Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
es unten an der Tür läutete. Vor dem Haus wurde eine Autotür zugeworfen. Ich erhob mich auf die Knie und beugte mich übers Bett, um aus dem Fenster zu schauen. Glücklicherweise hatte ich es geschlossen gelassen, denn sonst wäre ich vermutlich kopfüber in den Garten gefallen.
Draußen sah ich Simon. Meinen Simon, der gerade auf dem Weg nach Hause war und den Steinplattenpfad zum Nachbargrundstück entlangging. Sein Haar war länger und weniger ordentlich als sonst. T-Shirt und Jeans waren mit Farb- und Ölflecken verschmiert. Seine gebräunten Arme sahen umwerfend kräftig und muskulös aus.
Mir wurden die Knie weich, meine Kehle schnürte sich zusammen, und meine Beine versagten mir den Dienst. Plötzlich wollte mein ganzer Körper nur noch eins: in diese Arme sinken.
»Ich bin hier«, flüsterte ich und legte eine Hand an die Scheibe. »Hier oben. Du musst nur hochschauen. Bitte, schau zu meinem Fenster.«
Aber das tat er nicht. Er ging ins Haus, ohne einen Blick in meine Richtung zu werfen.
Ich sank in mich zusammen. Erinnerte der Anblick unseres Hauses ihn denn gar nicht mehr an mich? War es schon so weit, dass er mich total vergessen hatte?
Mir blieb nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Obwohl ein kleiner Teil meines Gehirns mich warnte, dass er mehr Zeit und Freiraum brauchte, sprang ich vom Bett, stürmte durchs Zimmer und riss die Tür auf.
»Ach, hallo.«
Ein Ehepaar stand vor mir im Flur. Fast wäre ich automatisch wieder ins Zimmer geflüchtet und hätte die Tür vor den beiden zugeschlagen
Der Mann lächelte mir entgegen. Er hatte blondes Haar, braune Augen … und eine sehr hübsche Frau, deren Gesicht abweisend gefror, als sie mich sah.
»Wohnen Sie hier?«, fragte mich der Mann.
»Ja«, antwortete ich. »Also, fast. Das Haus gehört meiner Familie.«
»Es ist wunderschön«, sagte er.
»Vor allem ist es alt «, fügte seine Frau hinzu.
Falls er ihren scharfen Tonfall bemerkte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. »Wann ist es denn gebaut worden?«
Ich zögerte. Bis vor ein paar Sekunden hatte ich die Jahreszahl noch gewusst. Sie gehörte zu dem guten Dutzend Fakten, die ich auswendig gelernt hatte, bis ich sie im Schlaf herunterrasseln konnte.
»Neunzehnhundertvierzig«, schätzte ich schließlich. Ungefähr musste das wohl stimmen.
»Damit ist es doch mitten in den besten Lebensjahren.« Er hielt mir seine Hand entgegen. »Brian Corwin.«
Seine Frau schaute zwischen uns hin und her und verzog die Lippen zu einem steifen Lächeln. Ihr Blick sagte mir deutlich, dass ich sorgfältig darüber nachdenken sollte, ob ich ihren Brian anfasste.
»Vanessa Sands.« Ich hob die Hand zu einem angedeuteten Winken und nickte in Richtung der Treppe. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden, ich muss dringend –«
»Wieso wollen Sie verkaufen?«
Ich schaute ihn an. »Bitte?«
»Das Haus ist in einem fantastischen Zustand, hinreißend gemütlich und liegt direkt am See. Genau das, was man von Winter Harbor erwartet … nun ja, jedenfalls bis letzten Sommer.« Er zuckte mit den Schultern. »Also muss Ihre Familie einen guten Grund haben, hier wegzuziehen.«
Da fiel mir eine ganze Menge ein: schlechte Erinnerungen – gute Erinnerungen – die gefährliche Nähe zu Süßwasser – unser verzweifeltes Bedürfnis nach einem Neuanfang. Aber einem potentiellen Käufer konnte ich nichts davon erzählen. Das hätte bloß zu weiteren Fragen geführt. Außerdem wusste ich aus bitterer Erfahrung, dass Brian nicht wirklich an einer Antwort interessiert war, sondern nur an mir . Weil sein Körper ihm signalisierte, dass ich seine Traumfrau war.
»Vielleicht ist der Grund die ganze düstere Holzverkleidung«, schlug seine Frau vor, als ich nicht gleich antwortete. Ihre Stimme klang angestrengt liebenswürdig. »Oder die abblätternden Tapeten. Oder der verblichene Teppichboden. Oder die bröckelnde Eingangstreppe. Oder vielleicht …«
»Vor drei Minuten hast du noch behauptet, das Haus würde voller wunderbarer Möglichkeiten stecken.« Brians Lächeln war verschwunden. »Du warst ganz wild darauf, es wieder auf Vordermann zu bringen.«
Der Druck auf meiner Brust wurde immer unerträglicher, und ich fühlte die Haut auf meinem Gesicht, dem Hals und den Armen trocknen. Meine Finger zuckten, um den Juckreiz wegzukratzen, aber stattdessen griff ich nur nach der Wasserflasche, die ich in der Tasche meines Sweatshirts herumtrug. Während Brian und seine Frau miteinander stritten,
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