Ochajon 04 - Das Lied der Koenige
ihn lange an. »Siehst du es so?« fragte er mit gespanntem Ernst.
»Auf jeden Fall müssen wir über diese Möglichkeit nachdenken, sogar oder gerade, wenn man an jemand Nahestehenden denkt, jemanden aus dem engsten Kreis.«
»Ich glaube es nicht!« rief Dalit.
»Dich hat keiner gefragt«, zischte Zila mit gesenktem Haupt.
»Ich glaube, es gibt keine andere Erklärung dafür, daß ein Einbruch, der derart geplant gewesen sein muß, mit so vielen Insider-Informationen, mit solcher Professionalität, ausgerechnet dann stattgefunden hat, als er zu Hause war. Und schon gar nicht, daß man ihn vorher erstickt hat.«
»Doch!« protestierte Sipo. »Vielleicht hat er die Diebe überrascht.«
»Vielleicht.« Michael verzog das Gesicht.
»Du beharrst auf jeden Fall auf einem Zusammenhang zwischen beiden Fällen, was bedeuten würde, daß auch bei dem Alten ein Mord vorliegt«, vergewisserte sich Balilati.
»Und du?« fragte Michael stur. »Kannst du wahrhaftig den Zusammenhang zwischen beiden Fällen ignorieren? Hast du eine bessere Erklärung?« Er sah, wie Balilatis Augen sich noch mehr verengten, als verstehe er sehr genau, was hinter der Betonung des Wortes »wahrhaftig« steckte. Er entnahm ihm wohl die Unterstellung, nicht sauber gearbeitet zu haben.
»Das würde seine Kinder ausschließen«, dachte Balilati laut. »Sie haben angeblich ein lückenloses Alibi für die Zeit, in der der Alte umgebracht wurde.« Er warf Michael einen scharfen Blick zu. »Sie«, sagte er und schaute auf das geschlossene Fenster, »war beim Friseur. Du kannst beruhigt sein.«
»Ich bin mir ganz und gar nicht sicher, ob diese Tatsache die Familie tatsächlich ausschließen würde«, sagte Michael stur, lehnte seine Ellbogen auf den Tisch und unterstützte seine Wange mit seiner Hand. Auf diese Weise konnte er eine unkontrollierbare Zuckung seines Mundes, das Zeichen ei nes schmerzhaften Zusammenpressens von Unter- und Ober kiefer, verbergen. »Ich frage noch mal, was ist mit den Saiten?«
»Es ist folgendermaßen«, seufzte Balilati, »sie kann sich nicht daran erinnern, ob sie zwei oder drei Saiten in ihrem Koffer hatte. Ich dachte, schon gestern habe ich daran gedacht, daß man sich alle vorknöpfen sollte, die keine dünne Ersatzsaite mehr haben, was für eine Saite ist es noch?«
»Die a-Saite. Aber wir müssen auf eine Antwort von der Spurensicherung warten«, sagte Michael, und plötzlich spürte er, wie sich in seinem Körper das Blut staute und wie sein Puls raste: Er hatte sie mit den Babys zurückgelassen. Aber sie ist nicht allein, rief er sich in Erinnerung. Und über haupt, riß er sich zusammen, sie hatte es nicht getan.
»Wir haben eine Antwort aus dem Labor. Es war die hohe Saite eines Cellos. Schon um fünf Uhr heute morgen habe ich Bescheid bekommen«, sagte Balilati aggressiv. »Jetzt vergleichen sie die Saite mit ihren Saiten. Sie benutzt ganz besondere Saiten.«
Nur die Kaugeräusche Sipos unterbrachen die Stille, die sich über den Tisch senkte.
»So«, sagte Michael nachdenklich. Er fühlte in sich eine große Leere, eine völlige Erstarrung. Was wäre, wenn sie es doch war. Wenn sie es doch war, sagte die Stimme in ihm, wenn doch ...«
»Die a-Saite eines Cellos«, sagte Balilati erneut und heftete den Blick auf Michael, »war die Saite in dem Klavier und die Mordwaffe. Außer Nita waren acht Cellisten bei der Probe. Die Untersuchung, zum Glück waren wir clever genug, jeden nach seinen Saiten zu fragen und alles aufzuschreiben, hat ergeben, daß nur zwei Cellistinnen einen Ersatz für ihre dünnen Saiten dabei hatten.« Er sah auf den Zettel in seiner Hosentasche. »Für ihre a-Saite. Um sechs Uhr heute morgen habe ich Zilas Listen überprüft, Hut ab. Aber alle anderen haben ausgesagt, daß sie ohne dünne Ersatzsaiten gekommen sind. Wer weiß?«
»Der Lügendetektor, werden wir den Lügendetektor in bezug auf die Saiten einsetzen?« fragt Zila.
»Ja«, seufzte Balilati, »demnächst, zuerst mußten wir auf die Bestätigung des Labors warten, daß es wirklich die Mordwaffe war, denn Gott sei Dank, wie dein Freund aus Abu Kabir sagt«, stieß er in Richtung Michael aus, »gibt es keinen Mord, der keine Spuren hinterläßt. Also waren auch hier welche zu finden. Zellen, Haut, ich weiß nicht, Hauptsache, sie haben es bestätigt.«
»Und Nita van Gelden? Was für Ersatzsaiten hatte sie in ihrem Kasten?« fragte Eli Bachar angespannt.
»Das ist es ja, in ihrem Kasten war weder eine d-Saite noch
Weitere Kostenlose Bücher