Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort
habe alles fotografiert.«
»Gut, dann können wir für heute Schluß machen.« Michael seufzte. An der Tür blieb er stehen und sagte zu Balilati: »Oder – ich glaube, wir sollten auch noch mitnehmen, was in den anderen Schubladen war.«
»Du hast doch gesagt, das seien nur Gedichte«, protestierte Balilati.
»Trotzdem, gib mir einen leeren Sack«, sagte Michael zu Zwika und ging zurück zum Schlafzimmer. Nachdem er die Notizbücher mit den Gedichten und die Fotoalben eingepackt hatte, betrachtete er noch einmal das Bett. Der seidene Morgenrock war schon nicht mehr da, die Leute von der Spurensicherung hatten ihn eingepackt. Einen Moment lang sah er sich um, dann nahm er den Gedichtband von Anatoli Ferber, der auf dem Bett lag. Ich werde ihn mir anschauen, dachte er müde, schließlich war dies offenbar das letzte Buch, das Tirosch vor seinem Tod gelesen hat.
Michael ging zu den anderen zurück und stellte den Sack vorsichtig in den Streifenwagen der Spurensicherung. Der Ford Escort stand nicht mehr auf dem Parkplatz. Im ersten Moment erschrak er, dann fiel ihm Eli Bachar ein. Er stieg in den Renault von Balilati, auf den Beifahrersitz. Das Funkgerät begann einen Signalton zu senden.
»Wo bist du?« fragte der Diensthabende, als er Michaels Stimme hörte. »Dani 3 sucht dich.«
»Unterwegs«, antwortete Ochajon. In ein paar Minuten sei er in der Zentrale.
Als sie am Migrasch ha-Russim ankamen, sagte Balilati: »Ich komme gleich wieder.« Und schon war er um die Ecke verschwunden.
Eli Bachar stand im Kontrollraum der Zentrale und sagte: »Dann verbinde mich mit Arie Levi, was soll das Gerede? Gibt es keine Kopie?« Dann bemerkte er Michael. »Die sind nicht ganz dicht, sag' ich dir. Sie wollen mir das pathologische Gutachten nicht geben. Diese Bürokratie ist unfaßbar – unfaßbar! Ich werde noch verrückt!«
»Wer will es dir nicht geben?«
»Die in Eilat. Und auch der Pathologe von Abu-Kabir, mit dem ich gesprochen habe, hat Theater gemacht.« Eli Bachar kochte vor Zorn und stieß einen unflätigen Fluch auf arabisch aus.
Fünf Polizeibeamte saßen an einem Tisch und nahmen die Anrufe entgegen, ohne dabei ein Wort von der Unterhaltung der beiden zu verpassen.
»Einen Moment«, sagte Michael, »bevor ihr den Polizeichef anruft, verbindet mich noch einmal mit Abu-Kabir. Wer ist der diensthabende Pathologe dort?«
Eli Bachar nannte einen Namen, den Michael nicht kannte. »Nein, lassen Sie's«, sagte er. »Mir fällt noch eine andere Möglichkeit ein, komm mit ins Büro.«
Und dann, wie immer, beruhigte sich Eli Bachar, nachdem Michael den Hörer aufgelegt hatte und sagte: »Ich habe mit Hirsch gesprochen, sie schicken uns den Bericht morgen früh. Aber er ruft gleich noch mal an und teilt uns das Wichtigste mit.«
Michael rauchte schweigend. Eli Bachar verließ das Büro und kam mit zwei Tassen dampfendem Kaffee zurück, als das Telefon, klingelte. Michael nahm sofort den Hörer ab. Er lauschte, was der Mann am anderen Ende sagte, während er sich rasch einige Sätze notierte und wiederholt »Aha« sagte. Schließlich bedankte er sich bei Hirsch, dem Pathologen, mit dem er schon seit acht Jahren zusammenarbeitete, erkundigte sich, wie es seinem Sohn, dem Soldaten, und seiner Tochter, einer Studentin, gehe, bat ihn, seiner Frau Grüße auszurichten, und legte den Hörer auf.
»Nun?« fragte Eli Bachar. »Gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen? Gibt es irgendeinen Hinweis?«
»Was heißt da Hinweis!« sagte Michael und trank den letzten Schluck Kaffee. Das Bild vom Meer, das in Tiroschs Wohnung hing, kam ihm in den Sinn, und auch die Leiche Duda'is, die er am Strand gesehen hatte. »Ido Duda'i starb an einer Kohlenmonoxydvergiftung. Kohlenmonoxyd ist ein giftiges Gas, das aus dem Auspuff von Autos kommt, zum Beispiel. All diese Selbstmorde in Amerika in einer geschlossenen Garage, wenn der Motor läuft. Genau so.«
»Aber«, sagte Eli Bachar mit einem großen Fragezeichen im Ausdruck, »was heißt das, vergiftet? Von selbst vergiftet? Oder ist er vergiftet worden?«
»Das ist kein Gas, das der Körper ausscheidet, wenn du das meinst. Hirsch hat mir erklärt, daß in unserem Körper ...« Michaels Ton wurde geduldig und langsamer, als erkläre er sich das alles auch selbst, »... der Sauerstoff sich mit den roten Blutkörperchen verbindet, die zum Teil aus Hämoglobin bestehen. In unserem Hämoglobin gibt es Eisenatome, und mit denen verbindet sich der Sauerstoff, den wir einatmen.
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