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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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selbst ihren müden Ton in den Ohren hatte, und dabei war es erst kurz nach zehn am Vormittag, und dieser Avital wartete bereits seit sechs, seit Balilati ihn hier zurückgelassen hatte, wie lange konnte sie eigentlich ...
    »Wir sind im Haus von dem Griechen an der Ecke Etani’el/ Bethlehemer, over.
    »Notiert«, erwiderte sie, und in dem Moment klingelte ihr Mobiltelefon. »Du brauchst meine Route nicht aufzeichnen«, sagte Eli am Handy, »ich bin mit Alisa am Funkgerät verbunden, und sie sitzt dort neben der Zentrale auch mit einem Plan, damit du nicht zu viel ...«
    »Hast du mit deiner Mutter geredet?«, fragte sie dazwischen und legte den roten Filzstift beiseite.
    »Hab ich. Den Kindern geht’s gut, bloß ich kann mich kaum mehr auf den Beinen halten«, sagte ihr Mann und fragte nicht ein mal, wie es ihr ging, »Alisa wird zu dir raufkommen mit meinen Berichten, falls was sein sollte, und dann kannst du das Ganze ko ordinieren.«
    Das Gespräch war zu Ende oder unterbrochen worden, doch sie hatte jetzt keine Zeit zurückzurufen, um das herauszufinden, denn im Lautsprecher erklang wieder Ja’irs Stimme: »Dieses Haus, das ist ja ein Palast und kein Haus, aus Jerusalemer Stein, kaum zu glauben, wie schön es ist!« Nicht einmal »over« sagte er, und sie musste sich beherrschen, um ihn nicht darauf hinzu weisen, dass er sich jetzt besser nicht an den Jerusalemer Vierteln begeistern sollte, da er nicht auf irgendeinem Feiertagsausflug sei, und sie verkniff sich auch die Bemerkung, dass es solche Sachen garantiert weder in Tel Aviv noch in seinem Moschav gäbe, sondern sagte nur: »Ecke Etani’el/Bethlehemer? Over.«
    »Es ist zugesperrt«, hörte sie im Hintergrund eine dumpfe Stimme, »alles verriegelt, und die Fenster sind mit Brettern vernagelt.«
    »Hier Einat. Wir sind unterwegs in Richtung Schimschon, da gibt es so ein Bad, eine Mikve, wir gehen rein. Over.«
    Zila markierte das Gebäude in der Schimschonstraße mit einem Stern, und für einen flüchtigen Moment hatte sie das Bild eines kleinen Leichnams am Grund des grünlich trüben Wassers vor Augen. Sie fröstelte. Mein Gott, wenn sie wenigstens einen Kaffee mitgebracht hätte in dieses Büro, in das sie jetzt wie ein Sträfling in der Zelle eingesperrt war.
    Jemand klopfte zartfühlend an die Tür, und noch bevor sie rea gieren konnte, ging sie langsam auf, und niemand anderer als Mo sche Avital mit seinem gelben Pullover stand auf der Schwelle. Wie ein dottergelber weicher Frosch sah er nun aus, doch er hielt Papp becher in beiden Händen, von denen dampfender Kaffeegeruch aufstieg, und streckte einen davon nach vorn. »Das ist aus dem Automaten unten auf der Straße«, erklärte er ihr, »Cappuccino mit Zucker.« Unter seinem Arm klemmte eine blaue Plastiktüte.
    Ohne auch nur zu fragen stellte er die beiden Becher vorsich tig auf dem Tisch ab und öffnete die Plastiktüte, aus der er zwei große, mit Sesam bestreute Bagel zog. »Da unten läuft einer mit so einem Karren herum«, erklärte er angesichts ihres überraschten Blicks – wobei sie nicht wusste, was sie mehr verblüffte: der Kaffee und die Bagel aus der Altstadt oder Mosche Avitals Frech heit. Er breitete ein Stück Zeitungspapier auf einer Ecke des Tisches aus, darauf achtend, den großen Plan nicht zu berühren, und legte die Bagel darauf. »Sie sind auch gewürzt, mit Zatar, ohne Sand dazwischen, ganz sauber«, versicherte er ihr und ließ sich auf dem Stuhl am Tisch nieder.
    »Nun trinken Sie schon«, drängte er sie mit einem kleinen Lächeln, und seine großen, tiefgründigen Augen ließen nicht von den ihren ab, »wozu warten, noch ist er heiß.«
    Was konnte sie tun? Der Kaffee war wirklich heiß und tat gut. Sie trank und riss ein Stück von dem Bagel ab, zerteilte ihn mit den Fingern in zwei Hälften und bestreute ihn mit Zatar. Jetzt konnte sie ihn schlecht davonjagen. Wie hätte sie denn jemanden hinauswerfen können, der ihr gerade Kaffee und Bagel gebracht hatte? Alles was sie herausbrachte, und das mit fast weicher Stimme, war: »Danke, aber Sie haben das Gebäude verlassen.«
    »Nur für einen winzigen Moment«, antwortete er und lä chelte – er hatte große weiße Zähne, die aber nicht gerade und alle unterschiedlich waren, und sein einer Vorderzahn war an der Kante leicht abgesplittert, wie der von Nathan. Nathans Zahn war unterm Rennen beim Versteckspielen abgebrochen. Wo war der von Mosche Avital abgebrochen? Wem war er nachgerannt? Auf der Wange, in gerader

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