Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
letzter Zeit … irgendwas Seltsames gehört?«
Sie hatte gerade den nächsten Bissen nehmen wollen, aber hielt mitten in der Bewegung inne. »Was meinst du mit seltsam?«
»Ich meine … na ja, keine Ahnung … vielleicht Stimmen? Gesang?«
Sie ließ den Wrap sinken. Offenbar war ihr klar, worauf ich hinauswollte. »Wieso? Hast du denn etwas gehört?«
»Nein … aber ich weiß auch nicht genau, wie man seine Antennen ausfährt.«
Sie schaute sich um, ob von den wenigen anderen Leuten an der Strandpromenade wirklich niemand in Hörweite war, dann beugte sie sich zu mir vor. »Jetzt sollte ich wohl zurückfragen, wie du dich fühlst? Hattest du wieder einen Migräneanfall?«
Glücklicherweise nicht, aber das war eine gute Überleitung zu einer weiteren Frage, die ich dringend stellen wollte. Inzwischen gab es davon so viele, dass ich kaum wusste, wie ich sie alle unterbringen sollte, ohne Charlotte zu überanstrengen – oder auch mich. Da ihre überraschte Reaktion deutlich machte, dass sie in letzter Zeit keine Sirenen gehört hatte, ging ich gleich zum nächsten Problem über.
»Ich habe mich schon mal besser gefühlt«, gab ich zu. Als ihre Miene versteinerte, fügte ich schnell hinzu: »Keine Migräne, meinem Kopf geht es bestens. Aber der Rest von meinem Körper ist eine andere Geschichte.«
Sie presste die Lippen zusammen, während ihr übriges Gesicht sich wieder entspannte. »Erzähl mir davon.«
Da ich ihr keine unnötigen Sorgen machen wollte, biss ich noch einmal kräftig in mein Sandwich, um zu signalisieren, dass ich das Thema locker genug nahm, um normal weiterzuessen.
»Meine Körpersignale kommen mir in letzter Zeit ziemlich unberechenbar vor«, sagte ich schließlich. »Manchmal fühle ich mich völlig fit, und im nächsten Moment kippe ich fast um.« Charlotte brauchte nicht zu wissen, dass ich vor ein paar Wochen beim Bootsschuppen tatsächlich das Bewusstsein verloren hatte. »Das ganze Schuljahr bin ich gut zurechtgekommen. Ich wusste, in welchen Abständen ich auftanken musste, selbst wenn ich Stress hatte. Und ich wusste, wie ich an neue Energie kam, nämlich durch Salzwasser in jeder Form: als Getränk, als Badezusatz oder durch Schwimmen im Meer. Aber etwas hat sich verändert. Diese Methode hilft nur manchmal, nicht immer. Außerdem hält der Effekt nur kurz an. Ich fühle mich schnell kraftlos, und dann kann ich meine Instinkte kaum noch zügeln. Du hast ja gesagt, dass wir Nenuphars mehr Energie brauchen, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass ich überhaupt nie genug bekomme.«
»Deine Kräfte wachsen«, erklärte Charlotte ruhig. »Selbst wenn du dich schwach fühlst, ist dein Körper damit beschäftigt, sich zu entwickeln, zu lernen, zu wachsen. Anscheinend vollzieht sich die Verwandlung bei dir schneller als bei mir – und schneller, als ich um deinetwillen gehofft hatte –, aber überrascht bin ich darüber nicht.«
Ich konnte ihre Augen hinter der Sonnenbrille nicht sehen, doch ihr Gesicht hatte sich inzwischen ganz entspannt. Nur ihre Mundwinkel kräuselten sich nach unten.
»Erzähl mir von … Parker King.«
Der Name war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich fuhr zurück und griff nach meiner Wasserflasche.
»Was ist zwischen euch passiert?«, wollte Charlotte wissen.
»Nichts«, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. »Nachdem zwischen Simon und mir Schluss war, habe ich Parker klargemacht, dass wir nicht länger befreundet sein können. Bis zur Abschlussfeier haben wir keine fünf Worte miteinander gesprochen.«
»Und was habt ihr da gesagt?«
Mein Magen zog sich zusammen, und ich ging automatisch in die Defensive. Ich versuchte, mich wieder zu beruhigen, denn Charlotte hatte kein bisschen anklagend geklungen, sondern nur interessiert.
»Er ist nach der Zeremonie zu mir gekommen, um sich zu verabschieden.« Ich schaute zu Boden und fummelte an meinem Sandwich herum. »Und weil er mir sagen wollte, dass er jetzt doch nach Princeton geht. So wie sein Vater es sich gewünscht hat.«
»Und wie hast du dich dabei gefühlt?«
»Schrecklich. Er wollte nie nach Princeton. Sein Traum war, sich ein Segelschiff zu kaufen – ein ganz einfaches Boot, keine Riesenjacht wie die seiner Familie – und damit ins Blaue zu fahren.« Ich runzelte die Stirn. »Einmal hat er mich gefragt, ob ich mitkommen würde.«
Wir schwiegen einen Moment. Durch die Stille tönte Oldiemusik vom Fischimbiss und Gelächter von einer Gruppe junger Männer, die am Strand Frisbee
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