Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
vertuscht haben?«
»Genau. Charlotte hat die Polizisten umgarnt, die dabei waren. Also würde von denen keiner plaudern. Vielleicht waren die Ferienhäuser am See doch nicht leer, wie wir dachten?« Und als wolle sie sich selbst überzeugen, fuhr sie fort: »Aber ist auch egal. Falls es Augenzeugen gab, haben sie bestimmt das verrückte Wetter verantwortlich gemacht. So wie immer. Und die Leute, die du gehört hast, haben nur rumgerätselt.«
Ich zögerte, bevor ich mit der schlechten Nachricht herausrückte. »Der See war nicht das Einzige, worüber sie gesprochen haben.«
Paige schluckte. »Was denn noch?«
Ich schloss die Augen und erinnerte mich an die gedämpften, aufgeregten Stimmen. Ich flüsterte regelrecht, als ich hinzufügte: »Einer sprach von einer Horrorstory. Über mörderische Meerladys. Wesen, die man auch –«
Ein lautes Krachen ertönte durch die Leitung. Paige stieß einen spitzen Schrei aus. Ich fuhr erschrocken zusammen.
»Sorry, Vanessa, kann ich dich später zurückrufen? Louis beehrt uns gerade mit einem weiteren seiner bühnenreifen Wutanfälle.«
»Klar«, sagte ich und war ein bisschen erleichtert. Bloß weil wir dringend über das Thema reden mussten, hieß das nicht, dass ich Lust dazu hatte. »Viel Glück. Melde dich, wenn du kannst.«
Wir verabschiedeten uns und legten auf. Ich warf einen Blick durch den Garten und stellte fest, dass meine Eltern noch immer in der Küche beschäftigt waren. Kurz entschlossen wählte ich unsere Festnetznummer und schaute zu, wie Mom nach dem schnurlosen Telefon griff. Ich ließ sie wissen, dass ich mich ein bisschen müde fühlte – ansonsten aber völlig okay –, und fragte, ob wir unser gemütliches Beisammensein auf später abends verschieben könnten. Nachdem sie zugestimmt hatte, ging ich in mein Zimmer.
Mein neues Zimmer mit einem neuen Himmelbett, einem neuen Kleiderschrank und einem neuen Tisch, alles aus Holz im Retro-Schick. Ebenso neu waren die Bettdecke, die Kissen, der Teppich, die Wandfarbe und das angeschlossene Badezimmer mit Fliesen und Granit.
Alles hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit meinen früheren Zimmern. Für einen Neuanfang sollte es perfekt sein. Mom wollte, dass ich in die Zukunft schaute. Ich selbst wollte das ebenso.
Die Frage war nur, ob ein umgemodeltes Schlafzimmer ausreichen würde.
Darüber nachzudenken erschöpfte mich so, dass ich in meinem feuchten Badeanzug ins Bett kroch und mir die Decke über den Kopf zog. Ich schob die Hände unter das Kopfkissen.
Denn dort hatte ich den Pulli mit dem Bates-Logo und die kleine Wasserflasche verstaut, die ich heute Nachmittag als Erstes gesehen hatte, als ich aus meinem Ohnmachtsanfall erwacht war. Ich hatte allein hinter dem Bootsschuppen gelegen und die Sachen mitgenommen, obwohl sie mir nicht gehörten.
Denn sie gehörten Simon.
Kapitel 5
E in Tisch für zwei, bitte«, sagte eine bekannte Stimme.
»Betty!« Ich schaute vom Winter Harbor Herald hoch, in dem ich gelangweilt geblättert hatte, und eilte hinter dem Empfangstresen hervor. »Paige hat gar nicht erwähnt, dass du heute kommst.«
»Weil sie nichts davon wusste.« Paiges Großmutter öffnete die Arme, damit ich sie drücken konnte. »Bei dem schönen Wetter habe ich spontan entschieden, vorbeizuschauen und mir das wundervolle neue Restaurantdesign anzusehen, von dem sie die ganze Zeit redet.«
Ich sah ihr in die Augen, als wir uns aus der Umarmung lösten. Beide strahlten hell und blau wie ein wolkenloser Himmel. Kein Vergleich zu letztem Sommer, als Betty von Raina und Zara gefangen gehalten und ausgetrocknet worden war … oder zu letztem Herbst, als sie ihre Stärke zurückgewonnen hatte, aber unter der Gedankenkontrolle des aus dem Todesschlaf erwachten Sirenenclans gestanden hatte. Von Paige wusste ich, dass Bettys Blindheit nur teilweise geheilt war, seit ihr Körper sich von der Gefangenschaft erholen konnte, aber der Anblick machte mich so glücklich, dass ich sie gleich noch einmal umarmte.
»Ihr hättet mich vorwarnen können, dass es hier aussieht wie im Zirkus. Dann hätte ich Popcorn mitgebracht«, scherzte Bettys Lebenspartner Oliver und betrachtete das Chaos aus Farbtöpfen und Abdeckplanen im Foyer.
»So schlimm kann es wohl nicht sein«, erwiderte Betty und kniff kurzsichtig die Augen zusammen.
»Nun ja, verglichen mit einem Tornado ist es harmlos.«
Ich beugte mich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Schön, dich zu sehen, Oliver.«
Seine Gesichtszüge
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