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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Benesch und schüttelte den Kopf, »Sie sind zu jung, um zu verstehen. Weil es in dieser Straße so viele Kanaken gibt ...«
    »Mama!«, zischte ihr Sohn alarmiert.
    »Wie soll ich dann sagen? Östliche Volksgemeinschaften? Na meinetwegen, also wegen denen entspricht das Niveau der Straße und des Viertels ... des ganzen Landes, und hören Sie gut zu, was ich Ihnen sage, nicht dem Niveau, das wir dachten ... das wir gewöhnt waren ...«
    Michael musterte sie ausdruckslos. Nach kurzem Schweigen sagte er: »Ohne jeden Zusammenhang mit gutem oder schlechtem Blut, Frau Benesch, wir müssen Joram zum Verhör vorladen, und auch Sie und Ihr Mann werden bei uns einvernommen werden, und das kann mit oder ohne Rechtsanwalt geschehen. Was ziehen Sie vor?«
    Klara Benesch blickte ihren Sohn und ihren Mann an. »Wir warten, bis wir mit einem Anwalt gesprochen haben«, sagte sie schließlich und legte eine Hand auf den Arm ihres Sohnes, »wir haben einen Cousin, der Anwalt ist, und er versteht etwas von solchen Dingen. Sie können warten oder gehen. Mit Gewalt wer den Sie einen Jungen aus gutem Hause nicht mitnehmen, wir sind keine solchen Leute ...«
    »Könnten Sie ihn jetzt anrufen?«, fragte Michael.
    »Aber sicher könnten wir das«, sagte sie provokant, »er ist ein Verwandter, oder?«
    »Dann wäre es möglich, dass Sie ihn anrufen und ihn bitten, hierher zu kommen?«
    »Das wäre es«, bejahte sie, erhob sich und wandte sich der Tür zu.
    »Nein, Frau Benesch, Sie werden mit ihm jetzt kein Privatgespräch führen, sondern ihm nur sagen, dass er herkommen soll.«
    »Aber das Telefon ist dort«, entgegnete sie wütend und gleichzeitig mit einem Anflug von Furcht und deutete in Richtung Gang, »es gibt eines in der Diele und eines in der Küche.«
    »Wenn Sie dann also gestatten«, sagte Michael, stand ebenfalls auf und ging ihr nach, gefolgt von Efraim Benesch.

Dreizehntes Kapitel
     
    »Ich kann dir nur eine kleine Geschichte erzählen«, sagte Imanuel Schorr, der ein schmales Glas vor sich hochhielt und versuchte, mit den Augen den Blick des Obers einzufangen. »Die ganze Zeit, wenn du sie nicht brauchst, rennen sie um dich herum und fragen, ob auch alles in Ordnung ist, und wenn du etwas brauchst – genau dann sehen sie dich nicht«, lachte er und wedelte mit der Hand. Der Wirt, der von seinem Platz hinter der Theke zu ihnen hinüberblickte, eilte herbei.
    »Noch einen Grappa?«, fragte er, und Schorr bestätigte mit einem Kopfnicken. »Auch die Dame?«, fragte der Wirt nach. Sein dicker Bart erzitterte leicht, wenn er sprach.
    »Für mich nur einen Kaffee«, erwiderte Ada und lächelte.
    »Für mich auch«, schloss sich Michael an und rieb sich den Nacken, der ihn in den letzten Stunden schmerzte.
    »Schau dir diesen Platz an«, sagte Schorr und betrachtete seine Umgebung, »zwölf Uhr nachts und völlig ausgestorben. Vor zwei Monaten, wenn du hier nach Mitternacht reingekommen wärst, hättest du keinen Platz zum Sitzen gefunden, was heißt hier zwei Monate, noch vor einem Monat. Sie werden nicht lange durchhalten mit dieser Intifada.«
    »Die Stadt ist völlig ausgestorben«, stimmte ihm Ada zu, »es ist mir noch nie passiert, dass ich um zehn hier angekommen bin, und noch dazu feiertags, und einen Platz gefunden habe. Und auch noch am Fenster.«
    »Du solltest wissen, dass Imanuel Schorr Beziehungen hat«, sagte Michael, »es gibt kein Lokal in ganz Jerusalem, das ...«
    »Ich war vor ihm da«, widersprach Ada, »und stell dir vor, ich habe einen Platz am Fenster bekommen ohne Beziehungen oder sonst was.« Ihr Lächeln verwischte die Spannung ein wenig, die er in ihren Augen gesehen hatte, als er mit einer Stunde Verspätung in dem Restaurant eingetroffen war. Schorr, der ihr gegenü ber saß, hatte gerade sein Messer in ein riesiges Beefsteak gebohrt und Ada angeblickt, als erwartete er eine Antwort auf eine Frage, die er ihr gestellt hatte. Er winkte Michael zwar zu – Ada hatte ihn zu diesem Zeitpunkt noch nicht bemerkt und ihre Lippen zuckten bei dem Versuch, auf Schorrs Frage zu antworten –, doch Michael hatte über die Distanz hinweg bereits den Schatten der Enttäuschung auf dem Gesicht seines engsten Freundes ausgemacht und verstanden, dass seine Ankunft irgendeine Art Prüfung unterbrochen hatte, die er anscheinend mit Ada machte. Es bestand zwar kein Zweifel an ihrer Freude, als sie ihm ihr Gesicht zuwandte und leichthin sagte: »Es gibt nichts mehr, was dein Freund nicht von mir weiß, wenn du noch

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