Obsession
üblichen Platz vor
dem überwucherten Gatter und nahm seine Tasche sowie den Koffer mit den Objektiven aus dem Kofferraum. Ein älteres Paar mit
einem Yorkshireterrier warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, als er, schwerfällig durch seine Ausrüstung, über die eingestürzte
Mauer stieg. Er lächelte vertrauensvoll zurück und hoffte, dass sie ihn weder wiedererkennen würden noch ahnten, was er in
seinen Taschen hatte.
Da ein leichter Nieselregen einsetzte, als er sein Versteck erreicht hatte, zog er die wasserdichten Schutzhüllen über Kamera
und Objektiv. Es war kalt und nass zwischen den Bäumen, der Winter nahte. Obwohl Ben zitterte, spürte er eine gewisse Vorfreude,
als er die Kamera auf das Haus richtete. Sandra saß in ihrem Bademantel in der Küche, teilweise von der Reflexion des Gartens
auf der Fensterscheibe verdeckt. Ben schraubte einen Polarisationsfilter auf das Objektiv, |225| der es ihm ermöglichte, durch das Glas zu schauen. Es war eine neue und teure Anschaffung, die ihren Preis jedoch wert war.
Mit dem Filter vor dem Objektiv konnte er wesentlich mehr im Haus erkennen.
Er fasste wieder in seine Tasche und holte den kleinen Kassettenrecorder und das Ansteckmikrophon hervor. Beides hatte er
unterwegs in dem Elektronikladen gekauft. Er steckte das Kabel in den Recorder und klemmte dann das Mikrophon an die Hörmuschel
seines Handys. Noch im Laden hatte er überprüft, ob das Mikrophon sowohl seine Stimme als auch die des Anrufers aufzeichnete.
Die Klangqualität war nicht überragend, aber er brauchte keinen Hi-Fi-Sound. Nur Beweise.
Er sah sich um, um sich zu vergewissern, dass niemand im Wald war. Das Letzte, was er brauchte, war irgendein Hundehalter,
der ihn belauschte. Zufrieden schaute er wieder durch den Sucher. Sandra Cole war noch immer in der Küche und rauchte eine
Zigarette. Nicht weit von ihr entfernt hing das Telefon an der Wand. Ben hatte hin und wieder gesehen, wie sie einen Anruf
entgegengenommen hatte, obwohl sie selbst nie jemanden anzurufen schien. Es befand sich am hinteren Ende des Raumes, mit dem
neuen Filter auf dem Objektiv würde er sie dort aber deutlich sehen können. Ohne den Blick vom Sucher zu nehmen, schaltete
er den Recorder ein und wählte die Nummer der Coles.
Das Freizeichen in seinem Handy fiel mit einem verärgerten Blick von Sandra zum Telefon zusammen. Sie schob den Stuhl zurück
und ging hinüber, um abzunehmen.
«Hallo?»
Die schwache Wiedergabe ihrer Stimme synchronisierte die Bewegung ihrer Lippen. Im Hintergrund konnte er den blechernen Klang
eines Radios hören. Es überraschte ihn. |226| Er war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Küche für sie genauso still war, wie sie für ihn wirkte. Er warf
einen Blick auf den Kassettenrecorder, um sicherzustellen, dass er lief.
«Hier ist Ben Murray», sagte er. «Ich dachte, ich erinnere Sie daran, dass an diesem Wochenende mein Besuchstag ist.»
Das Mikrophon drückte gegen sein Ohr wie ein kalter Knopf. Es war eine Kompromisslösung, die er ein paar Tage zuvor gefunden
hatte. Er musste zumindest versuchen, sein Recht auf Umgangskontakt durchzusetzen, er wusste jedoch, dass er durch eine weitere
Konfrontation mit Cole nichts erreichen würde. Auf diese Weise könnte er beweisen, dass er den Versuch unternommen hatte,
und vielleicht ein paar belastende Worte von Sandra aufzeichnen. Die abgesagte Fotosession gab ihm die Gelegenheit, ihre Reaktion
nicht nur zu hören, sondern auch zu beobachten.
Die anklagende Stimme in seinem Kopf, die höhnte, dass er nur Cole aus dem Weg gehen wolle, weil er Angst vor ihm hatte, versuchte
er nicht zu beachten.
«Es ist also in Ordnung, wenn ich Sonntagvormittag komme und Jacob abhole?», fuhr er fort.
Im Telefon war ein übertriebenes Seufzen zu hören. Im Sucher sah er, wie sich synchron dazu ihre Brust hob und senkte. «Sind
Sie bescheuert, oder was?»
«Ich habe jeden vierten Sonntag das Recht auf Kontakt. Dieses Wochenende ist es wieder so weit.»
Ben beobachtete, wie sie an der Zigarette zog und verärgert den Rauch ausblies. Das Revers des Bademantels lockerte sich.
«Und wennschon.»
«Letztes Mal haben Sie verhindert, dass ich ihn mitnehmen kann. Wollen Sie mir sagen, ich darf ihn wieder nicht sehen?»
|227| Er wollte, dass sie es für den Kassettenrecorder aussprach, aber entweder war sie von Natur aus argwöhnisch, oder sein Ton
hatte sie alarmiert. Ihre Stimme wurde
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