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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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anzuschauen. Sie hatte die Lippen zusammengepreßt und sah aus, als habe sie kein Wort gehört.
    »Diese Frau ist wie Hiob«, sagte Mojsch wenig später, als sie das Haus verlassen hatten. »Ich weiß nicht, warum ihr nicht das Herz bricht. Manchmal bilde ich mir ein, ich höre, wie ihr Herz einen Sprung bekommt.«
    Aber Michael, auf dem Weg zum Giftschuppen, hinter Mojsch gehend und in sich versunken, kaum wahrneh mend, was er unterwegs sah – an die Schilder, an die hohen Bäume und die Grasfläche erinnerte er sich erst später –, konnte an nichts anderes denken als an den Satz, den Dworka am Schluß des Gesprächs gesagt hatte, ohne ihn oder Machluf Levi anzuschauen: »Wer nie in einem Kibbuz gelebt hat, weiß nicht, um was es geht. Von draußen ist es nicht zu verstehen, und all eure Nachforschungen sind sinnlos. Von vornherein zum Scheitern verurteilt.«
     
     
     

Achtes Kapitel
     
    Nahari erhob seine Stimme nicht. Er sprach jedes Wort deutlich aus, das Satzende betonend. »Hier arbeitet man im Team«, sagte er mehrere Male von seinem Platz hinter dem Tisch aus. Mit derselben kühlen Autorität, jedoch leiser, fügte er hinzu: »Aber Sie geben keinem die Möglichkeit, darüber nachzudenken, ob ein Schritt vernünftig ist oder nicht, Sie arbeiten allein, wie ... wie eine Katze oder so. Das hier ist nicht der Distrikt Jerusalem, hier gibt es intelligente, kreative Leute, und die Dynamik ist eine andere.«
    Michael blickte ihn schweigend an.
    »Ich verstehe nicht ganz, warum Sie die Arbeit des Erkennungsdienstes sabotieren mußten. Wir hätten uns von Anfang an koordinieren können ...« Seine Stimme wurde eine Spur lauter. »Haben Sie nichts dazu zu sagen?« Nach ein paar Sekunden des Schweigens brach er plötzlich los: »Sie haben wirklich nichts dazu zu sagen, daß Sie den Untersuchungsprozeß sabotiert haben? Daß Sie gleich über das Parathion gesprochen haben?«
    »Was ich zu sagen habe, habe ich Ihnen bereits vor einer Viertelstunde gesagt«, meinte Michael. »Und wir waren uns einig, daß es für diese Situation keinen Präzedenzfall gibt. Ich hatte keine andere Möglichkeit, die Mauer zu durchbrechen. Sie haben eine Schockbehandlung gebraucht.«
    »Und wie werden sie sich wohl beim Verhör mit dem Detektor verhalten, nachdem Sie schon die Katze aus dem Sack gelassen haben? Warum, glauben Sie, nennen wir bestimmte Details einer laufenden Untersuchung wohl vertraulich, wenn nicht deshalb, damit sie geheimgehalten werden?«
    Auch Michael hörte, daß der Türgriff knirschte. Er drehte sich um.
    »Sie sind gekommen«, sagte Nahari ohne Freude. »Wir können anfangen. Sie werden die Sache letztendlich ausbaden müssen.« Dann wandte er sich den Eintretenden zu.
     
    An dem viereckigen Tisch im großen Konferenzraum des Gebäudes in Petach Tikwa saß Machluf Levi, möglichst weit weg von Nahari, an einer Ecke. Sarit, die Koordinatorin der Sonderkommission, saß rechts neben Nahari, und links von ihm Michael. Ihm gegenüber, auf der anderen Tischseite, hatte Awigail Platz genommen. Trotz der drükkenden Hitze, die wegen der Klimaanlage im Gebäude nicht in voller Stärke zu spüren war, trug sie wie immer ein weißes, langärmliges Männerhemd. Sie studierten die Fo tos, die Sarit herumreichte, und manchmal hob einer die Augen.
    »Ihr habt also wirklich nichts Interessantes bei der Beerdigung entdeckt?« fragte Nahari und blickte erst Awigail an, dann Michael. Michael murmelte etwas von Schatten, denen es noch an Fleisch fehle, und schloß mit den Worten: »Sie wissen ja, wie das ist, erst im nachhinein fügen sich die Dinge mit dem zusammen, was wir bei der Beerdigung gesehen haben. Es geht um viel zu viele Leute, und um viel zu viele kleine Fäden.«
    Nahari schwieg und blätterte in den Unterlagen. Auch die anderen beschäftigten sich mit den Mappen, die Sarit für sie bereitgelegt hatte.
    »Man kann nur sagen, welche Leute stärker betroffen wirkten«, sagte Sarit.
    Michael schaute Awigail an. Er studierte ihre Gesichtszüge. Ihr rechter Mundwinkel senkte sich, während Sarit sprach, daran konnte er ablesen, was sie dachte. Aber sie sagte nichts. Bei Sitzungen sagte sie immer sehr wenig.
    »Und eine Frau war da, die fing an zu reden, doch die anderen haben sie zum Schweigen gebracht«, bemerkte Machluf Levi.
    »Ja«, bestätigte Michael, »aber es hat sich dann herausgestellt, daß sie sich in der letzten Zeit immer so verhält. Mojsch hat gesagt, daß sie sich bei der Beerdigung seines Vaters auch so

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