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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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gleichzeitig zu lesen und Musik zu hören. Eine typische Simon-Angewohnheit, aber es überraschte mich, dass er dazu nicht im Haus geblieben war, obwohl er wusste, dass ich ungefähr um diese Uhrzeit ankommen musste.
    Ich rief noch einmal seinen Namen und winkte, doch das Boot war so getrudelt, dass er mir halb den Rücken zuwandte. Ich wartete, ob er es in meine Richtung drehen würde. Stattdessen fuhr er fort, in seinem Buch zu blättern, und war anscheinend völlig versunken. Ich schaute mich am Ufer um und hoffte, Calebs kleines Motorboot irgendwo zu sehen, obwohl er es normalerweise beim Yachthafen benutzte. Oder vielleicht hatte einer der Feriengäste ein Kajak liegenlassen? Als ich nichts entdeckte, schaute ich in der Garage nach, ob die Carmichaels dort ein zweites Ruderboot hatten, aber bis auf Gartengeräte war sie leer. Also lief ich zurück zum Steg und versuchte es noch einmal mit Rufen und Winken.
    Keine Reaktion. Und er trieb immer weiter davon.
    Ich hockte mich auf den Rand des Stegs und wartete. Zwar war ich so ungeduldig, wieder in seiner Nähe zu sein, dass es fast schmerzte, aber nach mehreren Wochen der Trennung sollten ein paar Minuten mehr oder weniger auch keinen Unterschied machen. Der Himmel war schon so dunkel, dass er bald nicht mehr genug Licht zum Lesen haben würde, es sei denn, er hatte eine Taschenlampe mitgenommen. Bestimmt würde er dann von selbst zurückrudern und nachschauen, ob ich angekommen war.
    Welche Treue, welche Hingabe …
    Die Gedankenstimme war scharf wie ein Messer, und ich schrie vor Schmerz auf. Mit zugekniffenen Augen umklammerte ich meinen Schädel.
    Nur drei kleine Worte, und schon kommst du angerannt …
    Der Schmerz wurde noch schlimmer und schüttelte meinen ganzen Körper.
    Das würde mir als Rache fast genügen – wenn Simon nicht schon etwas Besseres als dich gefunden hätte …
    Ich erstarrte. Der Atem blieb mir im Hals stecken. Meine Augen öffneten sich langsam, als würde ich aus einem Traum erwachen. Ein leichter Wind ließ die toten Blätter an den Bäumen rascheln, malte Wellenmuster auf den See – und drehte das Ruderboot, so dass es nun parallel zum Ufer trieb.
    Vielleicht hatte sie sich erst jetzt aus einer Liegestellung aufgerichtet oder war durch Simons Gestalt verdeckt gewesen, aber nun konnte man sie nicht übersehen. Sie saß am anderen Ende des Bootes, trug Jeans und einen weinroten Pulli mit dem Logo des Bates College. Ihr Körper war dünn, ihre Haut porzellanweiß. Ihr langes schwarzes Haar hatte sie zu einem glatten Bob gekürzt, der ihr Gesicht umrahmte und die scharf hervorstechenden Wangenknochen verbarg.
    Zara sah völlig verändert aus – doch ihre Schönheit war genauso atemberaubend wie zuvor.
    Ich sprang auf die Füße. »Simon!«
    Er bemerkte mich nicht, sondern blätterte nur eine weitere Seite um, als sei er ganz allein auf dem See.
    »Simon! Ich bin es, Vanessa! Dreh dich um, bitte!«
    Mit starrem Blick sah ich zu, wie er nach seinem iPod griff und die Musik lauter stellte. Die vorigen Male, als Zara ihn in ihren Bann geschlagen hatte, war er durch meine Stimme aus der Trance gerissen worden. Da er so sorglos nur einen Meter von ihr entfernt hockte, musste er sich auch jetzt unter Hypnose befinden. Versuchte er mit der Musik ihre Stimme zu übertönen – oder meine?
    Hör auf, flüsterte ich stumm . Die Worte brannten wie Feuer in meinen Gedanken. Bitte, er hat dir nichts getan. Lass ihn in Ruhe.
    Ich hatte nie gelernt, stumm mit anderen Sirenen zu kommunizieren und in ihre Gedanken einzudringen, wie Zara es eben bei mir gemacht hatte. Willa hatte nicht gewollt, dass ich ihren Stimmen lauschte, und ebenso wenig, dass ich meine eigene erhob. Doch Zara schien mein stummes Flehen zu hören, denn obwohl sie keine Antwort gab, drehte sie sich zu mir um, und ein boshaftes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Gleichzeitig glomm ein Licht in ihren Augen auf, das sich verstärkte, bis sie silbern strahlten. Als sie sicher war, dass sie meine volle Aufmerksamkeit hatte, beugte sie sich vor und legte eine Hand auf Simons Knie.
    Er zuckte nicht zurück, wie er es normalerweise getan hätte und wie ich es hoffte. Stattdessen hob er den Kopf und erwiderte ihr Lächeln. Sie glitt auf ihn zu, bis ihre Körper nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren, zog ihm sanft die Ohrstöpsel raus und sagte etwas, was ihn zum Lachen brachte.
    »Simon!«
    Ich schrie laut genug, um ein protestierendes Gekreisch von einigen Möwen zu

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