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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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sowieso ...«
    Machluf Levi trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Wir sind schon fertig mit der Durchsuchung«, sagte er zu Jojo. »Wir haben keine Spur von Parathion gefunden. Er ...«, er deutete auf den Techniker, »... hat an jeder Flasche gerochen, doch da war nichts. Aber natürlich könnte er das Parathion auch woanders aufbewahren, nicht in seinem Zimmer.«
    »Sie sind verrückt!« sagte Jojo erschrocken und wütend. »Sie sind alle komplett verrückt. Jankele würde nie so etwas tun. Warum sollte er auch? Sie kennen ihn nicht. So darf man ihn nicht behandeln. Er hat Probleme, aber er ist kein Mörder.«
    »Wer denn?« fuhr ihn Michael plötzlich an.
    »Was meinen Sie damit?« fragte Jojo bestürzt.
    »Wer ist hier der Mörder?« fragte Michael.
    Machluf Levi setzte sich hin, drehte an seinem Ring und sagte: »Es macht die Sache nicht leichter und löst das Problem nicht schneller, wenn Sie uns nicht unterstützen. Wir haben einstweilen keinen anderen Verdächtigen als Jankele.«
    »Was soll das heißen?« fragte Mojsch mit erstickter Stimme.
    »Das heißt, daß wir keine Spur haben, keine Richtung für unsere Nachforschungen, keinen Verdächtigen außer Jan kele«, erklärte Machluf Levi. »Wir haben noch nicht mal ein ernstzunehmendes Motiv.«
    Seine Stimme klang vorwurfsvoll, und Michael dachte an die Sitzung der Sonderkommission, die er an diesem Morgen geleitet hatte. Nahari, der neben ihm saß, hatte, nachdem alle Fakten dargelegt worden waren, mit einem freudlosen Lächeln gesagt: »Es sieht also so aus, daß Sie, außer der Geschichte mit dieser Towa und ihrem Ehemann und Jankele mit der Neigung zu Katastrophen, kein ernsthaftes Motiv gefunden haben. Und noch dazu sagen Sie, daß alle ein großartiges Alibi haben. Wie wollen Sie denn herausfinden, wer gerade nicht im Speisesaal oder außerhalb des Kibbuz war, als die Sache passiert ist, wer gearbeitet hat oder in seinem Zimmer war, um sich auszuruhen, wenn Sie noch nicht mal Verhöre mit dem Detektor zulassen?«
    »Es geht nicht darum, ob ich es zulasse oder nicht«, hatte Michael widersprochen. »Sie wissen ganz genau, daß im Moment Geheimhaltung wichtig ist. Wie wollen Sie den Detektor einsetzen, ohne dabei allen zu verraten, was passiert ist? Ich bin sicher, daß wir mit Awigails Einsatz viel mehr erfahren. Zur Zeit wüßte ich noch nicht mal, was ich bei einem Verhör mit dem Detektor überhaupt fragen sollte.«
    Sarit knabberte an ihren Fingernägeln, sie war schon an der Nagelhaut angelangt, wie Michael an der kleinen Wunde merkte. Nun sagte sie: »Na ja, es gäbe da schon was zu fragen. Diejenigen, die direkt in die Sache verwickelt sind, könnte man jetzt schon verhören.«
    »Gut, dann tun wir das«, sagte Michael wütend. »Außerdem haben wir es auch schon getan. Mein Problem ist, daß ich immer noch kein grundsätzliches Bild von der Sache habe, etwas, was mir diese Kibbuz-Welt verständlich macht. Ich habe das Gefühl, etwas Prinzipielles noch nicht kapiert zu haben, und das ignoriert ihr einfach. In jedem Kibbuz gibt es Liebesaffären, aber ich habe bisher nie gehört, daß das zu einem Mord geführt hätte. Was ist hier anders? Was ist neu an diesem Fall?«
    »Seit wann sind Sie Fachmann für Kibbuzim?« fragte Nahari spöttisch. »Sie haben doch gar keine einschlägigen Erfahrungen.«
    »Erstens habe ich schon einiges dazugelernt, und zwei tens gibt es Bücher«, widersprach Michael.
    »Bücher«, sagte Nahari. »Ja, Bücher sind wichtig, aber sie sind nicht das Leben. Bücher sind nur Bücher, nicht mehr.«
    »Da bin ich anderer Meinung«, sagte Michael. »Und Sie wären das auch, hätten Sie nicht das Gefühl, auf dem Gebiet dieser ›besonderen Spezies‹, wie Sie es nennen, überdurchschnittlich kompetent zu sein und über ein privilegiertes Wissen zu verfügen.« Er spürte, wie sein Widerstand wuchs. »Wenn ich aus Büchern etwas über ein Dorf oder eine Kleinstadt in Südamerika lernen kann, oder über Sankt Petersburg und die russische Mentalität, warum dann nicht auch über die grundsätzlichen Phänomene in den Kibbuzim? Haben Sie › Kehilatenu ‹ gelesen?«
    Nahari mußte zugeben, daß er das nicht getan hatte.
    »Dann lesen Sie es doch mal. Und außerdem möchte ich Sie daran erinnern ...«, Michael merkte, daß er immer lauter sprach, »... daß es nicht so ist, als hätte ich nie im Leben einen Kibbuz betreten, ich komme schließlich nicht aus Lappland. Ich lebe hier in Israel. Es gibt eine Grenze, finden Sie

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