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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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den wir hier vor einer Woche gefeiert haben, als Teil des Jubiläums, das Hauptereignis, die Schatzsuche, hier geendet hat. Der Schatz lag in einem Samenhaufen. Sie hätten sehen sollen, was sich hier abgespielt hat.« Michael ließ die Körner zwischen seinen Fingern hindurchrinnen, faßte tief hinein in den Haufen, der unendlich tief zu sein schien, versuchte, bis zum Boden hinunterzudringen, und überlegte, ob jemand die Flasche vielleicht darin versteckt hatte. Aber es war sinnlos, die Scheune war groß und voller Körner, man müßte sie völlig ausräumen, um bis zum Boden zu kommen.
    »Man muß dort methodisch suchen«, sagte Michael laut, als er jetzt den Baumwollschuppen beschrieb. »Das war uns nicht möglich, weil alles einstweilen geheimgehalten werden sollte.«
    »Was heißt da geheimgehalten«, murrte Nahari verächtlich. »In einem Kibbuz kann man nichts geheimhalten.«
    Michael zog ein zweifelndes Gesicht und sagte: »Da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe bei der Beerdigung mit Aharon Meros gesprochen. Ich habe den Eindruck, daß es ihm sehr wohl gelungen ist, ein paarmal hinzufahren, ohne daß es jemand gemerkt hat.«
    Nahari lächelte. »Das glaubt er vielleicht. Aber wer die Dynamik eines Kibbuz kennt, weiß Bescheid. Er glaubt es, aber ich versichere Ihnen, daß diese da ...« Er deutete auf eine der Frauen, die auf einem Foto neben dem offenen Grab standen.
    »Sie heißt Matilda und ist für die Küche verantwortlich«, sagte Michael.
    »Gehören Sie zu den Leuten, die sich Details merken, oder haben Sie mit ihr gesprochen?« fragte Nahari und machte eine Notiz in den Papieren, die er vor sich liegen hatte.
    »Ich habe nicht mit ihr gesprochen«, antwortete Michael und fuhr im selben Atemzug fort zu beschreiben, wie sie Srulkes Zimmer untersucht hatten. Er hielt sich kurz, und vor seinem inneren Auge erschien wieder das, was Mojsch »Srulkes Zimmer« nannte, eine Wohnung mit zwei Zimmern, ähnlich wie Dworkas, in einer anderen Häuserreihe, nicht abgeschlossen, die immer noch aussah, als sei der Besitzer nur für einen Moment weggegangen, wäre da nicht Staub auf den Einrichtungsgegenständen. Er erinnerte sich auch, wie Mojsch seufzend gesagt hatte: »Ich müßte hier alles rausräumen, aber ich bring's einfach nicht über mich.«
    »Um zum Ende zu kommen«, sagte Michael abschließend, »wir haben überall gesucht, wo wir hoffen konnten, etwas zu finden, doch wir haben nichts gefunden.«
    »Es gibt drei zentrale Funktionen in einem Kibbuz«, sagte Nahari, ohne jemanden anzuschauen. »Sie war also Sekretärin für innere Angelegenheiten. Wissen Sie, was deren Aufgabe ist?« wandte er sich an Michael, sprach aber sofort weiter: »Es gibt Kibbuzim, in denen der Sekretär für innere Angelegenheiten am wichtigsten ist, in anderen hat der allgemeine Kibbuzsekretär die wichtigste Funktion inne. Der Sekretär für die inneren Angelegenheiten kümmert sich um alle sozialen Belange, um das Alltägliche, und wird nie in Ruhe gelassen. Zwar gibt es für alles Ausschüsse, aber wenn die Chawerim mit den Entscheidungen der Ausschüsse nicht zufrieden sind, zu wem gehen sie dann? Zum Sekretär für innere Angelegenheiten. Der allgemeine Sekretär befaßt sich mehr mit allgemeinen politischen Fragen, mit ökonomischen Problemen, und so weiter. Aber letztend lich ...« Er starrte die Mappe an, die vor ihm lag, und ein listiger Ausdruck trat in seine Augen. »... letztendlich hängt die Dynamik immer von der Persönlichkeit ab, die diese Funktion innehat. Das bestimmt die Dominanz.« Er schwieg einen Moment, dann sprach er weiter, mit kurzen, ungeduldigen Sätzen: »Dieser Mann, wie heißt er doch gleich, Mojsch, ist der Kibbuzsekretär. Und die dritte Person ist der Kassenwart. Wer ist dort der Kassenwart? Wissen Sie das?« Diese Frage galt Michael, der deutete auf den Mann, der auf dem Foto neben Mojsch und seiner Frau zu sehen war.
    »Der da?« fragte Nahari erstaunt. »Ist das nicht dieser Jojo?« Irritiert wandte er sich an Sarit. »Warum sind die Bilder so unscharf? Sie sollten die Kamera nachschauen lassen.«
    »Ich weiß nicht, ob es an der Kamera liegt«,sagte Sarit und schüttelte ihre Locken. »Ich glaube, mir hat die Hand gezittert. Diese ganze Sache, der Mord in einem Kibbuz, daß so etwas überhaupt möglich ist, hat mich so erschüttert, ich stand unter Druck. Das war keine normale Beerdigung. Außerdem wird man von allen angeschaut, und jeder fragt sich, was man hier zu suchen

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