Occupy Economics
der Zugabenverordnung), der ein Ausbluten der ganzen Lebensmittelbranche zur Folge hatte und hat.
Deshalb sind hohe, angemessene Preise wichtig, also der Wohlstand der Unternehmen, und nicht vorrangig der Vorteil des Verbrauchers. Denn im Ergebnis wird der Staat von einer prosperierenden Wirtschaft, letztlich also in einem sozialen Kapitalismus, den wir heute Soziale Marktwirtschaft nennen, von der Notwendigkeit des Versorgungsdenkens befreit, weil die Unternehmen die Versorgungsaufgabe übernommen haben. Deshalb: Der Staat kann die Umwelt schützen, ohne auf den Ruf der Bevölkerung nach Erleichterung durch niedrigere Preise oder Hilfe durch zusätzliche Einkommen zu hören. Da die vonseiten des Staates erzeugte Knappheit den Ressourcenverbrauch reduziert und die neue Mangelsituation zugleich zusätzliche Leistungen, also Beschäftigung, erfordert, wird der Staat auch aus der Wachstumsfalle befreit.
Wenn man also der Gemeinschaft, den staatlichen und überstaatlichen Behörden, die Aufgabe stellt, den begrenzt verfügbaren Teil der Welt zu schützen und seinen Verbrauch so zu beschränken, dass der Naturhaushalt nicht gestört werden kann, dann wäre damit die staatliche Aufgabe formuliert.
6.7 Bedingungsloses Grundeinkommen (basic income)
Die halbwegs gerechte Einkommensverteilung innerhalb der Gesellschaft benötigt allerdings noch eine Komponente, die auch außerhalb der Betriebe für einen Ausgleich der Einkommensungleichgewichte sorgt. Ein solcher Ausgleich zwischen Haushalten, also ein Ausgleich der Haushaltseinkommen untereinander, kann nur staatlicherseits organisiert werden, weil alle Haushalte einbezogen werden müssen. Ich spreche vom viel besprochenen bedingungslosen Grundeinkommen (BGE).
Ich bin ein Anhänger des BGE, allerdings mit einem eigenen Modell. Ich meine, dass die heute diskutierten Modelle allzu sehr von Anspruchsdenken geprägt sind, namentlich vom Anspruch auf ein Existenzminimum. Ein BGE hat nichts mit Sozialhilfe zu tun. Es hat damit zu tun, die Wertschöpfung halbwegs gerecht – quasi als Dividende – auf die Bevölkerung zu verteilen. Bei einer Dividenden-Zahlung fragt auch kein Unternehmen den Aktionär: »Reicht Dir das zum Leben?«, sondern der Empfänger bekommt das Geld einfach so, einzige Bedingung: Er ist im Besitz einer Aktie. Genauso ist das beim BGE: Voraussetzung ist: Du bist ein erwachsener Mensch. Es wäre Unsinn, an jemanden ein BGE auszubezahlen, einen Einkommensausgleich herzustellen, wenn er selbst nicht am Einkommensprozess teilnehmen kann.
Für mich ist ein BGE eine gesellschaftliche Umverteilung von Einkommen, aber ganz stringent angebunden an die Leistungsfähigkeit und die Leistungswilligkeit einer Gesellschaft. Die Einkommen werden gemessen an den Zahlungen, die über den Markt gehen. Der Staat kassiert davon Einkommensteuer. Diese Staatseinnahmen aus Einkommensteuer sollte man erst teilweise, am Ende vollständig für die Zahlung eines BGE verwenden.
Wer viel verdient, zahlt heute hohe Steuern, die der Staat kassiert und verbraucht. Wenn man die Staatseinnahmen im Wesentlichen auf die Umsatzsteuer beschränkt und die Einkommensteuer zurückverteilt, würde gesellschaftlich insgesamt dadurch eine Versorgungsgröße geschaffen, die den Staat noch stärker von der Versorgungsaufgabe befreit. Ein BGE wäre auch deshalb wichtiger Bestandteil der Gesamtmaßnahmen, weil die Preis- und Einkommenssteigerungen, die durch die Verknappung des Verbrauchs an Ressourcen ausgelöst werden, besser und schneller gepuffert würden. Auch der Staat würde freier im Hinblick auf die Bewältigung seiner Schutzaufgaben.
Ein solches BGE hätte nichts mit Sozialhilfe zu tun oder einem existenzsichernden Einkommen. Die Höhe wäre erst einmal weit geringer und außerdem variabel. Es könnte auch monatlich anfangs 31,20 Euro betragen oder 44,89 Euro, was in der Summe jährlich 22,5 oder 32,3 Euro Milliarden wären, also Summen, die in Relation zu unserem Bundeshaushalt stehen. Sollte nämlich ein solches Einkommen die Menschen veranlassen, weniger zu arbeiten und zu verdienen, was bei dieser Größenordnung noch nicht zu erwarten ist, dann würde das auch sofort in der Höhe der Dividende bemerkbar und würde den Leistungsdruck wieder erhöhen. Ein BGE wäre sozusagen einerseits eine Luxuskomponente der Sozialen Marktwirtschaft, ein kleines Druckventil zur Befreiung des Individuums von Leistungsdruck, andererseits eine Entlastung der Sozialhaushalte von Bund, Ländern und
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