Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)
Restaurant.«
Sie runzelte die Stirn. »Weil dir niemand sonst eingefallen ist, mit dem du den Abend verbringen könntest?«
»Weil ich wollte, dass er mich mag. Noch mehr als bisher.«
»Vanessa, das hier ist kein Spiel. Ich dachte, so viel hättest du wenigstens verstanden.«
»Habe ich auch.« Ich beugte mich zu ihr vor. »Aber ich will Kraft sammeln. Damit ich helfen kann, wenn der Moment gekommen ist.«
Sie starrte mich an, ohne zu antworten.
»Es dauert nicht mehr lange, oder?«, fragte ich. »Deshalb haben Sie eben Ihre Magie benutzt. Sie haben versucht, aus ihren Gedanken zu erlauschen, welche Pläne sie haben.«
»Das geht dich nichts an.«
»Aber ich habe sie gesehen. In Ihren Gedanken habe ich Raina und Zara gesehen. Außerdem ein rotes Ruderboot. Mein rotes Ruderboot.«
Ihre graue Haut wurde noch blasser. »Wovon redest du?«
»Oben im Badezimmer. Ich wollte Sie gerade ansprechen, falls Sie Hilfe brauchten, aber dann sind in meinem Kopf all diese Bilder aufgetaucht. Gleich danach sind Sie wach geworden … aus der Trance aufgetaucht … wie auch immer. Jedenfalls war das, was ich gesehen habe, ein Teil ihres Plans, oder?«
Sie kniff die Lippen zusammen und betrachtete mich forschend. »Ja«, erwiderte sie schließlich. »Aber so weit wird es nicht kommen. Lange bevor sie ihre mörderischen Pläne ausführen können, werde ich sie aufhalten.«
»Wie?«
»Das geht dich ebenfalls nichts an.«
»Vielleicht kann ich helfen!«
»Nein, kannst du nicht«, knurrte sie und stand auf. »Du bist ein potentielles Opfer, aber in diesem Kampf geht es um viel mehr. Den Clan zu besiegen ist nicht deine Verantwortung. Und so schwach sie auch einzeln sein mögen, zusammen sind sie sehr stark.«
Ich sprang ebenfalls auf. »Aber was wollen Sie dagegen tun? Schließlich sind Sie ganz allein – und nehmen Sie mir das nicht übel, aber meine Schwimmfähigkeiten sind sicher besser als Ihre.« Ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen wegen dieser Bemerkung, auch wenn ich die reine Wahrheit gesagt hatte.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich allein dastehen werde. Zwar bin ich in der Sirenengemeinschaft nicht mehr so aktiv wie früher, aber ich habe immer noch meine Kontakte. Alles, was ich brauche, ist ein wenig Zeit.«
»Haben wir denn noch Zeit?«, fragte ich. »Wissen Sie, wann die Sirenen losschlagen wollen?«
»Jedenfalls nicht, bevor ich bereit für sie bin.«
Ich trat einen Schritt auf Willa zu. »Bitte, Sie müssen mir zuhören. Meine Familie, meine Freunde und alle, die mir etwas bedeuten, haben ein völlig kaputtes Leben, und daran bin ich schuld. Ich und meine Sirenennatur. Meine Schwester hat jahrelang versucht, neben mir bestehen zu können, und ist daran zugrunde gegangen. Meine Mom hat ein fremdes Kind aufgezogen, weil mein Dad sie darum gebeten hat, und er musste die ganze Zeit ein Doppelleben führen. Paige hat ihre Familie und ihr Baby verloren, weil wir den Hafen zufrieren ließen. Parker glaubt, dass er mich liebt und mit mir die Welt umsegeln will, dabei benutze ich ihn nur.«
»Tatsächlich?«
Die Frage ließ mich zusammenzucken, und ich schüttelte den Kopf, um sie aus meinen Gedanken zu vertreiben. »Und dann gibt es noch Simon, der mich von Anfang an nur beschützt hat, während ich ihm von Anfang an nur geschadet habe.« Hastig blinzelte ich die Tränen fort. »Gibt es nicht irgendetwas, das ich zum Ausgleich tun kann? Damit alles wieder in Ordnung kommt oder wenigstens nicht noch schlimmer wird? Ich möchte helfen, ich muss einfach! Mit dem Rest komme ich schon klar – dem Durst nach Salzwasser, den aufdringlichen Männern, dem Flirten und Lügen –, wenn ich nur wenigstens die Sirenen daran hindern kann, noch mehr Menschen zu verletzen.«
Willa schwieg, und einen Moment lang hoffte ich, dass sie meine Bitte ernsthaft in Betracht zog. Aber dann legte sie mir ihre dünnen, knochigen Hände auf die Schultern und schaute mir in die Augen.
»Es tut mir leid, dass du so leidest«, sagte sie leise. »Und es tut mir leid, dass deine Familie leidet. Aber ich versichere dir: Das Beste, was du jetzt tun kannst – nein, eigentlich das Einzige –, ist, nach Hause zu gehen, die Schule zu besuchen und dein Leben weiterzuleben. Irgendwann wird das alles hinter dir liegen.«
Sie kapierte gar nichts. Willa war die Einzige auf der Welt, die tatsächlich verstehen konnte, was in mir vorging – aber sie tat es nicht.
Mir liefen Tränen übers Gesicht, als ich mich an ihr
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