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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Biblisches?« meinte er fragend.
    Zila lachte und sagte: »Jetzt dreh dich um und schau es dir an.«
    Michael stand auf und ging in den ersten Raum. Interessiert betrachtete er das riesige, in grellen Farben gemalte Bild. Eine Palme war darauf und ein Zelt, in dem Gestalten saßen, die aussahen wie Hirten, und neben dem Zelt brannte ein Lagerfeuer.
    Michael betrachtete das Bild genau, dann ging er langsam zum Tisch zurück. Als er sich wieder hinsetzte, zählte er gutmütig alle Einzelheiten des Bildes auf und fügte dann hinzu: »Und dort gibt es noch eine Pflanze, die ist nicht aus Plastik.«
    »Das Ding da ist Unkraut«, sagte Zila verächtlich. »Es wächst überall und unter allen Bedingungen.«
    Nun erschien der junge Mann wieder, wischte mit einem feuchten Lappen die braune Resopalplatte des Tisches ab und fragte, ob er Salate bringen solle. Alle nickten. Balilati stürzte sich als erster auf den türkischen Salat und auf den marokkanischen Karottensalat. Zila träufelte nur Zitronensaft auf den feingeschnittenen Gemüsesalat und hielt eine kleine Ansprache über die Kunst, einen richtigen Salat zu machen. »Siehst du, sie würzen den Salat nicht, und sie machen nicht vorher die Zitrone dran, damit er so bleibt, wie er sein soll«, erklärte sie Balilati. Dieser nickte, griff nach dem Fladenbrot und stellte befriedigt fest, daß sie es angewärmt hatten. Dann erklärte Balilati, wie gesund rote Rüben für die Verdauung wären, und kippte den Inhalt der kleinen Schüssel auf seinen Teller.
    Während Balilati sich großzügig mit Salaten und Fladenbrot versorgte, berichtete Eli, bis die Hauptgerichte kamen, seiner Frau die Einzelheiten des Falles. Michael trank Bier und betrachtete die beiden mit Zuneigung und einer ihm unverständlichen Traurigkeit.
    Zila und Eli arbeiteten schon seit einigen Jahren mit ihm zusammen, und ihre Liebesgeschichte hatte sich vor seinen Augen entwickelt, langsam, verworren und mit vielen schicksalhaften Ereignissen. Eli Bachar war dreißig geworden, bevor er diese eigenwillige junge Frau heiratete, die mit bewundernswerter Hartnäckigkeit um ihn gekämpft hatte. Michael hatte amüsiert beobachtet, wie sie getan hatte, als gebe sie auf, und er hatte sich gefragt, wann Eli sich wohl ergeben würde, Eli, der oft genug erklärt hatte, daß er auf keinen Fall auf seine Freiheit verzichten und sich an eine Frau binden wolle, egal, was er für sie empfinde. Als Michael nun den weichen Blick sah, mit dem Eli Zila anschaute, während er ihr die Einzelheiten des Falles darlegte, hatte er plötzlich das Gefühl, alt zu sein. Sie hatten ihm damals nichts erzählt, und er hatte sie nichts gefragt, er hatte sie nur interessiert beobachtet, wie man Kinder beobachtet, die ein Buch lesen, dessen Ende man schon kennt. Er hatte sich gefreut, als sie endlich heirateten, auch wenn er ihnen insgeheim eine nicht gerade einfache Ehe voraussagte. Eli war verschlossen, während Zila immer vor Lebenslust sprudelte und einer nie endenden Energie, und man sah ihr jede Verwirrung, jeden inneren Kampf an.
    Zila war ein paar Wochen lang nicht bei der Arbeit gewesen, und Michael betrachtete nun aufmerksam ihr Gesicht, das blasser geworden war und etwas von ihren Sorgen erkennen ließ. Er wußte, wie sehr sie sich ein Kind wünschte. Jahrelang hatte sie das Haar sehr kurz getragen, doch in der letzten Zeit hatte sie es wachsen lassen. Die weichen braunen Wellen reichten ihr jetzt bis zur Schulter. Sie sah weiblicher aus, voller, auch wenn ihr die Schwangerschaft noch nicht anzusehen war, höchstens an den etwas volleren Brüsten, deren Ansatz im runden Ausschnitt ihres Kleides sichtbar war.
    Michael bemerkte deutlich die Veränderungen, die mit ihr vorgegangen waren, das dünne Kleid, das sie nun statt einer Jeans trug, ihre runder gewordenen Schultern und Arme, und er mußte sich eingestehen, daß sie anziehender geworden war, weniger kindlich. Er machte ihr laut ein Kompliment über ihre Haare.
    »Ja, ich habe gewußt, daß sie dir gefallen würden«, sagte sie seufzend. »Aber ich habe das Gefühl, daß man mir jedes einzelne meiner zweiunddreißig Jahre ansieht.« Sie hob ihre schlanken Beine und legte sie auf den Stuhl gegenüber.
    Michael lächelte sie an. »Eine Frau von zweiunddreißig Jahren – sie steht doch noch am Anfang ihres Lebens. Nur eine Dreiunddreißigjährige ist noch verführerischer als eine Zweiunddreißigjährige.«
    »Ach, Michael, fang nicht mit so was an, ich kenne diese Sprüche. Du

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