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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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ineinander, wobei er die Tasche seiner Jacke berührte, in der – so hoffte er – das Aufnahmegerät lief.
     
    »Im Jahre neunundvierzig waren wir im Durchgangslager bei Aden, als ich ein Mädchen zur Welt brachte«, begann Ne’ima Baschari, »ich war ein Kind. Ein Baby war mir davor schon gestorben, und ich verstand noch gar nichts. Ich wusste nur, dass ich ein lebendiges Baby hatte, und auch noch ein so schönes, mit blauen Augen.«
    »Sie hatte blaue Augen«, bestätigte Ezra Baschari, »alle unsere Kinder sind mit blauen Augen geboren worden, wir wussten nicht, dass sich das nachher ändern kann, wir waren beide noch Kinder.«
    »Das Blau hätte sich bei ihr nicht geändert, das war ein unveränderliches Blau«, beharrte Ne’ima Baschari, und als Michael wie zustimmend nickte, fuhr sie fort: »Man brachte uns in ein Neueinwandererlager im Kibbuz Ein Schemer, wir waren dort vielleicht eine Woche, unsere Babys nahmen sie ins Säuglingshaus mit, machten Untersuchungen mit ihnen und das Ganze, brach ten sie aber danach wieder zurück. Jeden Tag brachten sie sie zum Stillen. Und dann plötzlich – eines Tages nicht. Kein Baby. Verschwunden.« Ne’ima Baschari schluckte mühsam und sprach weiter: »Sie war zwei Monate alt, Zohra hatten wir sie genannt, und sie war verschwunden. Eines Morgens sagten sie zu mir, sie hätten sie ins Krankenhaus gebracht. Am Abend hatte ich sie noch gestillt, und da war sie völlig gesund gewesen, eine Mutter weiß, ob ihr Baby gesund oder krank ist. Und ich sage Ihnen: Sie war gesund. Und in der Früh – im Krankenhaus. Ich lief herum, ich fragte nach, man sagte mir nichts. Nicht, welches Krankenhaus, und nicht, was sie hatte.«
    »Später begriffen wir, dass es eine Polioepidemie gab, es herrschte große Angst, wenn die Kinder Fieber hatten, fürchteten sie gleich ...«, ergänzte ihr Ehemann.
    »Sie hatte kein Fieber«, sagte Ne’ima Baschari zornig, »ich sage Ihnen – nichts hatte sie, und das mit dem Polio, das war noch gar nicht ... erst danach ... aber was wusste ich schon? Man schickte mich von einem zum anderen, und ich hatte das Gefühl, ich spürte es sofort, dass ich mein Baby nie wiedersehen würde.« Sie presste ihre Lippen aufeinander und schwieg.
    Michael wartete eine Weile.
    »Nach einigen Tagen, vielleicht ein bis zwei Tagen, meinen Sie bloß nicht, ich hätte es nach all den Jahren vergessen, obwohl ich damals, wenn Sie mich gefragt hätten, wie viel Zeit vergangen war, keine Ahnung gehabt hätte, weil ich die ganze Zeit wie eine Verrückte herumrannte, weinte und schrie. Schließlich gaben sie mir eine Pille und sagten, ›sie wird gesund, sie wird wieder gesund werden‹. Ich wollte sie ja nur sehen, bloß mein Baby sehen. Es geht nicht, dass man einer Mutter einfach so ihr Baby wegnimmt ... und noch dazu Juden ...« Sie wischte sich die Tränen ab, die ihr aus den Augen rollten, »plötzlich nach ein oder zwei Tagen sagt mir Ezra, ›man ruft uns per Lautsprecher‹ – es gab einen Lautsprecher im Lager«, erklärte sie, »wo alle Informationen durchgesagt wurden, wenn jemand angekommen war, wenn sie jemanden im Büro wollten, solche Sachen... ich hörte den Lautsprecher, Ezra und ich standen da und hörten die Meldung, ›Zohra Baschari ist gestorben‹ ...«
    »Per Lautsprecher?«, fragte Michael bestürzt.
    »Kaum zu glauben«, sagte Ezra Baschari, »aber so war es. Nicht einmal uns rufen lassen konnten sie, um es uns schonend beizubringen ...«
    »Ich habe es nicht geglaubt«, sagte Ne’ima Baschari leise, »ich glaubte es nicht. Ich rannte zu ihnen, wo ist sie, ich schrie, sie soll ten sie mir tot zeigen, sollten mir ihre Leiche zeigen, ein Grab, irgendwas. Aber wie viel Kraft hatte ich schon? Kein Grab bekam ich von ihnen zu sehen.«
    »Jeden Tag fragten wir. Nie erhielten wir eine Antwort, aber wir gaben nicht auf. Nach vier oder fünf Tagen«, übernahm Ezra Baschari die Fortsetzung, da seine Frau verstummt war, »rief man uns dringend in irgendein kleines Zimmer neben dem Hauptbüro, wir zwei gingen dorthin.«
    »Man gab uns ein Päckchen«, sagte Ne’ima Baschari, »ein Päckchen in einer kleinen Kiste. Sie sagten, ›hier ist euer Baby, tot, aber nicht aufmachen. Macht das Paket nicht auf.‹ So hat es die Schwester gesagt. Ich schaute die Kiste an – drinnen ein Päck chen mit Lumpen, und die Schwester sagt zu mir, ›hier, siehst du, Ne’ima? Das Baby ist tot, aber mach das Paket nicht auf.‹«
    »Wir waren Kinder, vielleicht haben wir ja

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