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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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brauchst nicht von vorne anzufangen und mir einzureden, wie schlecht es ist, und wie schwer man objektiv sein kann, wenn man ein persönliches Interesse an einem Fall hat. Nicht daß ich einen Vorteil davon hätte, aber ich bin eben involviert, und das ist es genau, warum ich mich an dich wende. Ich möchte, daß du mich auf die Dinge aufmerksam machst, die ich wegen meiner fehlenden Distanz zu den Betroffenen übersehe. Du wirst die Dinge sehen, die ich nicht sehen kann oder nicht sehen will. Schließlich kann ich Nita auch nicht vernehmen. Außerdem«, fügte er eifrig hinzu, »müssen beide Fälle sowieso zusammen bearbeitet werden.«
    Balilati holte tief Luft, blies die Wangen auf und atmete geräuschvoll aus. »Ich muß darüber nachdenken«, sagte er nach einer Pause. »Ich muß in Ruhe darüber nachdenken. Es ist keine einfache Sache. Nach dem, was Zila und Eli mir berichtet haben, hätte es jeder von dieser Klezmer-Gruppe hier getan haben können ... Fast hundert Leute kommen in Frage, sieh nur, was hier läuft, und dann lebst du auch noch mit dieser Frau!«
    »Ich lebe nicht mit ihr, wir sind Partner in ein paar Dingen, wegen ... wegen des Babys.«
    »Erinnerst du dich an das, was ich dir vor ein paar Tagen gesagt habe? Damals, als du zu mir ins Büro gekommen bist, als ich dir gesagt habe, daß der normale Weg, den alle gehen, eine Logik hat? Wie läuft eigentlich die Suche nach der Mutter? Man wird sie im Leben nicht finden. Ich sage dir, man wird sie nicht finden. Aber nehmen wir einmal an, die finden sie. Selbst wenn sie sie finden – es hat gar nichts damit zu tun –, meinst du nicht, daß du ein bißchen übergeschnappt bist? Das letzte, was du im Leben brauchst, ist ein Säugling ... seit wann interessierst du dich so für Kinder?«
    Michael seufzte. »Wie lange?«
    »Wie lange ich darüber nachdenken muß? Sagen wir ... eine Stunde, zwei Stunden?« sagte Balilati, blinzelte und grinste. »Denkst du, ich weiß nicht, daß ich ein Volltrottel bin? Wir wissen schließlich, wie es ausgehen wird. Aus Prin zip bin ich gezwungen nachzudenken. Ich bin nicht von vorgestern. Ich mag ein Trottel sein, aber ich bin mir darüber im klaren. Wenigstens soll es einen Unterschied geben zwischen mir und den Frauen, die mit wäßrigem Mund hinter dir herlaufen. Ich denke darüber nach – sie nicht.« Michael machte eine wegwerfende Bewegung und wollte fragen, von welchen Frauen er sprach, aber Balilati legte ihm die Hand auf den Arm und bremste ihn: »Wie jeder in deiner Umgebung habe ich eine Schwäche für dich, Herr Ochajon. Ich bin ein charakterschwacher Mensch. Was soll das hier, du pfeifst – und ich komme? Ich soll mich sofort einverstanden erklären ... Ich muß auch an mich denken, oder was meinst du?«
    »Was riskierst du schon groß? Was ist an meiner Bitte so schlimm?«
    »Machst du Witze?« sagte Balilati und streckte seine Beine noch weiter aus, verschränkte die Arme noch höher über seinem gewaltigen Bauch, glotzte auf die Bühne und die Leute, die darauf auf den Knien herumrutschten. »Man wird mich den Leiter der Ermittlungen nennen, und ich werde nichts anderes tun, als deinen Arsch zu decken? Schließlich wirst du machen, was du willst, und ich werde dein Büttel sein. Das steht von vorneherein fest. Ich hoffe, du registrierst, daß ich nicht auf der Stelle › Nein ‹ sage«, hielt er inne und drohte mit dem Finger. Sein Körper spannte sich, und fatalistisch fügte er hinzu: »Du bist es einfach gewöhnt, alles zu bekommen, worum du bittest. Du bist es gewöhnt, daß man dir nichts abschlagen kann, wenn man dir erst in die Augen gesehen hat. Gut, ich schmelze nicht vor jedem braunen Augenpaar dahin«, stieß er hervor und richtete den Blick zur Bühne. »Nicht mal, wenn es deine Augen sind. Zieh die Augenbrauen nicht so zusammen«, warnte er, als er Michael ansah. »Das zieht nicht bei mir.«
    »Wie kannst du so etwas behaupten?« protestierte Michael. »Was kann man mir nicht abschlagen?«
    »Gut, es klappt vielleicht nicht immer«, sagte Balilati erweicht, nachdem er ihn gemustert hatte. »Vielleicht gibt es etwas, das du wolltest und nicht bekommen hast. Obwohl du mich totschlagen könntest, und ich käme nicht darauf, was es sein sollte«, murrte er und wurde wieder weich. »Ich spreche nicht von › allem ‹ , aber es gibt Bereiche, in denen du gewöhnlich bekommst, was du willst. Vielleicht bin ich ja verhindert, weil ich mit einem anderen Fall beschäftigt bin? Daß ich gar keine

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