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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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hier waren. Es war nur ein angedeutetes Lächeln, aber es entblößte zwei Reihen regelmäßiger, weißer Zähne und erhellte sein Gesicht, als habe es, an einem besonders regnerischen Tag, ein Sonnenstrahl getroffen. Wie leicht Menschen sich doch an wechselnde Situationen anpassen können, dachte Michael. Wie schnell hatte sich sein Gesprächspartner gefangen und war in der Lage, spontan zu lächeln. Sein Blick hatte sogar etwas Verschmitztes.
    »Ja, das stimmt«, sagte Mojsch. »Aber bei uns wäre das nicht nötig gewesen. Es gab bei uns mal eine Geschichte mit Parathion, eigentlich mit Aharon Meros, er hat damals auf dem Feld gearbeitet. Damals haben wir, wenn wir Pa rathion gespritzt haben, Gasmasken aufgesetzt. Ich rede von einer Zeit, die dreißig Jahre zurückliegt, nein, nicht ganz, gut zwanzig. Jedenfalls, er hatte ein Loch in der Gasmaske, oder das Ventil ist runtergefallen oder so, ich erinnere mich nicht mehr an die Einzelheiten, aber er be kam eine ernste Vergiftung. Er lag dort im Feld – er hat es mir später erzählt, lange Zeit später – und sah dem Tod ins Auge. Er war sicher, das wäre das Ende. Aber nach ein paar Stunden stand er auf, und es war vorbei, der Schwindel, die Übelkeit, alles, und da ging er zu Srulke.« Der verschmitzte Blick und das Lächeln verschwanden nun vollkommen.
    »Srulke war mein Vater, er war verantwortlich für die Feldarbeit«, erklärte er. »Aharon hat ihm alles erzählt, und Srulke ist in Panik geraten. Er war normalerweise ein ruhiger Mann, aber das hat ihn richtig in Panik versetzt. Er ist mit Aharon zu Riwa gerannt, sie war damals unsere Krankenschwester, inzwischen ist sie gestorben.« Er seufzte und legte die Hand vors Gesicht. »Auch mein Vater ist gestorben ... Na gut, jedenfalls hat man ihn nicht behandelt, weil die Symptome von allein weggegangen sind, aber danach hat man bei uns aufgehört, die Baumwolle mit Parathion zu spritzen. Nur ...« Er hörte auf zu sprechen und starrte vor sich auf den Tisch.
    »Nur was?« fragte Michael.
    »Nur Srulke, mein Vater, hat noch ein paar Flaschen Parathion aufgehoben, für die Rosenblätter und so. Er hat gesagt, da gäbe es nichts Besseres als Parathion.«
    »Wo hat er das Parathion aufbewahrt?« fragte Michael. Er hörte das Kratzen des Stifts, mit dem Machluf Levi emsig jedes Wort aufschrieb, das gesprochen wurde, und das Geräusch der Blätter, die er umwandte, nachdem er den Finger mit Spucke angefeuchtet hatte. Offenbar vertraute er dem kleinen Aufnahmegerät nicht, das die ganze Zeit auf Michaels Stuhl stand.
    »Im Giftschuppen, an einem vollkommen sicheren Ort«, erklärte Mojsch. »Wegen der Kinder und überhaupt.«
    »Wo ist dieser Schuppen?« fragte Michael.
    »Ich kann's Ihnen zeigen. Am Rand des Kibbuz, nicht weit von der Scheune für die Baumwollsamen. Deswegen ist er auch immer so gut abgeschlossen, weil die Kinder gerne hingehen und in die Samenhaufen hüpfen. Manchmal lagert dort ein hoher Haufen, bevor er wieder abgeholt wird, und den Kindern macht es Spaß, von oben hineinzuhüpfen.«
    »Und wer hat Zugang zu diesem Schuppen? Wer ist für ihn verantwortlich?«
    »Juppi ist verantwortlich, er hat einen Schlüssel, er ist zur Zeit verantwortlich für die Lagerung.«
    »Für die Lagerung?«
    »Für die Lagerung der Ernte«, erklärte Mojsch. »Gerste, Baumwolle, Sonnenblumenkerne und das alles. Aber mein Vater hatte auch einen Schlüssel für den Schuppen, weil er für die Gartenpflege verantwortlich war. Und Jojo hat auch einen, weil er inzwischen die Gartenpflege übernommen hat.«
    »Und mit wem von diesen Leuten hatte Osnat Kontakt?«
    »Am meisten mit meinem Vater. Mit Jojo hatte sie auch Kontakt, als Kibbuzsekretärin mußte sie ... egal. Sie hatte auch mit Jojo Kontakt, aber keinen sehr persönlichen. Sein Humor hat sie geärgert. Er ist ein eigenartiger Typ.«
    »Und Osnat hatte keinen Schlüssel?«
    »Nein, wieso denn das!« protestierte Mojsch. »Bei allem Respekt, sie verstand keinen Deut von Landbau. Sie hat sich jahrelang mit Pädagogik befaßt, und außer wenn freiwillige Mitarbeit und Sonderschichten nötig waren, zum Beispiel bei der Aprikosen- oder Pfirsichernte, hatte sie nichts mit der Feldarbeit zu tun. Sogar ihren privaten kleinen Garten hat mein Vater für sie in Ordnung gehalten.«
    »Hatte Ihr Vater bei sich im Haus Parathion?« fragte Michael mit plötzlichem Interesse.
    »Ich glaube nicht, daß er welches bei sich zu Hause aufhob«, sagte Mojsch. »Wieso denn? Er war sehr

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