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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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verändert. Die gestickten Wandteppiche mit den Chione Cliffs waren verschwunden. Die Wände waren kahl. Im Kamin brannte kein Feuer. Auf dem dunklen Holzfußboden lag kein Teppichboden mehr. Nichts deutete darauf hin, dass Betty hier lebte, außer ihrer eigenen Anwesenheit und dem knallroten Schwimmanzug, der an einem Haken an der Badezimmertür baumelte.
    Ein alter, müde aussehender Mann saß in einem Schaukelstuhl am Fenster.
    »Hallo, Oliver«, sagte ich.
    Er schaute von dem Notizbuch hoch, das auf seinem Schoß lag. Ich fragte mich, ob er wohl an einem weiteren Band der Stadtgeschichte von Winter Harbor arbeitete. Davon hatte er in den letzten dreißig Jahren schon einige geschrieben. Vor allem, wie er selbst sagte, um Betty mit Geschichten und Anekdoten aus ihrer neuen, geliebten Heimatstadt von ihren Ängsten abzulenken.
    »Vanessa«, sagte er nur, dann kehrte sein Blick zu dem Notizbuch zurück.
    Sein Verhalten war seltsam. Bei unseren ersten Zusammentreffen war er ähnlich abweisend gewesen, aber dann hatten wir zusammen enträtselt, was in Winter Harbor vor sich ging, und er war langsam aufgetaut. Spätestens seit Betty und er nach jahrelanger zwangsweiser Trennung ein Paar geworden waren, hatte er sich in einen richtig liebenswürdigen Menschen verwandelt. Diese kurze Begrüßung ohne die Andeutung eines Lächelns wäre typischer für den alten Oliver gewesen.
    Bevor ich fragen konnte, ob ich störte, hatte sich Betty in den Plüschsessel am Kamin sinken lassen und setzte unser Gespräch fort.
    »Ich würde ihre Stimmen hören«, erklärte sie. »In dem Moment, als das Wasser gefror, sind sie verstummt und haben nie wieder einen Laut von sich gegeben.«
    Da ich Oliver nicht vom Schreiben ablenken wollte, trat ich näher heran und senkte die Stimme. »Aber das Ruderboot hat wirklich uns gehört. Mir und Justine. Die Farbe war an den gleichen Stellen abgeblättert, und das Paddel hatte …«
    »… ein Muster aus kleinen roten Ankern.« Betty neigte den Kopf zur Seite. »Diese Aufkleber gibt es in der Stadtapotheke zu kaufen, und in der Touristensaison betteln alle Kinder ihre Eltern darum an. Wenn du genauer hinschaust, wirst du sie überall in Winter Harbor entdecken – auf Mülleimern, Briefkästen und Straßenschildern.«
    Ich runzelte die Stirn. Jetzt, wo sie es erwähnte, konnte ich die Aufkleber selbst vor mir sehen. Und Justine hatte sie tatsächlich in der Apotheke gekauft, um die Paddel zu dekorieren.
    »Wenn Raina und Zara noch am Leben wären«, fuhr Betty fort, »und wenn sie irgendwelche Rachepläne hätten, dann würde ich davon wissen.«
    »Aber sie würden sich vor dir abschirmen, oder nicht? Schließlich wissen sie, dass du ihre Gedanken hören kannst. Also würden sie sich vorsehen und möglichst nicht an ihre Pläne denken.«
    »Selbst dann würde ich wahrnehmen, dass sie sich auf andere Dinge konzentrieren. Im Sirenenvolk sind alle miteinander verbunden, so dass man sogar die Gedanken von Fremden hören kann, wenn man sich sehr anstrengt. Die engste Familie hört man immer. Selbst wenn man es nicht will.«
    Ich wandte mich ab, als könnte sie meine zweifelnde Miene tatsächlich sehen. Mein Blick fiel auf das Bett, das gegenüber an der Wand stand und ebenfalls verändert aussah. Wo früher dicke Daunendecken gelegen hatten, gab es nun nur ein dünnes Laken, als habe Betty dort nicht mehr geschlafen, seit ich sie vor dem Tod durch Verdursten gerettet hatte. Noch immer sah ich sie vor mir, mit abblätternder Haut und verdorrter Kehle, die ihr das Sprechen unmöglich machte.
    »Sie war eine liebenswerte Frau.«
    Ich wurde aus meinen Grübeleien gerissen und drehte mich wieder zu Betty um. Mit einer Handbewegung forderte sie mich auf, mich auf einen Stuhl gegenüber zu setzen.
    »Ich meine deine Mutter, Charlotte Bleu. Sie hatte einen kleinen Buchladen am Stadtrand, wo man stundenlang sitzen und lesen konnte, ohne etwas kaufen zu müssen. Ihr Sortiment war beeindruckend, viele seltene Bände und Erstausgaben, die sie für eine Menge Geld hätte verkaufen können, aber stattdessen lieber an Kunden vergab, die echtes Interesse zeigten, selbst wenn sie den Preis nicht zahlen konnten.«
    Ich brauchte einen Moment, bis ich meine Stimme wiederfand und nachfragen konnte. »Hat sie dort meinen Vater kennengelernt? In ihrem Buchladen?«
    Betty überlegte einen Moment. »Ich bin nicht sicher.«
    »Hast du sie zusammen gesehen? Vielleicht sind sie mal in deinem Restaurant gewesen?«
    »Nein, aber

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