October Daye - McGuire, S: October Daye
anderes als eine gewöhnliche Dryade. »Kommst du klar?«
»Sicher, vorerst. Wieso läufst du allein herum?«
Ich beugte mich vor, um ihn flüchtig zu umarmen. »Wollte nur nach dem Rechten sehen. Bleibt unversehrt.«
Er küsste mich auf die Wange. »Du auch.«
»Ich versuch’s«, erwiderte ich, dann drehte ich mich um und trat den Rückweg zur Cafeteria an. Sobald er sich außer Sicht befand, hob ich die Hand und berührte die Stelle, an der er mich geküsst hatte. Wenn Raysel schon zuvor Grund gehabt hatte, mich zu hasse n …
Darüber konnte ich mir später den Kopf zerbrechen, wenn wir dann noch lebten. Ich betrat wieder die Cafeteria und wurde mit einem so seltsamen Anblick konfrontiert, dass ich wie angewurzelt stehen blieb und blinzelte.
Drei Kaffeetassen und die letzte Schachtel Donuts standen mitten auf einem der Tische, so dekorativ angeordnet wie bei einer Teegesellschaft. Neben einer der Tassen befand sich eine Flasche Tylenol. Elliot kniete neben einem offenen Lüftungsschacht, die Ärmel penibel hochgerollt, damit sie nicht schmutzig wurden. Tybalt war nirgends zu sehen.
Ich räusperte mich.
Elliot blickte sich um und sagte: »Ihr Kaffee steht auf dem Tisch.« Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ganz dem Lüftungsschacht zu.
»Was ist hier los?« Ich ließ mich von meiner Verwirrung nicht davon abhalten, auf den Kaffee zuzusteuern. Er war noch heiß. Himmlisches Koffein. Besser noch, himmlisches Koffein mit Schmerztabletten als Beilage. Die Medizin der Sterblichen mag nicht an die Heilkunst der Fae heranreichen, aber sie ist schon nah dran und oft um einiges zuverlässiger.
»Er glaubt eine Spur gefunden zu haben.«
Wie aufs Stichwort kam ein kräftiger Tigerkater mit angewiderter Miene aus dem Lüftungsschacht hervor. Der Geruch von Poleiminze und Moschus stieg rings um ihn auf, und Tybalt saß auf dem Boden. »Nichts«, verkündete er und hörte sich zutiefst angeekelt an. »Was für ein bezaubernder Ort.«
»Trink etwas Kaffee«, schlug ich vor. »Dann fühlst du dich gleich besser.«
»Bringt er die Toten zurück?«
»Nein. Aber er kann deine geistige Gesundheit retten.«
»Hervorragend.« Er stand auf und gesellte sich zu mir, ehe er einen unheilvollen Blick auf Elliot richtete. »Was habt ihr hier eigentlich gemacht?«
»Nichts«, erwiderte Elliot und schaute betreten drein.
»Sterben«, sagte ich. »Tybalt, komm mit. Ich zeige dir Barbaras Arbeitsplatz. Vielleicht kannst du dort eine Spur finden.«
Er sah mich an und versuchte offenbar zu entscheiden, ob ich nur ablenken wollte, bevor er mir gebieterisch zunickte. »Na schön.«
»Ellio t … «
»Ich lasse mich von April in Alex’ Büro begleiten. Er und ich haben ohnehin einige Dinge zu besprechen.«
»Alles klar.« Ich hob das Telefon. »Das hier behalte ich.«
»Hervorragend. Ich lasse Sie verständigen, sobald Sylvester auftaucht.«
»Gut. Tybalt, komm.«
Er bedachte mich mit einem zweifelnden Blick, folgte mir aber aus der Cafeteria zurück in die Korridore. Es war fast fünf Uhr dreißig, bis zum Sonnenuntergang waren es noch Stunden, und Sylvester befand sich weiß Maeve wo.
Ich hoffte nur, er würde bald eintreffen. Uns gingen die Möglichkeiten aus.
Sechsundzwanzig
M ehrere Stunden mit Tybalt zu verbringen erwies sich als überraschend unkompliziert, wahrscheinlich weil wir eine gemeinsame Aufgabe hatten, auf die wir uns konzentrieren konnten: Barbaras persönliche Gegenstände zu durchforsten. Als ich zögernd fragte, weshalb sie ihre Unterlagen an einem Ort gelassen hatte, an dem sie so einfach zu finden waren, lachte Tybalt und antwortete: »Sie war eine Katze, October. Wo bliebe der Spaß, wenn sie sie versteckt hätte?« Das fasste die Mentalität der Cait Sidhe kurz und bündig zusammen.
Ich wurde Privatdetektivin, weil ich gut darin bin, die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten und alles auszublenden, was mich von meiner Aufgabe ablenken könnte. Ich war so damit beschäftigt, den Inhalt von Barbaras Schreibtisch zu studieren, und verließ mich so sehr darauf, dass Tybalt etwaige Bedrohungen bemerken würde, dass ich aufrichtig überrascht war, als Elliot hereinkam und sagte: »Es ist Zeit.«
»Was?« Ich schaute auf. »Oh. Elliot. Haben wir schon Sonnenuntergang?« Ich legte die Stirn in Falten und schaute zur Wand, als erwartete ich, dass dort ein Fenster auftauchen würde. »Ist Sylvester noch nicht hier?«
»Nein. Aber Sie sollten bitte mitkommen. Terrie wird bald eintreffen.«
»In
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