Occupy Economics
dieselbe Buchung »Kunde an Kasse«. An diesem Vorgang kann man die enge Verbindung der Anbieterseite der Marktwirtschaft mit dem Bankwesen erkennen. Die Bank war ursprünglich der Tresor des Kaufmanns. Schlaue Kaufleute haben schon im Mittelalter eigene Banken gegründet und mit den Geldeinlagen bedeutende Herrscherhäuser finanziert. Schlaue Bürger haben sich später als Genossen zusammengetan und eigene Banken gegründet, um sich selbst zu helfen, schlaue Gemeinden haben erkannt, dass sie dem Bürger und kleinen Handwerkern helfen können, indem sie in öffentlichen Sparkassen die Spargroschen der Bürger einsammelten. Die Banken waren ursprünglich Geldwechsler, sie begannen aber auch, als Treuhänder der Kaufleute Wertgegenstände aufzubewahren, für das tägliche Geschäft praktischerweise Gold in Münzen oder Barren, wofür ihnen die Banken Quittungen ausstellten. Eines Tages begannen die Kaufleute, nicht mehr mit Gold zu bezahlen, sondern gaben nur noch die Quittungen weiter. Das Papiergeld war erfunden. Auf den Quittungen garantierte die Bank den Tausch des Papiers gegen eine bestimmte Menge Gold. Das war die sogenannte Golddeckung. Der US-Dollar hatte bis zum August 1971 Golddeckung. Jeder konnte seine Papier-Dollars zum Preis von damals 35 Dollar je Feinunze gegen Gold eintauschen. Hat natürlich niemand gemacht, aber in der Tat wurde in Fort Knox zu diesem Zweck sehr viel Gold aufbewahrt, zumindest hat die FED bis dahin den Eintausch garantiert. In der Schweiz müssen noch heute 40 Prozent des im Umlauf befindlichen Geldes bei der Nationalbank in Gold hinterlegt sein. Heute werden noch immer große Mengen an Goldreserven der Staaten dort und in anderen Zentralbanken aufbewahrt.
Um sich den Sinn zu erschließen, muss man vom Begriff des Geldes ausgehen. Der Begriff Geld hat seinen Ursprung im indogermanischen »gehld« stehend für »Gold« und »Geltung«. Und in der Tat setzt sich der Charakter des Goldes in unserem alltäglichen Geld fort, denn das Edelmetall Gold zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus, die sich auch das Geld zu eigen gemacht hat. Kleine Größe, leicht transportierbar, leicht lagerbar, unverderblich, leicht erkennbar, wertbeständig. In der Tat kann man sagen, das, was wir alle in der Tasche haben, ist Gold. Wenn das heute nicht mehr ganz so ist wie vor 60 Jahren, als es noch Golddeckung gab, dann möge man trotzdem gedanklich der nachfolgenden Fiktion folgen (die vielleicht gar keine Fiktion ist):
Wir sind alle Goldbesitzer, wie die früheren Kaufleute mit ihren Quittungen. Die staatliche Gewähr, die hinter der »Währung« steckt, verleiht dem Geld heute den Goldstatus, also den unveränderlichen Wert. Das, was das System heute infrage stellt, ist die Loslösung vom Goldstandard von vor 60 Jahren. Die Befreiung hatte zur Folge, dass auch große Währungsbewegungen nicht mehr durch Goldbewegungen im Keller der Zentralbanken nachvollzogen werden müssen. Aus dem Geld-Gold-System wurde ein reines Buchhaltungssystem mit »Soll und Haben« – so auch der Name der bekannten beiden Tower der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Die Befreiung von der Golddeckung ermöglichte den Banken, praktisch unbegrenzt Giralgeld zu schöpfen. Die Hinterlegung eines Geldbetrages bei einer anderen Bank, also die Umbuchung auf dem Konto der Bank bei der Zentralbank auf ein Konto einer anderen Bank, erlaubt dieser, es je nach vorgeschriebener Deckungsquote als Eigenkapital auszuweisen und damit ein Vielfaches davon bei der Zentralbank zu leihen und das dann als Kredit zu vergeben. Die Explosion der Finanzmärkte ist in der Systematik der Geldleihe unter Banken untereinander vorprogrammiert. Wir leben also heute tatsächlich mit einem goldartigen oder goldähnlichen Geld, ohne dass es noch eine Golddeckung hätte.
Das könnte gut gehen, indem man dem Geld/Gold die Funktion belässt, die es ursprünglich hatte, nämlich die kaufmännische Funktion als Tauschmittel für die Märkte oder die Aufbewahr- und Finanzierungsfunktion für das Bürgertum. Bei der Finanzierung ihrer Defizite verfielen die Staaten, die sich durch die Einrichtung von Zentralbanken richtigerweise das Geldmonopol angeeignet hatten, auf die Idee, nicht nur den Goldwert ihrer Währung zu garantieren, sondern auch noch ihre Schuldpapiere. Staatsanleihen erhielten durch die staatliche Gewähr (AAA, das heißt mündelsicher) doppelten Goldstatus, sowohl in der Währung als auch in der Schuld.
Das Kreditsystem der Banken
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