Ochajon 04 - Das Lied der Koenige
es sich um Originale handelt oder nicht, und es liegen noch keinerlei Hinweise auf Fälschungen vor. Es ist eine Sache für sich, das zu überprüfen. Hast du das gewußt? Das Labor der Spurensicherung ist ein Witz dagegen, mit all den Mikroskopen und den Scannern. Weißt du, wie man ein altes Gemälde auf Echtheit überprüft?«
Michael schüttelte den Kopf.
»Vielleicht hast du es ja auch an der Uni studiert?«
Michael schüttelte energisch den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, versicherte er.
»Gut«, seufzte Balilati zufrieden. »Ich kann dir einen Vortrag darüber halten. Du wirst dich wundern, was ich mittlerweile alles über Farben weiß!«
Michael murmelte ein paar anerkennende Worte.
»Du glaubst es nicht«, sagte Balilati beharrlich, »es ist eine Welt für sich! Ich sage dir, eine Welt für sich! Zum Bei spiel, wenn ein Maler, der im 17. Jahrhundert gelebt hat, sich ein bestimmtes Blau vorgestellt hat, sagen wir Ultramarin, kennst du dieses Blau?«
Michael betrachtete die Leute von der Spurensicherung, die von der Bühne stiegen und nun im Saal ausschwärmten, und die beiden, die die Sitzreihe umkreisten, in der er und Balilati saßen, den Bereich hinter ihnen untersuchten und sie jeden Augenblick erreichen würden. »Gut, es ist solch ein tiefes Blau«, fuhr Balilati belehrend fort. »Im 17. Jahrhundert benutzte man dazu einen Edelstein. Ich kenne ihn zufällig, denn Mati steht auf diese Klunker. Ich hatte auch mal was mit einer Goldschmiedin, oder so was Ähnliches. Nun ja, es gibt einen Stein, den man Lapislazuli nennt und den die alten Ägypter liebten. Kennst du ihn?«
»Ich glaube, ja«, nickte Michael. »Aber ich bin mir nicht sicher«, fügte er hinzu.
Balilati schien zufrieden. »Den pulverisierten Stein benutzte man auf jeden Fall im 17. Jahrhundert, um das Ultramarin herzustellen. Du bist doch Historiker, oder etwa nicht?«
Michael lächelte.
»Das ist geschichtliches Wissen«, versicherte Balilati. »Erst im 19. Jahrhundert begann man, dieses Blau synthetisch herzustellen. Wenn das alles nicht weiterhilft, weißt du, was dann die Ultima ratio ist?«
»Nein, was denn?«
»Die Ultima ratio«, sagte Balilati verheißungsvoll, sich an seiner Ausdrucksweise labend, »bedeutet, daß du ihnen das Bild bringst, dann beschießen sie es mit radioaktiven Strahlen, und später legen sie einen Film auf das Bild und messen zu unterschiedlichen Zeiten die Strahlung der chemischen Substanzen. Hast du das gewußt?«
»Nein, es scheint mir unglaubwürdig«, sagte Michael, der sichtlich verblüfft war. »Bist du sicher? Ist das eine zuverlässige Information?«
»Was redest du da?« sagte Balilati beleidigt. »Wenn ich es sage!« Er legte die Hand aufs Herz. »Ich habe es von den größten Experten! Ich sitze schon zwei Tage mit einer Dame von Interpol zusammen, einer Französin, die darauf spezialisiert ist, gut, sie hat noch ein paar andere Spezialgebiete«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu. »All das habe ich von ihr gelernt. Später kann man die Untersuchungsergebnisse mit der chemischen Analyse vergleichen. Man geht noch ganz anders vor, wenn das Bild auf Holz gemalt ist, wie es in Italien bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts üblich war und in Holland bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts. Hast du gewußt, daß sie die Jahresringe an der Holzkante zählen?«
Michael schüttelte den Kopf. Die Leute von der Spurensicherung waren schon sehr nah.
»Was ich alles über das Alter des Holzes gelernt habe, auf das man gemalt hat!«
»Van Geldens Bild war auf Leinwand gemalt«, erwähnte Michael.
»Ich weiß.« Balilati schüttelte seinen Arm aus und klopfte sich auf die Hüfte. »Ich habe es dir nur erklären wollen.«
»Müssen wir hier weg?« fragte Michael Schimschon von der Spurensicherung, der am anderen Ende der Reihe stand.
»Sie können noch einen Moment sitzen bleiben«, sagte Schimschon und unterhielt sich weiter mit dem Mann an seiner Seite.
»Willst du dir über die Vorkommnisse hier einen Überblick verschaffen?« fragte Michael Balilati, der den Kopf vorstreckte, grinste und sagte: »Warum nicht? Es schadet nichts, informiert zu sein. Hier herrscht eine Affenhitze. Was suchen sie da?«
Michael klärte ihn auf.
Balilati verzog skeptisch das Gesicht. »Wie sollte die Tat waffe in den Saal gelangen? Wenn es einer von denen war, liegt sie wahrscheinlich näher bei der Leiche. Ob es nun eine Saite war oder ein Stück Draht, ich würde mich auf die Hin terbühne
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