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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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vorsichtig, ein typischer deutscher Jude, pedantisch, könnte man sagen. Ich habe nie Parathion bei ihm gesehen, aber wir können es nachprüfen. Ich zeige Ihnen den Schuppen, nachdem Sie ...« Sein Gesicht verzog sich. »... nachdem Sie mit Dworka, mit Schlomit und Joaw gesprochen haben, die sind jetzt in Dworkas Zimmer und warten. Ich will nicht ... nun, ich bringe Sie hin.« Er seufzte tief.
     
    Michael fühlte die Anspannung, die immer weiter anwuchs, je länger sich der Weg hinzog. Dworkas »Zimmer« bestand aus einem kleinen Haus mit zwei Räumen. Ein nicht gerade neues Haus. Unterwegs hatten sie neuere gesehen. »Das Viertel der alten Pioniere«, sagte Mojsch, als er gefragt wurde, wer in diesen Häusern wohnte. Sie sind vor zehn Jahren gebaut worden, und später, als wir für unsere Generation neue Wohnungen gebaut haben, dort, zwischen den Feigenbäumen«, er deutete nach rechts, zum Rand des Kibbuz, »waren die hier schon veraltet.«
    »Wo hat Osnat gewohnt?« fragte Michael.
    »Zwischen den Feigen.«
    »Sie haben doch Namen für die verschiedenen Viertel«, bemerkte Michael, und Mojsch nickte. »Ja. Anfangs waren das nur Bezeichnungen für den Ort, an dem man die Häuser gebaut hat, und daraus wurden dann die Namen. Der Kibbuz ist schon ziemlich groß.« Und mit einem bitteren Unterton fuhr er fort: »Vielleicht sollte man auch darüber eine Untersuchung anstellen. Alles andere haben sie ja schon untersucht. Hier, das ist Dworkas Zimmer.« Schnell ging er ein paar Schritte voraus.
    »Dworkas Zimmer« war eines der Randgebäude von fünf Reihenhäusern. Der Garten vor dem Haus war so bunt, daß sogar Michael mitten im Gespräch vor den Beeten stehenblieb und sie erstaunt betrachtete, während er war tete. Mojsch klopfte an die Tür und trat sofort ein. Es verging geraume Zeit, bis er wieder herauskam und Mi chael mit einer Kopfbewegung zum Kommen aufforderte. Machluf Levi folgte ihm mit gesenktem Kopf.
    Die Frau, die ihn erwartete, war, trotz ihres Alters, ungeheuer beeindruckend. Sie erinnerte Michael an jemanden, ohne daß ihm einfiel, an wen. Ihr faltiges Gesicht wirkte ehrfurchtgebietend. Mit ihren dunkelblauen, geröteten Augen blickte sie ihn durchdringend an, und ihr breiter Mund mit den dünnen Lippen verzog sich für einen Moment. Die vollkommen weißen Haare hatte sie zu einem Knoten zusammengefaßt. Sie trug graue Hosen und ein weißes Männerhemd und sah vor dem hellen Sessel wie ein grau-weißer Fleck aus. Die junge Frau, die auf dem Sofa daneben saß und sich als Schlomit vorstellte, Osnats Tochter, hatte diesen großen, breiten Mund der Großmutter, aber ihre Augen waren grün und schmal. Ihr Bruder Joaw, der ungefähr in Juwals Alter zu sein schien, trug Uniform. Auch er hatte schmale, grüne Augen, die in seinem gebräunten Gesicht besonders auffielen. Was für eine gesunde, israelische Schönheit er ausstrahlt, dachte Michael schon jetzt, als er ihn zum ersten Mal sah. Er, seine Schwester und die Großmutter blickten Michael an, als hätten sie nur auf seine Ankunft gewartet, als hätten sie stundenlang bewegungslos so dagesessen und gewartet, daß er kam.
    »Wo sind die Kleinen?« fragte Mojsch.
    »Chagit hat sie genommen«, antwortete Schlomit. Dworka schaute Machluf Levi an und nickte ihm schweigend zu.
    »Sie sind von der Polizei«, sagte Mojsch. »Das ist...« Er unterbrach sich überrascht. »Können Sie bitte noch einmal Ihren Namen sagen?«
    »Michael Ochajon.«
    »Er ist von der Spezialeinheit für Schwerverbrechen, und Inspektor Machluf Levi kennt ihr ja schon«, sagte Mojsch zu den dreien, die die Polizisten mit gespannter Erwartung anschauten. Michael entdeckte in Schlomits Gesicht eine Spur von Angst. Dworkas Gesicht war ausdruckslos wie eine Gipsmaske.
    »Gibt es denn schon Ergebnisse von der Untersuchung?« fragte Schlomit, und alle warteten. Michael nickte.
    »Es war Parathion«, brach es aus Mojsch heraus. »Parathion. Hättet ihr das geglaubt?«
    Machluf Levi schüttelte den Kopf und warf Michael einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Was heißt das, Parathion?« fragte Schlomit ungläubig und verständnislos, und alle drei schauten Michael entsetzt an, als er ihnen berichtete, was er auch Mojsch schon erzählt hatte. Dworkas intensiver Blick aus den blauen, geröteten Augen weckte Hochachtung in ihm. Er vermied es, sie anzuschauen – obwohl ihn die Kraft, die in ihrem Blick lag, anzog – und achtete vor allem auf die beiden jungen Leute. Erst danach wagte er es, Dworka

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