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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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ich ver schwinde, ohne etwas zu sagen, und wollte wissen, warum. Schon seit langem hat sie ... schon vor langer Zeit hat sie angefangen zu fragen, und ich wurde böse auf sie, weil ich nicht wollte, dass sie ... und am Ende ...«
    »Aber Bezalel hat auch damit angefangen«, bemerkte Ezra Baschari, »auch er kann es nicht sein lassen. Sowie er etwas gespürt hat – hat er sich darauf gestürzt, und wir ... ich habe mit ihm deswegen gestritten ...«, seine Stimme klang durchtränkt von Trauer und Reue, »besonders vor einiger Zeit, als er uns das Einwanderungsdokument von uns und dem Baby angebracht hat ... und als ich das gesehen habe, bin ich ... ich wollte nicht ...«
    »Einwanderungsdokument?«, fragte Michael mit ausgedörr ter Stimme, »es gibt Papiere?«
    »Ja, dort steht geschrieben« – Ezra Baschari verzog das Gesicht zu einem bitteren Grinsen – »Zohar, gestorben in Ein Sche mer, und das Datum, der 13. März 1949, nicht einmal den Namen haben sie ordentlich geschrieben, Zohar anstatt Zohra. Allein daran sieht man schon die Abwertung.«
    »Aber einen Totenschein hat Bezalel damals nicht gefunden«, bemerkte seine Frau, »einen Totenschein, hat er gesagt, gibt es nicht.«
    »Anstatt einem Totenschein holten sie ihm aus dem Computer die Information raus, dass die Ausweisnummer so und so – das Baby hatte eine Nummer – dreiundsechzig das Land verlassen hat. Verstehen Sie das?«
    »Nein, das verstehe ich nicht«, entgegnete Michael.
    »Mein Sohn, Natanael«, erklärte Ezra Baschari, »hat es nachgeprüft und festgestellt, dass man in dem Jahr eine Volkszählung gemacht hat, und wer das Land verlassen hatte, wurde aus der Einwohnerliste gestrichen. Das war die einzige Erklärung, die er dafür fand, es gibt keine andere. Das war das Jahr, in dem sie die ganzen Fälle in großem Stil getarnt haben, bevor jemand anfing, laut aufzuschreien.«
    »Aber am Ende hat es nichts genützt«, sagte Ne’ima Baschari erbittert, »es hilft nichts, denn diese Taten lassen sich nicht ver heimlichen, und wenn das auch damit zusammenhängt, dass Zohra ...« Sie schlug die Hände zusammen und verstummte.
    »Das Gesetz soll den Berg durchbohren«, murmelte Ezra Baschari.
    »Hat sie mit ihren Brüdern darüber gesprochen?«, fragte Michael.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Ne’ima Baschari, »wir reden zu Hause nicht darüber, nur dieses eine Mal, als Bezalel mit dem Dokument und dem Computerausdruck kam ... und da ist sein Vater so wütend geworden, dass er nie mehr ...«
    »Sie müssen selber mit ihm reden«, sagte ihr Mann, »Sie können die Söhne fragen, auch Jirmejahu, unseren zweiten Sohn, er wird heute Nacht ankommen.«
    »Vielleicht könnte ich jetzt ...« Michael zögerte und machte eine ungewisse Geste in Richtung Tür.
    »Vielleicht, warum nicht«, sagte Ezra Baschari, »sie werden mit Ihnen reden.«
    Doch in dem Moment, in dem er aufstand und vorsichtig die Jacke mit dem Aufnahmegerät darin hochhob, hörte er das Funkgerät piepsen und sah auf der Anzeige, dass Balilati ihn suchte. »Dringend anrufen«, stand dort.

Zehntes Kapitel
     
     
    Sie hätte nicht zustimmen dürfen, dass Michaels Büro am Mi grasch Harussim in die Zentrale der Suchaktion verwandelt wurde, auf jeden Fall nicht, solange Mosche Avital dort auf dem Gang auf der Holzbank saß und jedes Mal, wenn sie die Tür aufmachte oder in den Gang hinausrannte, einen tiefen Seufzer ausstieß. Dieses Zimmer war zu zentral, es kamen Anrufe herein, die überhaupt nichts mit der Suche zu tun hatten, und jeder dachte, er könnte einfach hereinkommen und einem auf den Nerv fallen. Andererseits war es schlicht unmöglich, Mosche Avitals sanfte braune Augen weiterhin zu ignorieren, die an ihrem Gesicht hingen, als könnte sie, und nur sie allein ihm helfen, und diese Mundwinkel, die sich nach unten bogen wie bei einem kleinen Jungen, wenn sie zu ihm sagte: »Noch nicht«, oder »nichts zu machen einstweilen, Sie müssen noch ein bisschen warten, bis Kommissar Ochajon zurückkommt«, oder »das sind meine Instruktionen, ich kann Sie nicht gehen lassen.« Wie ein hässliches Entlein sah er aus in seinem flaumgelben Pullover, mit seinen kurzen Beinen. Keine Frage: Schön war er nicht. Beim besten Willen vermochte sie nicht zu verstehen, wie er einen Ruf als Don Juan haben konnte, mit seinem komischen Gesicht, seinem nach oben wie unten zugespitzten Schädel und dem fliehenden Kinn. Andererseits hing er mit diesem Blick an ihr, als sei sie irgendeine Märchenfee

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