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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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wäre er bei einer Art Test durchgefallen, fuhr er weiter. Die Straße schlängelte sich an den letzten Häusern
     vorbei und führte hinter der Siedlung einen Berg hinauf. Ben war ihr bisher noch nicht so weit gefolgt, aber er wollte nicht
     wenden und erneut an Coles Haus vorbeifahren. Der Berg war mit Büschen und Gestrüpp bewachsen, sodass er die Stadt bald nicht
     mehr sehen konnte. Kurz vor dem Gipfel gab es einen überwucherten Rastplatz, der zu einem verschlossenen und mit Nesseln bedeckten
     Holzgatter führte. Instinktiv bog er auf den Platz und schaltete den Motor aus. Der tickte wie eine Zeitbombe, während er
     abkühlte. Ben blieb eine Weile im Wagen sitzen und stieg dann aus.
    Der Wind war stärker geworden. Er blähte seine Jacke auf, brachte seine Augen zum Tränen und zerzauste sein Haar. Das Feld
     hinter dem Gatter fiel steil zu einer gefluteten Kiesgrube ab. Jede Böe kräuselte die Wasseroberfläche wie eine Gänsehaut.
     Er wandte sich ab und ging auf die andere Straßenseite. Vor dem Wald erhob sich eine alte, verwitterte Steinmauer. Durch die
     Bäume konnte er die Häuser unten sehen. Die Äste schlugen im Wind, die wenigen Blätter waren mal dunkelgrün, mal hellgrün,
     als sie umherpeitschten. Das Laub am Boden wirbelte durch die Luft. Ben steckte die Hände in die Taschen und stemmte sich
     gegen den Wind. Er hatte das Gefühl, dass er von allem losgerissen worden |180| war, was ihm Halt gegeben hatte, und dass er kurz davor war, davongefegt zu werden.
    Ein Teil der Mauer war eingestürzt und nur noch ein kleiner Haufen einzelner Steine. Ihre Oberseite war mit rostigem Stacheldraht
     versehen, doch die Pfähle, an denen er befestigt gewesen war, waren auch umgeknickt. Ben stieg hinüber in den Wald, der vor
     allem aus verkrüppelten Eichen bestand. Er bahnte sich einen Weg durch das Buschwerk und konnte die Stadt bald nicht mehr
     sehen. Er kam auf einen Weg, kaum mehr als ein Trampelpfad, dem er folgte. Wohin er führte, war ihm egal, er wollte sich nur
     eine Weile in der unbekannten Landschaft verlieren. Der Pfad schlängelte sich quer durch die Bäume den Hang hinab und war
     hin und wieder von Wurzeln durchzogen. Er war so uneben, dass Ben aufpassen musste, wohin er seine Füße setzte, und als er
     mit einem Mal aus dem Wald auf einen offenen Hang trat, war er überrascht, wie nah er den Häusern gekommen war.
    Die Gärten grenzten wie ein ungleichmäßiger Flickenteppich an das Feld am Fuß des Berges. Hinter den Häusern konnte er das
     Asphaltband der Straße sehen, der er hinauf zum jetzt rechts von ihm liegenden Gipfel gefolgt war. Welches Haus Coles war,
     konnte er nicht erkennen, er glaubte aber, dass es nicht weit weg sein dürfte.
    Er kehrte in den Wald zurück und folgte der Richtung, in der er es vermutete. Er war sich nicht sicher, warum er nicht einfach
     über das offene Feld ging, doch etwas in ihm wollte nicht gesehen werden, weder von Cole noch von jemand anderem. Abseits
     des Pfades war das Gras höher und noch feucht vom letzten Regen, und bald war der Saum seiner Hosenbeine durchnässt. Während
     er den Hang entlangrutschte, versuchte er abzuschätzen, wo an der Straße das |181| Haus der Coles war. Aber er hätte es kaum verfehlen können.
    Als er das nächste Mal haltmachte, um sich zu orientieren, erkannte er es sofort. Auch die Rückseite des Grundstücks war ein
     kleiner Schrottplatz und mit einem Haufen aus Metallteilen verschandelt. Ben ging weiter durch den Wald, bis er direkt hinab
     auf den Schrott schauen konnte. Jetzt sah er, dass es kein geschlossener Haufen war, wie er erst angenommen hatte. In der
     Mitte gab es eine freie Stelle.
    Und dort waren Cole und Jacob.
    Die Baumgrenze war ungefähr hundertfünfzig Meter vom Garten entfernt, zu weit, um Einzelheiten zu erkennen, aber Ben wusste,
     dass es die beiden waren. Jacob saß auf etwas Niedrigem am Boden. Er war mit einem Gegenstand in seinen Händen beschäftigt,
     und obwohl Ben nicht sehen konnte, was es war, vermutete er, dass es sich um irgendein Geduldspiel handelte. Bei dem vertrauten
     Anblick bekam er einen Kloß im Hals.
    Cole stand breitbeinig, kaum einen Meter entfernt hinter seinem Sohn und hielt mit beiden Händen einen Gegenstand hinter seinem
     Nacken. Er sah schwer aus. Cole stemmte ihn langsam über den Kopf, senkte ihn dann vor sich hinab, bis er ihn an ausgestreckten
     Armen genau über Jacobs Kopf hielt.
    Ben zuckte zusammen, doch Cole hob das Gewicht bereits wieder an.

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