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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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abzusperren?«, gab Wachtmeister Ja’ir liebenswürdig zu bedenken, und Michael sah, wie Klara Beneschs Augen, himmelblau wie die ihres Sohnes, sie beide musterten und wie ihre Hand von ihrem Hals zu dem Muttermal neben ihrer schmalen Nase hochkletterte. Mit erschrockenem Misstrauen heftete sie ihren Blick auf Michaels Gesicht.
    »Wo ist mein Auto?«, verlangte Joram Benesch mit lauter, schriller Stimme zu wissen.
    »Ich sagte es doch schon«, erklärte Ja’ir sanft und wandte sich an Klara Benesch: »Er ist vor einer Weile mit uns hineingegangen und hat anscheinend vergessen, es abzusperren.«
    »Sie haben’s genommen, sie haben mein Auto mitgenommen, die Polizei hat mir meinen Wagen geklaut!«, beschwerte sich Joram Benesch bei seiner Mutter mit hochrotem Gesicht.
    Klara Beneschs angenehmes, ernsthaftes Gesicht veränderte seinen Ausdruck von Schrecken zu Wut. »Schon seit zwei Tagen lassen Sie uns nicht in Ruhe«, protestierte sie aufgebracht, »kommen und gehen hier, bringen alles durcheinander, und jetzt nehmen Sie Joram das Auto weg? Es ist ein völlig neuer Wagen, er hat ihn von der Arbeit bekommen ...«
    »Man wird ihn bestimmt wiederfinden«, tröstete sie Ja’ir, »und falls nicht, ist er versichert oder ...«
    »Was heißt hier versichert?!«, schrie Joram Benesch auf, »ihr habt mir das Auto gestohlen, das wissen wir doch alle.«
    »Frau Benesch«, sagte Michael freundlich, »vielleicht könnten Sie mir sagen, wo Ihr Sohn gestern Nacht war?«
    Klara Benesch fuhr mit der Hand über den großen Haarkno ten in ihrem Nacken, dann betastete sie wieder ihren Hals und warf einen Blick zu ihrem Sohn hinüber. »Weshalb fragen Sie ihn das nicht selbst«, wunderte sie sich, »wieso müssen Sie da mich fragen, da ist er, fragen Sie ihn.«
    Ihr Sohn öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Wachtmeister Ja’irs Hand schoss blitzschnell vor und packte ihn am Arm: »Sie sind jetzt still, verstanden?«
    »Was soll das hier? Wie reden Sie denn?«, sagte Klara Benesch empört. »Er war zu Hause.«
    »Den ganzen Abend?«, fragte Michael.
    »Den ganzen Abend, sicher den ganzen Abend«, erwiderte die Mutter mit lauter werdender Stimme, »was für eine Art ... wir waren müde von der Fahrt, in der Früh haben wir Michelle zu ihren Verwandten im Kibbuz gebracht, und am Abend haben wir ferngesehen, sein Vater, ich und er, und danach sind wir schlafen gegangen.«
    »Michelle ist die Braut?«, fragte Ja’ir.
    »Joram und Michelle werden im Dezember heiraten«, verkündete Klara Benesch mit herausforderndem Stolz, »die Hochzeit wird in New Haven stattfinden.«
    »Wann sind Sie zu Bett gegangen?«, fragte Michael und gewahrte, wie sich Jorams Augen verengten.
    »Ich verstehe nicht, weshalb Sie ... so gegen zehn ungefähr«, erwiderte die Mutter mit stark rollendem, ungarischem R, das sich im Laufe ihrer Worte zunehmend verschliff, »wir essen immer früh zu Abend und gehen früh schlafen. Es gab nichts im Fernsehen, überhaupt nichts«, entschuldigte sie sich, »eine Million Kanäle, aber nichts zu sehen. Und ich habe mich auch nicht so gut gefühlt.«
    »Ist Joram auch um zehn Uhr schlafen gegangen?«, erkundigte sich Michael.
    »Joram ist ein großer Junge«, sagte seine Mutter und blickte ihren Sohn beunruhigt an, »man sagt keinem Dreiundzwanzigjährigen, wann er ins Bett gehen soll, vielleicht hat er sich noch ein Video angeschaut oder so etwas.«
    »Aber er hat das Haus nicht verlassen«, vergewisserte sich Michael.
    »Nein, hat er nicht«, versicherte Jorams Mutter.
    »Frau Benesch«, sagte Michael und deutete auf den Sessel, »vielleicht würden Sie einen Augenblick Platz nehmen ...« Er wartete, bis sie ihren Rock glatt gestrichen, den Mantel über die Sessellehne gelegt und sich gesetzt hatte, mit seitwärts gestellten Beinen. »Schlafen Sie gut in der Nacht?«, fragte er sie dann.
    Sie sah ihren Sohn an, als sei sie unschlüssig, was sie sagen sollte, aber sein Gesicht war starr und er hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Nicht so gut«, gab sie schließlich zur Antwort, »mir geht es nicht so gut ...«
    »Dann nehmen Sie wohl Tabletten«, schlug Michael vor.
    »Nicht jeden Tag«, sagte sie vorsichtig, »nur manchmal, ein mal alle zwei Tage vielleicht, eine Tablette.« Sie befingerte wieder ihren Hals und fügte dann überstürzt hinzu: »Aber mit Rezept, der Arzt hat sie mir gegeben, es sind sehr gute Tabletten, Bondor min, man schläft tief und auch beim Aufstehen ... ohne jede Nebenwirkung.«
    »Und Ihr

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