Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
mörderische Meerladys, die man auch … Sirenen nennt.«
Ich hörte auf, gegen meinen Körper anzukämpfen.
Und stürzte ohnmächtig zu Boden.
Kapitel 4
D as Wasser war kalt. Bitterkalt. Im Vergleich dazu hatte sich der Bostoner Hafen immer wie eine warme Wanne angefühlt. Jeder normale Mensch hätte sich kaum bis zu den Knöcheln hineingewagt. Um dieses aufgewühlte Meer zu genießen, musste man schon ein verrückter Abenteurer sein oder ein Surfer mit lebenslanger Erfahrung und dickem Neoprenanzug.
Ich war weder verrückt noch ein normaler Mensch. Mit nichts bekleidet als meinem Badeanzug vergaß ich beim Schwimmen die Zeit und tauchte in unbekannte Tiefen. Ich konzentrierte mich nur auf meinen Körper. Rhythmisch dehnte sich meine Lunge, und meine Brust wurde abwechselnd mit Wärme und Kälte gefüllt, während meine Muskeln sich streckten und zusammenzogen. Zuerst gierte ich nach Salzwasser wie ein erschöpfter Sprinter, der am Ende eines Wettrennens nach Luft schnappt. Aber mein Körper stellte sich schnell um, und bald wurde mein Atem gleichmäßiger.
Es fühlte sich so wunderbar natürlich an, dass ich unter Wasser blieb, bis das Meer sich abendlich dunkel zu färben begann.
Dann schwamm ich zurück an den Strand, wo Mom auf mich wartete.
»Siebenundneunzig Minuten«, sagte sie. »Aber denk nicht, dass ich mir Sorgen mache.«
Lächelnd griff ich nach dem Handtuch, das sie mir entgegenhielt. »Danke.«
»Na, wie war das Wasser?«, fragte sie, als wir auf die Ufertreppe zugingen.
»Genial. Ein bisschen kalt, aber sonst genial.«
Wir durchquerten den Garten und kamen bei der Terrasse vor meinem Zimmer an.
»Fühlst du dich besser?«, wollte Mom wissen.
Ich brauchte einen Moment, um zu antworten, denn ich war zu abgelenkt von dem Anblick, der sich mir bot. Ein Feuer flackerte in dem eisernen Terrassenofen, den Mom heute gekauft hatte. Der Tisch war mit Tellern gedeckt, und mehrere zusammengelegte Fleecedecken warteten auf einem neuen Gartensofa.
»Mir geht’s prima«, versicherte ich. »Was ist denn das?«
»Nur ein kleines Willkommensgeschenk. Wir waren alle so beschäftigt, dass wir noch gar keine Gelegenheit hatten, uns zusammenzusetzen und unser neues Ferienhaus zu genießen.« Sie winkte mich zu dem Sofa und begann, einen Teller vollzufüllen.
»Soll ich Dad holen?«
Sie schaute durch den Garten zum anderen Ende des Bungalows. Als ich ihrem Blick folgte, sah ich durch die gläserne Küchenwand, wie Dad gerade in einem Topf rührte.
»Ich habe ihm das Dessert überlassen«, sagte sie. »Er kommt nach, wenn er fertig ist.«
Ihre Stimme war so energisch, dass ich mich automatisch setzte und mir eine Decke umlegte. Zwar war ich noch erhitzt vom Schwimmen, aber die Abendluft war kühl, und es würde nicht lange dauern, bis meine Körpertemperatur sank.
Mom reichte mir den Teller, nahm sich selbst einen und setzte sich auf den Stuhl neben mich.
»Ich habe heute Nachmittag mit Anne gesprochen«, sagte sie.
Das Hamburger-Brötchen flutschte mir aus der Hand und landete auf dem Boden. Ich nahm mir ein neues. »Ach ja?«
»Sie hat gesagt, der Besichtigungstag war ein voller Erfolg.«
Ich schaute sie an. »Hat jemand ein Angebot gemacht?« Dann hatte sich mein abscheuliches Verhalten wenigstens gelohnt.
»Noch nicht.« Sie biss in ihren Burger und kaute. »Aber Anne meinte, es seien mehr Interessenten gekommen als erwartet. Immerhin ist der Tourismus am Boden, und es gibt im Moment viel zu viele freie Immobilien.«
»Da war dieser Typ …«
Mom legte den Kopf schräg und hob die Augenbrauen.
»Ich habe eine Weile mit ihm und seiner Frau geredet. Die beiden schienen über einen Kauf nachzudenken. Ich glaube, er hieß Brian?«
Mom nickte. »Mr Corwin. Ja, Anne hat ihn erwähnt. Anscheinend war er kurz davor, den vollen Preis in bar auf den Tisch zu legen, aber seine Frau hat ihn davon abgehalten. Die beiden sind sich richtig in die Haare geraten. Anne musste sie bitten, ihren Streit vor der Tür fortzusetzen. Danach sind sie nicht wiedergekommen.«
Mir wurde das Herz schwer. Ich griff nach meinem Salzwasserglas auf dem Tisch. »Das ist schade.«
»Vielleicht überlegen sie es sich noch. Nicht jeder trifft seine Entscheidung so schnell wie wir.«
»Die meisten haben auch keinen Grund dazu.«
Sie hielt im Kauen inne und schluckte. »Okay, ja.«
Danach aßen wir schweigend. Genauer gesagt fuhr Mom mit dem Essen fort, während ich ein Glas nach dem anderen trank. Ich war erst vor ein
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