Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
war nicht sicher, worauf ich wartete – dass Natalie sich umschaute, um zu sehen, ob jemand auf sie achtete?
Natürlich tat sie nichts dergleichen. Sie saß einfach nur an der Bar, trank Wasser und zappte sich durch die Fernsehkanäle.
Ich benahm mich paranoid, das war mir klar, und ich verstand selbst nicht genau, warum. Vielleicht lag es an ihrem Aussehen. Mit ihren braunen Augen, dem superkurzen blonden Haar und den endlos langen Beinen, die von der Sonne gebräunt waren, gehörte sie zu dem Typ Mädchen, der Jungs magisch anzog … so magisch wie eine Sirene. Außerdem hatte ich Kopfschmerzen bekommen, als ich sie das erste Mal sah. Zwar war es nur ein kurzes, harmloses Pulsieren gewesen, nicht zu vergleichen mit den extremen Migräneattacken in Zaras Nähe. Aber Betty hatte mir erklärt, dass eine neu verwandelte Sirene wie Zara ihre Körpersignale noch nicht kontrollieren konnte. Also war es nur logisch, dass ich eine erfahrene Sirene weniger deutlich spürte.
Oder vielleicht hatte das letzte Jahr dazu geführt, dass ich von nun an unter Verfolgungswahn leiden würde. Wann immer mir ein unbekanntes hübsches Mädchen begegnete, würde sie mein Misstrauen wecken, selbst wenn sie total nett war und ich mir den Gedanken aus dem Kopf zu schlagen versuchte.
Ich musste damit aufhören. Das College würde auch ohne dieses Zusatzproblem eine Herausforderung werden. Wenn ich die Zeit überstehen wollte, brauchte ich mindestens eine Freundin in Dartmouth, die mich unterstützte.
»Aaachtung, Empfangsfräulein«, rief Louis.
Ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, da kamen auch schon zwei Lunchtüten auf mich zugeflogen.
»Carmichaels im Anmarsch!« Er nickte in Richtung des Fensters über der Spüle. »Ihr Auto ist gerade eingebogen. Ich hoffe, sie mögen kalte Fritten. Ich habe mich hier so gelangweilt, dass ich ihr Essen schon vor einer Stunde fertig hatte. Aber wenn man anständigen Hunger mitbringt, schmeckt alles, stimmt’s?«
»Kann schon sein.« Ich drückte die Tüten mit den Sandwichs an meine Brust, und spürte mein Herz durch die Tüten schlagen. »Bin gleich zurück.«
Als ich an der Bar vorbeikam, warf ich Natalie ein flüchtiges Lächeln zu, aber sie löste den Blick kaum vom Bildschirm. Den Rest des Weges rannte ich regelrecht, stürmte ins Foyer … und sah nur Caleb auf mich warten.
»Hallo«, sagte er.
»Hi.« Ich versuchte, mir die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, als ich ihm die Tüten hinhielt. »Hier ist euer kostenloses Lunch.«
»Ist mit dir alles –«
»Okay«, fiel ich ihm ins Wort. Anscheinend war ich eine schlechte Schauspielerin. »Mir geht’s gut.«
Was sogar stimmte. Ich hatte nur insgeheim gehofft, dass Simon heute eine Ausnahme machen und selbst kommen würde. Immerhin hatte er sich gestern beim Bootsschuppen um mich gekümmert. Aber Caleb brauchte nicht zu wissen, wie sehr ich seinem Bruder hinterherschmachtete.
»Freut mich zu hören.« Er nickte mir zu und hielt die Tüten in die Höhe. »Danke. Also, bis morgen.«
»Ja klar. Schönen Tag noch.«
Er drehte sich um und ging. Ich kehrte an den Empfang zurück, schlug die Zeitung auf und starrte auf den Text, ohne ihn wirklich zu sehen. Da ich so in Gedanken versunken war und das Dröhnen der Motorsägen jedes Geräusch übertönte, merkte ich nicht, dass jemand auf mich zukam, bevor ich direkt angesprochen wurde.
»Hat Louis unsere Fritten in den Eisschrank gesteckt statt in den Ofen?«
»Tschuldigung, was –?«
Ich verstummte. Alles schien plötzlich stillzustehen. Die Motorsägen … die Zeit …
… vor allem mein Herz.
»Simon.« Ich spürte meine Lippen nicht, aber irgendwie brachte ich trotzdem seinen Namen heraus. »Bist du … ich dachte … wieso hast du …?«
Seine Mundwinkel hoben sich ein winziges bisschen. Man konnte es nicht als Lächeln bezeichnen, aber immerhin wirkte er auch nicht wütend.
»Du hast einen Bart!«
Die Worte waren mir kaum herausgerutscht, da lief ich vor Peinlichkeit rot an, aber ein anderes unverfängliches Thema war mir nicht eingefallen. Ich entkrampfte mich erst, als er zu lachen anfing.
»Stimmt.« Er rieb sich über die hellbraunen Stoppeln auf seinem Kinn. »Kann man so ausdrücken. Das passiert anscheinend, wenn man ständig mit Seeleuten zusammen ist.«
»Da hält man nicht viel von der Barbierkunst?«
»Sagen wir mal, sie sind alle besser im Entfernen von Fischschuppen als von Bartstoppeln.«
Ich lächelte schwach und suchte krampfhaft nach
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