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Occupy Economics

Occupy Economics

Titel: Occupy Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Josef Hoffman
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Deutschland verloren ging. Ihr wichtigster Protagonist, Gustav Schmoller, starb im Jahr des Kriegsendes 1917. Die Krise 1929 gab ihrer Idee den Rest. Fortan kamen die großen Ideen aus dem angelsächsischen Raum, Keynes, Galbraith, ­Friedman, um nur einige zu nennen, während vor dem Ersten Weltkrieg noch alle Welt nach Deutschland gereist ist und den Dialog mit den hiesigen Gelehrten gesucht hat. Danach spielten noch die europäischen Liberalen um von Hayek und von Misses eine gewisse Rolle, aber an der Dominanz der anglo-amerikanischen Ökonomik ändert das nichts, es verstärkt sie wahrscheinlich sogar noch. Allerdings regt sich seit einigen Jahren innerhalb der europäischen Wissenschaft Widerstand. Da gibt es Leute, die bezeichnen die herkömmliche Lehre als autistisch, meinen damit ihre Enge, ihre Scheuklappen und haben eine Bewegung, die Post-Autisten, gegründet. Ich sehe bisher allerdings nicht, dass sie sich wirklich von der Methodik der Neoklassik lösen können, da sie in den regulären Wissenschaftsbetrieb eingebunden sind. Der Harvard-Ökonom John Kenneth Galbraith ersann vor 22 Jahren eine erfolgreiche Kunstfigur, die erkannte, dass man keine Professur auf Lebenszeit bekommt, »wenn man zu nah am richtigen Leben forscht« 28 . So ist das wohl auch bei den Post-Autisten. Aber man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben. Jedenfalls formulieren sie ihre Kritik heftig, und die Zahl ihrer Mitstreiter wächst.
    21 Peter Bofinger: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 1. Auflage, München 2003.
    22 Bofinger, a.a.O. Seite 117.
    23 Bofinger, a.a.O. Seite 229 ff.
    24 Bofinger, a.a.O. S. 286.
    25 Bofinger, a.a.O. S. 291.
    26 Bofinger a.a.O. S. 68 ff.
    27 Vogl, a.a.O.: »Wie soll man auch eine Misere mithilfe einer Theorie erklären oder verbessern, wenn die Misere durch die Anwendung der Theorie entstanden ist«, fragt Joseph Vogl in »Das Gespenst des Kapitals«?
    28 Jean Heuser in Die Zeit Nr. 17 a.a.O.

7. Das unselige Kartellrecht (occupy antitrust)
    Zuletzt ist es gerechtfertigt, noch einmal auf ein Thema zurückzukommen, das in seiner negativen Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: Das Kartellrecht, ursprünglich im Jahr 1881 in den USA eingeführt als Sherman Antitrust Act. Der Siegeszug nach Europa nach dem Jahr 1956 war eine Kriegsfolge. Darauf wurde schon eingegangen. Aber weshalb ist das Kartellrecht im Kern so falsch, so verwerflich? Die Verfechter des Kartellrechts argumentieren damit, dass es den Wettbewerb schütze. Der Wettbewerb als Motor der Innovation sei unverzichtbar.
    Der gedankliche Fehler des kollektiven Wettbewerbsrechts liegt in der Überhöhung, in der Ideologisierung des Begriffs »Wettbewerb« und die Konzentration auf einen einzigen Aspekt, nämlich das konkrete Verhalten des einzelnen Marktanbieters auf dem Markt. In den zahllosen Diskussionen wurde ich von den Befürwortern unseres Kartellrechts nicht selten als Erstes gefragt, ob ich gegen Wettbewerb sei, was ich stets wahrheitsgemäß verneinte beziehungsweise mit der Gegenfrage beantwortete, welche Art von Wettbewerb denn gemeint sei. Denn nach meinen Beobachtungen und Überlegungen gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die am Ende konkreten Einfluss auf das Marktgeschehen haben, insbesondere auf das Angebot, auf dessen Qualitätsstruktur und natürlich auch auf die Preisbildung. Die wichtigsten Einflussfaktoren liegen alle außerhalb der Marktsphäre, der Katallaxie. Sie liegen im Bereich der Haus- und Betriebswirtschaft, im Bereich von Forschung von Wissenschaft, in der staatlichen Planung oder Weichenstellung. Besonders wichtig sind die strategischen Komponenten, man denke nur an die gigantische deutsche »Energiewende« (Röttgen hin – Altmaier zurück?), die aus großen Monopolisten (Eon, Vattenfall, RWE, et cetera) arme Würstchen mit Milliarden-Verlusten gemacht hat. Oder auch im »Kleinen« ist der staatliche Einfluss dominierend: Man denke nur an das staatliche Planungsrecht, die Baunutzungsvorordnung oder den Flächennutzungsplan, die das Flächenangebot für Handel, Gewerbe, Industrie, Wohnen und Verkehr regeln. Hier nehmen Tausende von Gemeinderäten tagtäglich in allen Bereichen gezielt Einfluss auf die Wettbewerbssituationen.
    Was das Wettbewerbsrecht auch ignoriert, weil es gar nicht fassbar ist, ist der Wettbewerb der Märkte untereinander. Gemeint ist damit nicht nur der »substitutive Wettbewerb«, also der zwischen Fisch und Fleisch, zwischen Nudeln und Kartoffeln, zwischen Bahn und Auto,

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