Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort
keine Universität hier, wie manche Leute anscheinend glauben«, schrie Arie Levi und schlug mit der Faust auf den Tisch. Für einen Moment hielten sie die Luft an, sie wagten nicht zu lächeln. »Der einzige Grund, warum ich Ihnen nicht befehle, sie gleich zu verhaften, ist, daß es noch keinen Beweis gibt. Aber jeder Richter würde es als Motiv für einen Mord ansehen, daß Tirosch die Frau von diesem Schaj gevögelt hat. Und was Schaj erzählt, ist auch nicht besonders überzeugend.«
»Ich wollte heute noch einmal mit ihm sprechen«, sagte Michael.
»Wo willst du ihn erwischen? In meinem Terminkalender steht, daß er den ganzen Vormittag Vorlesungen hat«, gab Zila zu bedenken.
»Man kann ihn doch auf dem Har ha-Zofim erreichen«, sagte Balilati. »Und warum kann er nicht eine Vorlesung ausfallen lassen? Das gibt's doch, daß eine Sache wichtiger ist als die andere, oder? Warum kann man ihm das nicht sagen? Sollen wir ihn vielleicht lieber festnehmen? Dann kann er überhaupt nicht unterrichten.«
»Und was ist mit den Chemikern?« fragte der Polizeichef in sachlichem Ton, als hätte es seinen Ausbruch nie gegeben. »Ich habe dem, was Duda'is Frau ausgesagt hat, entnommen, daß seine ganze Taucherausrüstung mit den Preßluftflaschen im Keller aufbewahrt wurde. Er hat ein einfaches Schloß, aber wie hier steht, ist er sowieso oft nicht abgeschlossen, und jeder hätte sich an den Preßluftflaschen zu schaffen machen können. Soweit ich verstanden habe, hatte Duda'i keine Verbindung zu irgendwelchen chemischen Labors, und er hat nichts von Gasen verstanden. Da können die im Dezernat Negev denken, was sie wollen, für uns ist klar, daß es einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen gibt.«
»Aharonowitsch«, sagte Eli Bachar plötzlich.
»Was ist mit ihm?« fragte Michael.
»Er wollte Dekan werden, es hat sogar schon eine Sondersitzung der Fakultät stattgefunden. Ich habe mich um sein Alibi gekümmert. Uns hat er schon von Anfang an gesagt, daß er am Freitag um eins zu Hause sein mußte. Die ganze Zeit hat er das wiederholt. Ich habe ihn gefragt, wegen welcher Angelegenheit, warum und so weiter, aber was das betraf, war er zu. Dann hat er gesagt, daß seine Frau krank sei. Also bin ich zu ihm nach Hause gegangen, er wohnt in Kiriat-Juval, in der Rabinowitzstraße, dort gibt es irre Villen, und auch mit den Nachbarn habe ich gesprochen. Er hat eine Frau und zwei große Kinder, der Sohn ist in Ordnung, studiert Medizin oder so. Die Tochter ist geisteskrank und schon seit Jahren in einem Heim. Am Wochenende holen sie sie immer nach Hause. Ich hatte zuerst gedacht, so wie er aussieht, würde es bei ihm zu Hause irgendwie armselig sein, aber ...« Bachar schwieg und sah zu Boden. »Nun, das hat nichts damit zu tun«, sagte er schließlich.
»Los, weiter«, meinte Balilati.
»Nein, nur daß er ein schönes Haus hat, mit einem Garten, den seine Frau selbst in Ordnung hält, und sie ist so eine Zarte, man kann nicht sagen, eine Schönheit, sie ist schon über fünfzig, aber so eine Vornehme eben.«
»Los«, sagte Balilati, »worauf willst du hinaus?«
Bachar ignorierte seinen Einwurf und wandte sich direkt an Michael. »Irgendwie hatte ich noch keine Zeit, es dir zu sagen, aber das hat mein Bild von ihm geändert. Außerdem ist er nicht dumm.«
»Kein Mensch hat gesagt, daß er dumm ist, die Frage ist, ob er verdächtig ist«, sagte Arie Levi mißtrauisch.
»Das kann man nicht wissen. Jedenfalls ist er losgefahren und hat seine Tochter zum Wochenende abgeholt. Das habe ich nachgeprüft. Aber er hat Tirosch wirklich gehaßt. Und wie!«
»Hätte er davor in Tiroschs Zimmer gegangen sein können oder nicht?« fragte Levi ungeduldig.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. In der Klinik haben sie gesagt, daß er ungefähr um eins da war, daß er immer so gegen ein Uhr kommt. Er hat kein Auto. Er sagt, er sei mit dem Bus gefahren und einmal umgestiegen, weil er gegen Taxis ist. Ich glaube nicht, daß er genug Zeit gehabt hätte.«
»Hast du ihn vielleicht nach dieser Sache gefragt, die auf dem Zettel stand, den wir auf Tiroschs Schreibtisch gefunden haben?« erkundigte sich Michael und blickte Eli Bachar an.
Bachar nickte.
»Und?« fragte Balilati.
Eli Bachar beachtete ihn nicht. »Er hat gesagt, daß man es nicht mit der Betonung auf der letzten Silbe lesen darf, sondern daß man die vorletzte Silbe betonen muß. Ich habe gefragt, was er meint. Da ...« Eli Bachar wurde rot und streckte die Hand nach
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