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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Obwohl man sagen könnte, daß er sie gehaßt hat, war er zugleich regelrecht besessen von ihr.«
    »Warum?« fragte Sarit unverhohlen neugierig.
    »Das ist kompliziert«, sagte Michael vage. »Es hängt mit seiner Krankheit zusammen. Er hatte die fixe Idee, daß er ihre Keuschheit bewachen müsse, daß sie sich nicht mit Sex beschmutzen dürfe und so weiter. Aber er hatte keine Ahnung von Parathion, er hatte keine Beziehung zu Srulke, und er hatte auch keine Gelegenheit zur Tat, er war zur fraglichen Zeit mit Dave, diesem Kanadier, mit dem ich noch sprechen muß, im Werk.«
    »Was ist mit seiner Mutter?« fragte Awigail.
    »Ja«, gab Michael zu, »seine Mutter ist vermutlich ein ganz anderer Fall ...«
    Dann ging es um Awigail, die von einer Sitzung zurückge kommen war, an der der Vizekommandant der Landespolizeidirektion Süd, der Chef der Polizei von Lachisch, der Polizeipräsident und der zuständige Minister teilgenommen hatten. »All diese hohen Tiere«, wie sie es zu Beginn der Sitzung, nicht ohne Neid, ausgedrückt hatte. Es wurden alle möglichen Vorschläge diskutiert, und dann zog sich die Sitzung in die Länge, bis Nahari versuchte, etwas Abschließendes zu sagen: »Es hilft nichts, es ist ein Fall wie alle anderen Fälle, man muß nach einem Motiv suchen. Vielleicht bei der Mutter von diesem Jankele? Und sprechen Sie noch einmal mit Meros. Wie war seine Befragung mit dem Detektor?«
    »Wir haben es noch nicht gemacht, wegen seines Herzanfalls«, erinnerte ihn Michael. »Es war ein ernster Anfall. Wir müssen noch zwei Wochen warten, er darf sich nicht aufregen.«
    Nahari schwieg.
    Erst als er schon an der Tür stand – Sarit sammelte die Papiere zusammen, und Nahari zündete sich umständlich eine Zigarre an –, sagte Michael plötzlich: »Vielleicht müssen wir das Boot, in dem wir festsitzen, einfach nur ein bißchen anstoßen.«
    Nahari blickte ihn über seine Zigarre hinweg an und fragte: »Und wie haben Sie vor, das zu tun?«
    Michael schloß, ohne zu antworten, die Tür.
    Die Geräusche draußen vor dem Sekretariat brachten die Polizisten dazu, ihre Stimmen zu senken. Jemand rüttelte am Türgriff und schrie: »Macht auf! Macht auf!«
    »Habe ich es nicht gesagt?« flüsterte Jojo triumphie rend. »Das ist Fanja.«
    Michael nickte mit dem Kopf, und der Techniker ver barg die Metallflasche in der undurchsichtigen Plastiktüte. »Wir gehen jetzt«, sagte Machluf Levi, und Michael stand auf, um sie vorbeigehen zu lassen, denn der Raum war zu schmal, um ihnen allen bequem Platz zu bieten. Nebenan, im Zimmer des Kassenwarts und der Buchhalterin, klin gelte laut das Telefon, doch das Geschrei Fanjas, die jetzt hereinstürmte, übertönte alles. Sie stieß den Techniker und Machluf Levi zur Seite, ignorierte Michael Ochajon, bahnte sich einen Weg zu Mojsch und schrie ihn an: »Was hast du ihm angetan? Du Mistkerl, was hast du ihm angetan?«
    Mojsch stand auf. »Fanja! Beruhige dich doch.«
    »Du hast was über ihn gesagt, und sie haben ihn mit dem Krankenwagen abgeholt«, brüllte Fanja. »Ich bin seine Mutter, und man hat mir nichts gesagt.«
    »Er wird nur untersucht«, sagte Jojo. »Man wird ihm nichts tun.«
    »Und wo ist diese Krankenschwester? Ich habe sie nirgends gefunden.«
    »Sie ist weg«, sagte Mojsch. »Wir haben eine neue Schwester.«
    »Ich verlange, daß ihr mich sofort zu meinem Jungen bringt«, rief Fanja. »Auf der Stelle!« Sie machte noch einen Schritt auf Mojsch zu. »Du bringst mich mit dem Transit zu ihm. Wo ist er?«
    Mojsch warf Michael einen verzweifelten, hilfesuchen den Blick zu.
    »Er ist im Krankenhaus in Aschkelon«, sagte Michael beruhigend. »Er kommt morgen schon zurück. Er wird nur untersucht.«
    Fanja wandte sich an Mojsch. »Wer ist das?« fragte sie, wartete aber die Antwort nicht ab. »Bringst du mich hin?« Sie packte Mojsch am Arm, dann drehte sie sich zu Michael um und schaute ihn drohend an. »Jetzt bringst du mich hin, jetzt, auf der Stelle. Nach Aschkelon. Zu ihm.«
    »Das hat keinen Sinn, er kommt ja morgen schon zurück«, widersprach Mojsch.
    »Für mich gibt es kein Morgen«, zischte Fanja. »Ihr könnt es vielleicht abwarten, ihr wißt vielleicht, was mor gen ist. Für mich gibt es kein Morgen. Wenn du mich nicht hinfährst, jetzt gleich, dann gehe ich zu Fuß, ich gehe zu Fuß.« Die letzten Worte hatte sie brüllend ausgestoßen. Sie war zu Michael getreten und mußte sich strecken, um ihn am Kragen zu packen, mit ihren geschwollenen Händen und den

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