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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Wenn er sich selbst darstellte, so tat er es im allgemeinen, um jemanden, den er verhörte, zu beeindrucken, manchmal, um Vorurteile gegenüber der Polizei abzubauen. Diesmal ertrug er es nur schwer, daß die Leute von der Universität ihm gegenüber eine gewisse Verachtung zeigten, obwohl es ihm klar war, daß er Tuwja Schaj mit seiner akademischen Vergangenheit nicht beeindrucken konnte.
    »Das Fakultätsseminar«, sagte Tuwja Schaj in dozierendem Ton, »ist ein Forum, auf dem theoretische Fragen behandelt werden. Jemand kann eine bislang unveröffentlichte Arbeit vortragen oder einen Teil seiner Dissertation, oder er kann sein Habilitationsprojekt vorstellen. Wir halten ungefähr einmal im Monat ein solches Seminar ab.« Michael konnte sich plötzlich vorstellen, wie er vor den Studenten stand, wie es ihm gelang, Interesse zu wecken oder sogar mit Leidenschaft zu reden.
    »Ich habe gehört, daß bei dem letzten Seminar am Mittwoch etwas Besonderes vorgefallen ist«, sagte Michael. »Das Fernsehen hat es sogar aufgezeichnet, nicht wahr?«
    Tuwja Schaj sah plötzlich erleichtert aus. Erst später, als Michael den Film gesehen hatte, verstand er, warum. Der rohe, ungeschnittene Film machte Tuwjas Erklärungen überflüssig. Als Michael den Film sah, spürte er zum ersten Mal eine mit Mitleid verbundene Zuneigung für Tuwja Schaj, nachdem er beim ersten Zusammentreffen, bei dem Verhör, das deutliche Gefühl empfunden hatte, diesen Mann nicht zu verstehen, und er sich noch nicht einmal sicher gewesen war, daß der Ausdruck auf dessen Gesicht wirklich Erleichterung bedeutete.
    »Ja, das Fernsehen«, antwortete Tuwja. »Wegen Scha'ul. Die Medien haben ihn geliebt.« Und dann versank er wieder in sich selbst, den Blick auf die Füße gerichtet.
    Das Unglück, das Schaj wie ein undurchdringlicher Panzer umgab, erweckte in Michael hilflosen Zorn. Der Wunsch, dem anderen weh zu tun, verwandelte sich in einen Entschluß, für den er später ein Dutzend rationale Erklärungen hatte finden können, aber der Wunsch, dem anderen weh zu tun, war zuerst da, ohne erkennbaren Grund. Etwas an den Reaktionen Schajs verwirrte ihn, und er wußte nicht, was es war. Vielleicht, dachte er später, lag es daran, daß Schaj keinerlei Grauen vor dem Tod Ido Duda'is zeigte. Obwohl man ihm ansehen konnte, daß die Nachricht neu für ihn war, reagierte Schaj weder wütend noch entsetzt. Als sei ihm die Tatsache zwar neu, nicht aber ein wie immer geartetes, dahinterliegendes Prinzip.
    »Aber Tirosch«, sagte er und hörte selbst, wie scharf und laut seine Stimme klang, »haben Sie offenbar nicht so gern gehabt.«
    Tuwja Schaj antwortete nicht sofort, doch sein Blick wanderte zu Michael, und eine Spur von Interesse flackerte in seinen Augen auf.
    Eine gewisse Neugier empfindet er trotzdem, dachte Michael und wartete auf die entsprechende Frage, die aber nicht kam. »Vielleicht haben Sie Scha'ul Tirosch ermordet?« fragte Michael und betrachtete die dünnen Arme, die schmalen Schultern, den schwächlichen Körper.
    »Es steht Ihnen natürlich frei, so etwas zu denken«, antwortete Tuwja Schaj müde.
    Die Frage, die eigentlich hätte kommen müssen, war: Und was für ein Motiv soll ich gehabt haben, ihn zu ermorden?
    Sie wurde nicht gestellt, und Michael verschob aus Gründen, die er selbst nicht verstand, die Frage nach dem Motiv auf später. Die Mitglieder der Sonderkommission, die später das Band abhörten und auch die Aussage lasen, die Tuwja Schaj, ohne sie durchgelesen zu haben, unterschrieben hatte, sagten, jeder einzelne, daß Michael zu sanft gewesen sei, daß er die Frage nach dem Motiv nicht zum richtigen Zeitpunkt gestellt hatte. »Nun, das ist deine Methode«, sagte Eli Bachar zweifelnd, wobei er das Wort »deine« betonte, »du machst anfangs immer einen sanften Eindruck. Warum ist dir das eigentlich so wichtig?« Seine Stimme klang vorwurfsvoll. »Letztlich kommt mir das grausamer vor als meine Methode, nämlich mit dem Motiv anzufangen.«
    Doch Michael Ochajon verschob, wie gesagt, die Frage nach dem Motiv auf später, statt dessen fragte er: »Und wer hat Sie gesehen, als Sie die Universität verließen?«
    Tuwja Schaj zuckte mit den Schultern und sagte gleichgültig: »Keine Ahnung.«
    Wieder schwiegen sie, bis Michael die Stille unterbrach. »Können Sie mir vielleicht sagen, was für Dinge sich normalerweise auf Tiroschs Schreibtisch auf dem Har ha-Zofim befanden?«
    Ohne ein Wort zu dem plötzlichen Themawechsel zu verlieren,

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