem Rückspiegel verschwand, und dann war es zu spät.
     Er hatte den Moment, wo er hätte aussteigen können, verpasst.
    Bedrückt, als

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