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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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dem Mikrophon.« Er strich über den schwarzen Mantel. »Ich kenne sie schon seit vor deiner Geburt«, stieß er noch hervor und stieg schnell aus dem Sendewagen aus, während er hastige Blicke nach rechts und links warf.
     
    *
     
    Während Schraiber die Treppen in den zweiten Stock zu Rabbiner Alcharizis Wohnung hinaufstieg, stand Dani Benisri vor dem Informationsschalter des Hadassa-Krankenhauses in Ein Kerem. »Sicher auf der Intensivstation«, sagte er zu der Angestellten in einem letzten Überredungsversuch, ihm zu verraten, in welcher Abteilung die Ministerin lag, und verfluchte sich selbst für die Dummheit, die ihn »Ministerin für Arbeit und Wirtschaft« hatte sagen lassen anstatt einfach Timna Ben-Zvi, als sei er ein Jugendfreund oder Verwandter – dann hätte die Rezeptionsangestellte vielleicht gar nicht weiter darauf geachtet. Doch bei zweiter Überlegung – sie hätte bestimmt ohnehin aufgepasst. »Warum sagen Sie es mir nicht? Aus Sicherheitsgründen?«, fragte er sie giftig, eigentlich nur noch, um sie aus der Fassung zu bringen.
    »Mein Herr«, erwiderte die Angestellte, ohne ihm einen Blick zu gönnen, »wenden Sie sich an den Sprecher des Krankenhauses. Ich teile nichts mit.«
    Als sich Benisri zum Gehen wandte, kam gerade ein Arzt vorbei, warf einen kurzen Blick auf ihn und lächelte. »Fernsehen?«, fragte er. »Nachrichten, oder? Bildung? Nein, nicht Bildung, jetzt hab ich’s! Der Tunnel, die Arbeiter, Respekt … wir haben Sie gesehen …«
    Benisri trat auf den Arzt zu, lächelte ihn liebenswürdig an und sagte in beiläufigem Ton: »Ich suche nur das Zimmer der Ministerin für Arbeit und Wirtschaft, man hat mir gesagt …«
    »Kommen Sie, kommen Sie, kommen Sie mit, ich bringe Sie hin«, jubelte der Arzt, »was sagen Sie dazu? Sie suchen sie und sie ist genau auf meiner Station, Fügung des Zufalls oder Schicksal? Was meinen Sie?«
    Benisri folgte ihm gehorsam. Der Arzt wies ihn an, ein paar Minuten in dem großen Vorraum der Station zu warten, und betrat einen Gang, der nach innen führte. Dani Benisri sah, wie sich die Tür des Gangs öffnete und schloss, probierte es ebenfalls und ging hinein. Kein Mensch außer ihm war da. Man hat hierzulande den Ministerpräsidenten ermordet, sagte er sich, und sie haben nicht mal eine Wache für die Ministerin. Keine Bewachung von Ministern, und daher kann man sie entführen oder in einem Tunnel einsperren und sogar mit Kameras zu ihnen eindringen und sie fotografieren, wie sie im Krankenhausbett liegen. Eine Kamera hatte er allerdings nicht. Hellblaue Vorhänge bedeckten die Fenster der Privatzimmer, die zum Gang gewandt waren. Drei solche Zimmer gab es dort und im letzten, am äußersten Ende, lag die Ministerin. Dorthin war der Arzt gegangen, und dort musste er wieder herauskommen. Benisri näherte sich dem Zimmer. Die hellblauen Vorhänge schlossen nicht lückenlos. Als er seinen Blick auf den Spalt zwischen den beiden Hälften konzentrierte, sah er sie auf dem Bett sitzen. Ein nackter weißer Rücken und darüber gebeugt der Arzt, den Blick auf einen fernen Punkt fixiert, sein Ohr lauschend am Stethoskop, mit dem er ihren Rücken abhorchte. Als er das Gerät entfernte, richtete sie sich auf, fragte etwas mit besorgtem Gesichtsausdruck und lächelte, als sie die Antwort des Arztes hörte. Ein bezauberndes Lächeln, hilflos und kindlich, hatte sie, als sie dort auf dem Bett saß, ihre Arme über den kleinen, aufrechten Brüsten verschränkt, die er schon einmal gesehen hatte, und ihm stockte für eine Sekunde der Atem. Der Gedanke an die Farbe ihrer jetzt verdeckten Brustwarzen durchrieselte ihn mit einem feinen Strom, der ihn plötzlich wieder zu sich brachte; er besann sich auf seine Rolle des »spähenden Detektivs«, der stets auf der Suche nach Informationen war. Doch es lag auch etwas Herzergreifendes in dem schmalen Rücken dieser Frau, die als stark und einflussreich galt und über die auch er so manches Mal in seinen Reportagen gespottet hatte. Jetzt nahm sie sich in seinen Augen verletzlich und rührend aus, sogar mehr noch als im Tunnel. Der Arzt half ihr, den Ärmel ihres Bademantels zu finden, und Benisri fuhr schnell zurück, mit der Absicht, in den Vorraum draußen zurückzukehren, doch plötzlich überlegte er es sich anders und wandte sich dem Zimmer zu. Der Arzt stand im Eingang. »Ich bereite den Brief vor«, sagte er, ohne den Blick von der Patientenakte zu heben, in die er etwas eintrug. »Es wird ein paar Minuten dauern,

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