Ochajon 04 - Das Lied der Koenige
konzentrieren. Auch auf die unwahrscheinliche ren Plätze wie Kochecken, Büroschränke. Es ist gar nicht sicher, daß die Tatwaffe noch hier ist. Nur wenn der Mörder auch noch hier ist.«
»Ich hätte gern«, zögerte Michael, als sie aufstanden, um aus dem Saal zu gehen, »daß du mit Nita sprichst, wenn sie wach wird. Daß du sie ver ... daß du ihr die notwendigen Fragen stellst. Auch nach ihren Ersatzsaiten.« Balilati blieb zwischen dem Ende der Reihe und der Holztür stehen.
»Ich bitte dich darum«, sagte Michael. »Ich kann es nicht.«
Balilati neigte den Kopf zur Seite und schnalzte mit der Zunge. »Was willst du Schorer sagen?«
»Eins nach dem anderen«, murmelte Michael.
»Er hätte dich nie im Leben geschickt, wenn er gewußt hätte ...«
»Schimschon!« rief jemand hinter der Bühne, und der Schrei klang nach Dringlichkeit. »Schimschon!« Schimschon verließ die letzte Reihe vor den Rängen und sprang gelenkig auf die Bühne. Michael machte Balilati ein Zeichen, und beide kletterten ebenfalls auf die Bühne. Hinter der Bühne stand ein Kollege von der Spurensicherung, dessen Gesicht vor Schweiß glänzte. »Hier drin, einfach so«, sagte er fassungslos und zeigte auf ein altes Klavier, das am rechten Ende des Flurs stand, an der Stelle, an der der Flur eine Biegung machte und zu den Stufen des Hinterausgangs führte. Auf dem schmalen Klavier türmten sich Noten, alte Zeitungen, eine dicke Rolle gelblichen Klebebands von der Sorte, die im Golfkrieg zur Abdichtung von Fenstern und Türen gedient hatte. Eine dicke Staubschicht lag über allen Gegenständen, und Stapel von alten Zeitungen und Noten häuften sich auf dem Boden, zu Füßen des alten Instruments. »Es war reiner Zufall. Ich habe einfach den Deckel hochgehoben. Er war voll beladen, als ob man ihn seit Jahren nicht berührt hätte«, sagte er. Ein triumphierender Stolz lag in seinem Lächeln. Schimschon nahm vorsichtig den dünnen Draht, dessen Ende um ein kleines Holzstück geschlungen war und den er in Händen hielt, als wäre er eine Hostie. Er pustete behutsam. Michael ging auf die Männer zu, Balilati lehnte sich in ihrer Nähe gegen die Wand.
»Was sagen Sie dazu?« fragte Michael Schimschon.
»Es kann sein, durchaus, es ist möglich, aber wir müssen es erst überprüfen. Klar, daß man sie vorher abgewischt hat«, murrte er, als er durch die Lupe schaute, die Jafa über die Saite hielt, die er zwischen seinen Händen spannte. »Sie ist mindestens einen Meter lang«, sagte er befriedigt.
»Hier, in die Plastiktüte!« sagte jemand mit einem siegesgewissen Gesichtsausdruck.
»Jetzt sucht noch nach den Handschuhen«, sagte Schimschon. »Wenn wir eine Saite haben, müssen irgendwo Handschuhe sein. Ohne Handschuhe kann man so etwas nicht machen, ohne sich selbst zu schneiden. Haben Sie sämtliche Hände untersucht?«
»Wir sind noch dabei«, versicherte Michael. »Wir werden alle Hände überprüfen. Bis jetzt haben wir noch keine Schnitte entdeckt.«
»Gut, ein Musiker kann sich keinen Schnitt in die Hand erlauben«, dachte Schimschon laut und zerstreut, während er die Saite in eine durchsichtige Tüte gab. »Gott war Ihnen gnädig. Anscheinend unterhalten Sie Beziehungen zu ihm«, sagte er zu Michael. »Alle Achtung, man muß verlieren können. Dann habe ich mich also geirrt. Touché!« verkündete er, zog einen imaginären Hut vom Kopf und verneigte sich tief.
»Bringt die Tüte zu Solomon«, sagte Michael, »er kann feststellen, ob das die Tatwaffe ist.«
»Wir haben die Rollen getauscht«, grinste Schimschon, »jetzt sind Sie dran, zu zweifeln und auf Fakten zu warten. Wie auch immer, Hauptsache, wir haben etwas gefunden.«
»Handschuhe? Nach Handschuhen sucht ihr?« war ein Ruf aus der Ecke, in der das Klavier stand, zu hören. Jafa, die beide Hände ausgestreckt hatte, wedelte mit einem Paar hellbrauner Handschuhe aus feinem Leder und lächelte breit. Schimschon sprang auf sie zu und riß ihr die Handschuhe aus den Händen. »Wo haben sie gesteckt?« wollte er wissen. »Hier, hier haben sie ganz unschuldig zusammengefaltet gelegen«, sagte Jafa und zeigte auf den Boden vor dem Klavier. »Dort waren sie.«
»Es sind keine einfachen Handschuhe«, sagte Balilati, »sie sind aus einem weichen, besonderen Leder, der Besitzer läßt sich sicherlich ermitteln.«
»Wir müssen die Musiker auch dazu befragen«, sagte Michael und befühlte das weiche Futter des hellen, harten Leders.
»Sie könnten einer Frau oder einem
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